Adil Yigit

Deutschland will türkeikritischen Journalisten in die Türkei abschieben

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der deutschen Bundeskanzlerin Merkel und des türkischen Präsidenten Erdogan in Berlin trug der im Hamburg lebende türkische Journalist Adil Yigit ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Gazetecilere Özgürlük – Freiheit für Journalisten in der Türkei". Deshalb wurde er von Sicherheitskräften aus dem Raum entfernt. Nun soll Yigit in die Türkei abgeschoben werden.

Nach Angaben des Spiegel hat der Journalist am vergangenen Freitag den Abschiebungsbescheid erhalten, nach dem er bis Ende Januar Deutschland verlassen müsse oder abgeschoben werde.

Yigit, der nach eigenen Angaben bereits seit 36 Jahren in Deutschland lebt, sieht einen Zusammenhang mit seinem Protest bei der Pressekonferenz: "Das hängt zusammen, anders kann es gar nicht sein", sagte der Journalist angesichts der Tatsache, dass nur einen Monat nach seiner Protestaktion die Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt wurde.

In einem Interview mit der taz, in dem er auch über seine bewegte politische Vergangenheit spricht, sagte er: "Ich mache ganz harmlose und demokratische Dinge, mit denen ich nicht einmal Geld verdiene. Zum Beispiel habe ich gerade Briefmarken drucken lassen, auf denen die Bilder von zu Unrecht in der Türkei inhaftierten Menschen zu sehen sind." Yigit schreibt für die taz als Kolumnist. In dem Interview heißt es, als Gründe für die Ausweisung gebe die Behörde an, dass er nicht erwerbstätig sei und nicht bei seinen Kindern lebe. Auf seinen Widerspruch gegen die Ausweisung habe er "noch keine Antwort auf meinen Einspruch erhalten, überhaupt keine Reaktion."

Gegen die Abschiebung des türkeikritischen Journalisten regt sich deutschlandweit Widerstand. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fordert in einer Presseerklärung die Bundesregierung auf, angesichts der Journalistenverfolgungen in der Türkei keine Berichterstatter in das Land abzuschieben. "Dass Erdogan-kritische Journalisten in der Türkei unnachgiebig verfolgt werden, ist der Bundesregierung seit Jahren bekannt", kritisiert DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. "Eine Ausweisung von Regimegegnern bedeutet deren sichere Inhaftierung." Es müsse sichergestellt werden, dass sowohl Ertugul Adil Yigit in Deutschland bleiben könne als auch alle weiteren türkischen Kollegen, denen die türkischen Behörden vorwerfen, Gülen-Anhänger zu sein.

Bereits im Januar 2018 vermutete die Deutsche Journalisten-Union (DJU), dass der Verdacht, Adil Yigit auch auf Wunsch der türkischen Regierung abzuschieben, bislang nicht ausgeräumt sei. Als politischer Streiter habe Adil sich bisher intensiv gegen Abschiebungen starkgemacht und unter anderem dafür eingesetzt, dass ein Platz in Hamburg nach dem in Abschiebehaft verstorbenen Kemal Altun benannt wurde. Der Vorsitzender des DJU-Landesbezirks Hamburg/Nord, Lars Hansen: "Dass die Hamburger Behörden ihn jetzt abschieben wollen, hat deshalb einen besonders bitteren Beigeschmack."

Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, schrieb auf Twitter: "Mehr Duckmäusertum dieser Regierung vor Erdogan geht eigentlich nicht mehr. Diese Abschiebung muss verhindert werden!"

Es muss als sicher angesehen werden, dass Adil Yigit in der Türkei verhaftet und eingesperrt wird. Das muss allen Beteiligten an Abschiebeverfahren klar sein. Sich also hinter Vorschriften zu verstecken erinnert an Adolf Eichmann, der in seinem Prozess kundgab, er hätte nur seine Pflicht getan und über die Konsequenzen seines Tuns nicht nachgedacht.


Nachtrag (29.10.2018, 18:30 Uhr) – in einer Meldung der Tagesschau heißt es: "Die Hamburger Ausländerbehörde hat Berichte dementiert, nach denen dem türkischen Journalisten Yigit die Ausweisung aus Deutschland droht."