Ein Referentenentwurf des niedersächsischen Justizministeriums sieht vor, dass VertreterInnen von Staatsanwaltschaften sowie RichterInnen in Zukunft keine religiösen und weltanschaulichen Symbole mehr bei öffentlichen Verhandlungen tragen dürfen.
Die zuständige Justizministerin, Barbara Havliza (CDU), erklärt dazu, dass alle im Gericht den Eindruck haben müssten, dass ein Richter oder Staatsanwalt völlig frei von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen sei.
Bereits im Januar 2018, zwei Monate nach Amtsantritt, stellte die Justizministerin, selbst Richterin und Katholikin, ihre Agenda vor, welche neben Plänen zu einer effektiveren Justiz durch mehr Personal auch Regelungen in Bezug auf religiöse und weltanschauliche Symbole sowie die Vollverschleierung im Gerichtssaal enthielt.
Als Anlass des Gesetzes, welches nun die Neutralität der Justiz stärken soll, gilt der Vorstoß muslimischer Referendarinnen, welche ihr Kopftuch auch im Gericht tragen wollten.
Der Entwurf zum neutralen Auftreten im Dienst (§ 31a) sieht vor, dass eine Person, die in einer Verhandlung oder bei einer anderen Amtshandlung, bei deren Wahrnehmung Beteiligte, Zeuginnen oder Zeugen, Sachverständige oder Zuhörerinnen oder Zuhörer anwesend sind, ihr oder ihm obliegende oder übertragene richterliche oder staatsanwaltliche Aufgaben wahrnimmt, keine sichtbaren Symbole oder Kleidungsstücke tragen darf, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen.
KritikerInnen sehen zumindest muslimische Referendarinnen, die das Kopftuch zu tragen wünschen, benachteiligt. Immerhin schließt das Gesetz aus, dass sie Zeichen ihres Glaubens im Gerichtssaal tragen.
Wortmeldungen religiöser oder weltanschaulicher Gruppen, die zum Ablegen von Kippa, Kreuzanhängern oder piratischen Kopfbedeckungen vor der Gerichtstür gezwungen wären, sind noch nicht bekannt.
Verwunderlich ist nur, dass bereits in Amtsräumen hängende Kreuze nicht dauerhaft entfernt werden sollen. Diese jedoch könnten während eines Prozesses abgehangen, bzw. ein anderer, kreuzfreier, Raum verwendet werden.
Obwohl noch eine Klage einer hessischen muslimischen Referendarin vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig ist und ein Entscheidungstermin nicht feststeht, soll das niedersächsische Gesetz zur Neutralität der Justiz noch dieses Jahr in Kabinett und Verbandsanhörung.
Der niedersächsiche Gesetzesentwurf bildet das Gegenstück zum bayerischen Kreuzerlass, nachdem Menschen in jeder bayrischen Behörde mit einem gut sichtbaren Kreuz als Symbol des Christentums konfrontiert werden sollen.
5 Kommentare
Kommentare
Frank am Permanenter Link
Das deutsche Rechtssystem hat viele Schwächen und die Entfernung religiöser Symbole aus den Gerichtssälen wird diese Schwächen nicht beseitigen.
annen anne Nerede am Permanenter Link
Die Entfernung von Kreuzen ist ein erster, wichtiger Schritt. Vielen Dank dafür.
Dieter am Permanenter Link
@frank
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Hoffentlich geht's durch. Toi,toi, toi. Ein kleiner Anfang. Jeder Schritt ist bedeutsam.
Krongold am Permanenter Link
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass das Tragen religiöser Symbole in der Öffentlichkeit grundsätzlich keine Privatsache ist. Sie sollen im Gegenteil eine Gesinnung nach Außen geradezu verdeutlichen.
Aus diesem Grunde sollte es meiner Meinung nach ohnehin selbstverständlich sein, dass in einer pluralistischen Gesellschaft die einseitige Parteinahme für eine Glaubensrichtung in einem Organ eines neutralen Staates völlig deplaziert ist.
Es würde auch niemand erlauben, dass ein Staatsdiener mittels eines Megaphons seine Glaubensüberzeugungen durch die Gerichtsgänge verbreiten dürfte. Religiöse Symbole sind stumme Megaphone.
Die einseitige bayrische Kreuzinitiative erweckt in mir eher den Verdacht, dass den Klüngel aus Kirche und Staat Weltuntergangsstimmung erfaßt hat.