Koranverbrennung

Dänemark: Erste Blasphemie-Anklage seit 46 Jahren

In Dänemark ist ein 42-jähriger Mann wegen Blasphemie angeklagt worden, weil er auf Facebook ein Video gepostet hat, in dem ein Koran verbrannt wird. Es ist der erste angeklagte Fall von Blasphemie in Dänemark seit 1971.

Laut § 140 des dänischen Strafgesetzbuchs wird jeder, der eine in Dänemark legal existierende Religionsgemeinschaft, ihre Glaubensgrundsätze oder ihren religiösen Kult verspottet oder beleidigt, mit einem Bußgeld oder einer Haftstrafe von bis zu 4 Monaten bestraft. Das dänische Blasphemie-Gesetz existiert seit 1866. Seitdem wurde laut der britischen Zeitung The Independent jedoch nur vier Mal Anklage aufgrund dieses Blasphemie-Paragrafen erhoben. Neben dem aktuellen Fall erfolgten Anklagen 1938 wegen des Verteilens antisemitischer Flugblätter, 1946 weil sich ein Mann als Priester verkleidet und auf einem Maskenball eine Scheintaufe an einer Puppe vorgenommen hatte und 1971 nachdem zwei Radiomoderatoren ein Lied gesendet hatten, das sich über das Christentum lustig machte.

Zwar gab es einige weitere Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft eine Klage erwogen hatte, jedoch kam es nicht zur Klageerhebung. So auch im Fall der Mohammed-Karikaturen in der dänischen Tageszeitung Jyllands-Posten 2005. Die Karikaturen hatten damals für Demonstrationen von Muslimen im In- und Ausland gesorgt, bei denen über 100 Menschen starben. Auf das Redaktionsgebäude der Zeitung Jyllands-Posten fanden seitdem mehrere vereitelte Anschläge statt.

Im aktuell angeklagten Fall geht es um einen 42-jährigen Dänen, der im Dezember 2015 in einer öffentlichen Facebook-Gruppe namens Ja zur Freiheit – Nein zum Islam (Ja til frihed – Nej til Islam) ein Video gepostet hatte, in dem das Verbrennen eines Korans gezeigt wird – anscheinend durch ihn selbst, allerdings ist in dem Video kein Mensch zu sehen. Daneben postete er die Bemerkung "Denken Sie an ihren Nachbarn: Er stinkt, wenn er brennt".

Die dänische Humanisten-Vereinigung Humanistisk Samfund sowie die International Humanist and Ethical Union (IHEU) verurteilten die Anwendung des Blasphemie-Paragrafen. Beide sind Partner der weltweiten Kampagne zur Abschaffung von Blasphemie-Gesetzen. IHEU-Präsident Andrew Copson erklärte zum vorliegenden Fall:

"Wir verurteilen die Anwendung von ‚Blasphemie‘-Gesetzen – unter allen Umständen. Überall auf der Welt können Anklagen wegen Blasphemie zu Massenprotesten, zur Verfolgung von Individuen oder sogar zu Mord führen. Als Verbrechen ist ‚Blasphemie‘ ein bizarre, fiktive Idee und sollte nirgendwo auf der Welt einen Platz in Gerichten haben. In Europa haben seit dem Charlie Hebdo-Massaker drei Länder ihre ‚Blasphemie‘-Gesetze abgeschafft: Island, Norwegen und Malta. Dänemark ist eines von einer Handvoll europäischer Länder, in deren Gesetzbüchern noch ein ‚Blasphemie‘-Gesetz steht – es jetzt wieder zu benutzen spottet dem bisher so hart erkämpften Fortschritt.

Der Angeklagte in diesem Fall ist keine sympathische Figur und seine Taten wurden vielleicht von Fanatismus getragen. Aber die Staatsanwaltschaft verbreitet hier die giftige Idee, dass Regierungen ‚Sakrilege‘ kriminalisieren sollten und dass einige symbolische Akte gegen Religion als solche unterdrückt und bestraft werden sollten. Das ist eine rückwärtsgewandte, unerhörte Verletzung der freien Meinungsäußerung. Die Antwort auf anti-muslimischen Fanatismus – falls es das ist, worum es in diesem Fall geht – ist Bildung, Verständigung und Dialog. Die Antwort ist ganz sicher nicht eine Wiederherstellung der staatlichen Kontrolle über religiöse Taten und Sprache."