US-Präsident Donald Trump überrascht uns immer wieder mit neuen Eskapaden. Wenn wir glauben, allmählich alle Facetten seiner schillernden und narzisstischen Persönlichkeit zu kennen, verblüfft er uns postwendend mit neuen Einsichten.
Zu seinen größten Bewunderern gehören die frommen Christen und die Waffennarren. Vergangene Woche nahm er in Dallas die Mitglieder der Waffenlobby NRA an seine Brust.
Unter tosendem Applaus lief er zur Höchstform auf und beschwor den Verfassungszusatz, der das Tragen von Waffen regelt. Es sei das von Gott gegebene Recht, schrie er in die Menge. Das ist exakt der Code der NRA, die mehr und mehr zur Sekte mutiert.
Was heißt das konkret? Sezieren wir also die Aussage von Trump und die Losung der Waffenlobby. Das Gesetz ist angeblich gottgewollt, folglich entspricht es seinem Willen. Der Schöpfer hat veranlasst, dass die Amerikanerinnen und Amerikaner laut Verfassung fast beliebig Waffen kaufen und tragen dürfen. Somit handelt es sich quasi um eine religiöse (Ersatz-)Handlung.
Das impliziert, dass Gott in die Welt wirkt, dass er die amerikanische Regierung beraten, gelenkt oder zumindest beeinflusst hat. Und mit ihr die legislativen Kammern. Es ist dem Schöpfer also ein Anliegen, dass gewöhnliche Bürger immer und überall zur Waffe greifen können. Und notfalls töten.
Irgendetwas an dieser religiösen "Waffengleichung" kann nicht stimmen. Denn das zentrale göttliche Gebot lautet, du sollst nicht töten. Also müssten Gott und die Gesetze dafür sorgen, dass wir Menschen nicht in Versuchung kommen, andere niederzuschießen. Und dass die Voraussetzungen dazu möglichst erschwert werden. Zum Beispiel mit restriktiven Waffengesetzen.
Ein weiteres christliches Credo lautet, liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Oder liebet eure Feinde und haltet die andere Wange hin. Das angeblich gottgegebene Waffengesetz hebelt diese christlichen Gebote radikal aus.
Trump schießt aus allen Rohren
Das kümmert vermutlich den rechtsradikalen Flügel der NRA wenig. Doch ein beträchtlicher Teil der NRA-Mitglieder sind fromme Christen aus den Freikirchen. Dass Trump, der alle Arten von Rohren über Verstand und Moral hebt, darin keine Widersprüche erkennen kann, verwundert nicht.
Dass aber auch die frommen Christen, die sich zu den Hütern von Moral und Ethik aufgeschwungen haben, Verdrängungskünstler der Extraklasse sind, erstaunt schon mehr. Gott müsste ziemlich schizophren sein, hätte er die amerikanischen Waffengesetze initiiert.
Übrigens: Beim Auftritt von Trump in Dallas war es den Waffennarren verboten, Pistolen oder Revolver auf sich zu tragen. Vielleicht hatte der Präsident Angst, ein Zuhörer könnte vor Freude um sich ballern. Und ihn irrtümlicherweise treffen. Das Vertrauen in seine Verbündeten scheint beschränkt zu sein. Was man durchaus verstehen kann.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors von watson.ch.
10 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Das ganze nennt man auch Schizophrenie.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
"von Gott gegebenes Recht Waffen zu tragen": Wieso akzeptieren die Amis dann Beschränkungen beim Waffenkauf? Wieso kann man nicht am Kiosk an der Ecke Raketenwerfer kaufen?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Als kleine Ergänzung, die einen Wandel (?) in der Wahrnehmung göttlicher Aufträge zeigen mag:
1959 sprach Charlton Heston in seiner Rolle als Ben Hur im gleichnamigen Film zum Ende hin: "Und ich spürte in meinem Herzen, wie seine Worte mir das Schwert aus der Hand nahmen."
Mit "seine Worte" bezog er sich auf Jesus Christus, dessen Tod er laut Story mit ansah. War es also 1959 christlich, Waffen aus der Hand zu legen?
Der gleiche Charlton Heston war am 20. Mai 2000 Präsident der NRA, als er das legendäre "From my cold dead hands"-Zitat referierte, unter tosendem Beifall der NRA-Mitglieder, mit einem Gewehr in der stolz erhobenen Hand. Dieses Zitat spricht von der einzigen Methode, einem Amerikaner seine Waffe zu entreißen: wenn er tot sei.
Hat also "Gott" seine Meinung mittlerweile geändert? Oder war die Szene in Ben Hur nur gespielte Heuchelei eines Waffennarren? Jeder darf sich seine eigene Meinung bilden...
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Das angeblich Gott gegebene Waffengesetz hebelt diese christlichen Gebote radikal aus."
So what!?
Kay Krause am Permanenter Link
Trumps Vertrauen in seine eigene KLientel ist zumindest genau so groß wie das Vertrauen des Klerus zu Gott: Blitzableiter auf Kirchengebäuden (auch Gotteshäuser genannt, beweisen die Richtigkeit dieser Aussage.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Wie lange müssen wir (muß die Welt) diesen unseligen US-Präsidenten noch ertragen?
Nur bis zu seinem Tode, Auferstehung ausgeschlossen.
Wenn ein Gott den Menschen nach seinem Bilde erschaffen haben sollte... ach du lieber Gott!
Gondel am Permanenter Link
DAS RECHT AUF EINE WAFFE KOMMT VON GOTT - das wissen wir doch nicht erst, seit die Hiroshima- und Nagasakibomben gesegnet wurden.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Darum haben die Kirchen ja auch heute noch so einen Bombenerfolg. Denn Dummheit kann man nicht mit Bomben auslöschen.
Dieter Bauer am Permanenter Link
Kommt Logik zur Anwendung, erübrigt sich für "Normalos" jegliche Diskusion über den Geisteszustand von sogenannten Führungspersönlichkeiten. Herr Trump bildet hier keine Ausnahme.
streminger am Permanenter Link
... und auch die Versuchung (siehe Vaterunser und die Idee eines allwirksamen Gottes). Zugleich ist ER gerecht und barmherzig. Wie geht das zusammen?