Initiative "PRO Neutralitätsgesetz"

Die Schule muss ein weltanschaulich neutraler Ort bleiben

Die Berliner Initiative "PRO Neutralitätsgesetz" wird von mehr als 1.500 Menschen unterstützt. Darunter befinden sich auch bekannte Namen, von denen einige auf der Webseite der Initiative erklären, weshalb sie die Beibehaltung des Berliner Neutralitätsgesetzes fordern.

Dr. Franziska Giffey ist Bezirksbürgemeisterin von Berlin-Neukölln. In einer Facebookmeldung schreibt sie: "Ich finde es wichtig und notwendig, dass an unseren Schulen religiöse Neutralität gewahrt wird. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir in Neukölln Menschen aus 150 Nationen und 80 verschiedene Religionsgemeinschaften haben: die staatliche Schule in einer demokratischen Gesellschaft muss der Ort sein, an dem sich Kinder frei und ohne religiöse Beeinflussung entfalten und entwickeln können."

Naila Chikhi von terre des femmes ist eine der Erstunterzeichnerinnen des Aufrufs. Sie setzt sich ebenfalls dafür ein, dass das Berliner Neutralitätsgesetz nicht aufgeweicht wird. Aufgrund ihrer eigenen Biografie und den vielfältigen Erfahrungen aus ihrer beruflichen Tätigkeit kommt sie zu einem eindeutigen Votum: "Gerade in unseren angespannten Zeiten funktioniert für mich das Neutralitätsgesetz wie ein Anker, der das wogenumtoste Schiff der heutigen Gesellschaft vor dem Abdriften bewahrt.
Einerseits nutzen Rechtsextremisten jede Gelegenheit, um Fremdenfeindlichkeit zu säen. Anderseits fordern linksliberale Stimmen das Prinzip des Pluralismus und betreiben dabei nicht selten einen kulturellen Relativismus. Beides fördert nur die Bildung von nebeneinander lebenden Gemeinschaften und toleriert sogar nicht selten gravierende Ungerechtigkeiten oder gar Menschenrechtsverletzungen vor allem gegenüber weiblichen Migranten.
Das Neutralitätsgesetz garantiert zumindest eine Annäherung an den Menschheitstraum von Gleichheit und Freiheit, es symbolisiert die überaus wichtige Stimme der Mitte."

Dr. med. Gudrun Schittek schreibt in ihrer Begründung: "Jede Frau hat in Deutschland  die Freiheit, ein Kopftuch zu tragen, aber in vielen anderen Ländern werden Frauen verfolgt und unterdrückt, wenn sie es nicht tun. Das Kopftuch ist ein Instrument des politischen Islams und Ausdruck der Unterdrückung der Frau.
Das Kopftuch im Staatsdienst verletzt das Gebot der Trennung von Staat und Religion. Der Staat und seine Repräsentanten müssen nach außen Neutralität vertreten und damit Frauen stärken, die sich einem Kopftuchzwang nicht unterwerfen wollen."

Die Direktorin des "Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam" an der Goethe-Universität Frankfurt, Prof. Dr. Susanne Schröter, erläutert: "Schule ist ein Raum, in dem Kinder ungeachtet ihrer Herkunft und Weltanschauung gleichberechtigt miteinander lernen und sich auch persönlich entwickeln sollen. Schon jetzt stehen muslimische Mädchen allerdings unter dem Druck einer religiösen Normierung, die von ihnen verlangt, sich von Klassenkamerad/innen abzuschotten, ihren Alltag durch religiöse Regeln einzuschränken und sich sogar schulischen Pflichtveranstaltungen wie dem koedukativen Schwimmunterricht zu entziehen.
Schule muss ein weltanschaulich neutraler Ort bleiben, wenn sie das Versprechen von Freiheit und Gleichheit aller Schüler/innen erfüllen und totalitären Tendenzen in unserer Gesellschaft entgegenwirken will."

Der Publizist Jan Feddersen schreibt: "Berlin ist eine multikulturelle Stadt, deren Offenheit sich auch darin ausdrückt, dass jede/r sich anziehen kann, wie sie oder er möchte. Im öffentlichen Dienst aber haben die Gebote der religiösen und weltanschaulichen Neutralität zu gelten, besonders und zuvörderst auf Ämtern, in Schulen, in der Justiz.
Das 'muslimisch' gewandete Kopftuch, gar die Ganzkörperverschleierung, widerspricht dem Gesetz zur religiösen Neutralität – es definiert das Islamische als maßgebend für alle, die muslimisch geprägt aufgewachsen sind und es noch tun. Das Kopftuch kommt einer absichtsvoll werbenden Geste für eine religiöse Richtung im Islam gleich, es missachtet die Ansprüche des Säkularen an alle Amtsträger in staatlichen Diensten grob."

Samuel Schirmbeck war viele Jahre lang ARD-Korrespondent für Nordafrika. Er ist Autor und Filmemacher. Er hat den Aufruf mit der Begründung unterschrieben: "Wenn schon der Islam sich in den Herkunftsländern der Flüchtlinge nicht verändert, sollte wenigstens der einen Million von Neu-Musliminnen und Neu-Muslimen, die inzwischen nach Deutschland gekommen sind, die Chance auf einen veränderten Blick auf den Islam erleichtert werden. (…) Der Islam braucht kein Kopftuch, nur der Fundamentalismus braucht es."

Die Initiative wird in der nächsten Zeit weitere Stimmen von Unterzeichnern veröffentlichen.


Nachtrag der Redaktion: 
Zu den neueren Unterzeichnern des Aufrufes gehören u.a. Lala Süsskind (ehem. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin), Ali Ertan Toprak (Vors. Kurdische Gemeinde Deutschland, Präs. Bundesvereinigung der Immigrantenverbände),   Lea Rosh (Publizistin, Fernsehjournalisten, ehem. Moderatorin "Kennzeichen D"), Heinz Buschkowsky (ehem. Bürgermeister von Neukölln), Viola Roggenkamp (Schriftstellerin, Publizistin u.a. EMMA und ZEIT), Max Thomas Mehr (Autor, Mitbegründer der TAZ), Anetta Kahane (Journalistin, Mitbegründerin und Vorstandsvors. Amadeu Antonio Stiftung), Halina Bendkowski (Publizistin, Mitbegründerin Schwulen- und Lesbenverband Deutschland  - LSVD) und Joachim Wagner (Kriminologe, Fernsehjournalist – ARD-Hauptstadtstudio, Bericht aus Berlin "Panorama" u.a.)

Die Initiative wird in den nächsten Monaten Informations-  und Diskussionsveranstaltungen durchführen. Näheres zur Veranstaltung am 12. April 2018 (u.a. mit Seyran Ateş, Ahmad Mansour, Franziska Giffey / Bürgermeisterin Neukölln) ist hier zu finden: http://pro.neutralitaetsgesetz.de/veranstaltungshinweis