Kein staatlicher Unterricht in Gebetshäusern!

WEIMAR. (hpd) Die Regionalgruppe Mittelthüringen im Förderkreis der Giordano-Bruno-Stiftung (kurz: gbs Mittelthüringen) kritisiert die jüngste Wortmeldung des neuen Erfurter Bischofs Ulrich Neymeyr. Dieser hatte sich in einem Interview gegenüber der Thüringer Allgemeine für die Einführung von islamischem Bekenntnisunterricht an Thüringer Schulen ausgesprochen.

Dem Umstand, dass es jedoch gar nicht genügend Bedarf für einen solchen flächendeckenden Unterricht gibt, will er damit begegnen, die wenigen Schüler zentral in den Moscheen zu unterrichten – wohlgemerkt zu Lasten der Staatskasse und damit auch auf Kosten der zu 70 Prozent konfessionsfreien Thüringer! Seinen Vorschlag begründete Neymeyr unter Verweis darauf, dass in Thüringer Gegenden mit nur sehr wenigen Katholiken die Schüler "auch mal in Pfarreien zusammenkommen, um unterrichtet zu werden".

Auch nach der geltenden Gesetzeslage – die Religionsunterricht an den Schulen zur Pflicht macht – verstößt diese Praxis aber gegen den Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche. Dass der Staat für die Religionsgemeinschaften überhaupt die Missionierung von Kindern organisiert ist bereits ein Skandal. Dass er sie auch noch in den Gotteshäusern auf eigene Rechnung vornehmen soll, zeigt nur die Absurdität des Systems. Dann kann man den Religionsunterricht auch gleich dort belassen, wo er im 21. Jahrhundert hingehört: im privaten Raum und nach Unterrichtsende!

Unglaubwürdig wirkt der Erfurter Bischof auch, wenn er sich einerseits für den Islamunterricht ausspricht und anderseits die unüberbrückbaren Probleme selbst benennt: So sei das Problem für den Staat, dass er anders als bei den christlichen Kirchen keinen einheitlichen Ansprechpartner habe, da sich der Staat einer Vielzahl islamischer Gruppen gegenüber sehe.

Für einen staatlichen Religionsunterricht ist der einheitliche Ansprechpartner aber gerade unabdingbar, denn sonst muss der Staat entscheiden, was islamisch ist und was nicht. Dies hat mit weltanschaulicher Neutralität dann nicht im Geringsten mehr etwas zu tun. Es ist daher offensichtlich, dass die Kirche mit ihrer vehementen Unterstützung des Islamunterrichts nur versucht, ihren eigenen Religionsunterricht zu sichern.

Die muslimische Gemeinde hat im Interview mit der TLZ aber selbst eingeräumt, dass die ca. 7.000 Muslime in Thüringen "aus ganz unterschiedlichen Glaubensrichtungen" kommen.

Wörtlich heißt es: "Die Erfurter Moschee bekennt sich zu keiner direkten Strömung des Islam. Wir befolgen den Koran, das Gesetz des Propheten, die Sunna. Man kann uns also konservativ nennen." Es ist daher vollkommen undenkbar, dass diese heterogene Gemeinschaft dem Staat verbindlich mitteilen könnte, welche Auslegung er in der Schule vermitteln soll.

Dieses Problem wird sich durch den erwarteten Anstieg von Flüchtlingen aus islamisch geprägten Ländern eher noch zuspitzen: Je nachdem ob gerade eher Sunniten, Schiiten oder Aleviten fliehen, kann sich das Verhältnis der Glaubensrichtungen unter den wenigen tausenden Muslimen in Thüringen schnell umkehren. Soll dann auch jedes Mal der Islam-Lehrplan angepasst werden? Ganz abgesehen davon, dass diese Menschen gerade vor den islamischen Regimen und ihrer orthodoxen Interpretation geflohen sind. Diesen Menschen muss es wie Hohn vorkommen, dass ausgerechnet ein säkularer Staat wie Deutschland einen staatlichen Islamunterricht schaffen will. Den Religionsunterricht nun auch noch in die Gebetsräume abzuschieben, erhöht nur den Indoktrinierungsdruck auf Eltern und Kinder.

Die gbs Mittelthüringen appelliert daher erneut an die Landesregierung, Toleranz gegenüber Muslimen nicht mit einer aktiven Förderung individueller Glaubensbekenntnisse durch den Staat zu verwechseln.