Trotz anders lautender Rechtslage verlangt die Bremer Evangelische Kirche bei Einstellungen für Köch*innen, Hausmeister*innen und Reinigungskräften noch immer die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche.
Das Bundesarbeitsgericht und der Europäische Gerichtshof haben im Jahre 2018 in insgesamt drei Entscheidungen die Praxis des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland als nicht vereinbar mit den Grundrechten auf Diskriminierungsschutz erklärt. So hatten beide Gerichte die Ablehnung einer Bewerberin für eine "verkündungsferne" Tätigkeit bei einer diakonischen Einrichtung als rechtswidrig bezeichnet und der abgelehnten Bewerberin eine Entschädigung zugesprochen.
Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) hüllte sich nach den Urteilsverkündungen in Schweigen und setzt ihre Diskriminierungspraxis stillschweigend fort. Die im November auf der Webseite der BEK angezeigten offenen Stellen, auch für die Kindergärten, verlangen für alle Tätigkeitsfelder von sozialpädagogischen Tätigkeiten bis zu Hausmeistern und Reinigungskräften auf Minijobbasis die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche. Unter den geforderten Einstellungsvoraussetzungen findet sich folgender Satz: "Erwartet wird die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche, die der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) angehört."
Der größte Kirchenbetrieb Bremens, die Stiftung Friedehorst, scheint über einen besseren Anwalt zu verfügen, dort findet sich in den Stellenausschreibungen die weniger angreifbare Formulierung: "Identifikation mit unserer diakonischen Ausrichtung und christlichen Werten". Dass in Friedehorst gnadenlos gekündigt wird, wenn keine Kirchenmitgliedschaft vorliegt, beweist die Kündigung eines Minijobbers im Sommer 2017.
Die Bremische Evangelische Kirche offenbart einmal mehr, dass sie eine eigene Paralleljustiz und Rechtsauffassung abseits der geltenden Rechtsprechung praktiziert. Bekundungen zu Vielfältigkeit und Toleranz, die die Kirchenleitung immer wieder herausstellt, sind hohle Versprechungen. Die Praxis im eigenen Konzern mit 7000 Beschäftigten in Bremen ist eine völlig andere.
Mittelalterliches Hörigkeitsdenken gehört abgeschafft. Es ist Zeit, dass Arbeitnehmer*innen in kirchennahen Einrichtungen dieselben Rechte erhalten, wie ihre Kolleg*innen in weltlichen Betrieben. Es darf nicht sein, dass die Kirchen zwar gerne staatliches Geld nehmen, sich bei der Frage von zeitgemäßen Arbeitnehmer*innenrechten aber wegducken. Auch die Abgeordneten sind hier gefordert, tätig zu werden, bevor wieder und wieder Gerichte Entscheidungen treffen müssen, zu denen die politischen Parteien bisher nicht in der Lage waren.
14 Kommentare
Kommentare
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Kirche bleibt Kirche und der Teufel hat seine Heimat.
Hans Trutnau am Permanenter Link
= Kirche / Religion ändert sich nicht?
Könnte stimmen.
Holger Buntrock am Permanenter Link
Es ist schon seltsam, dass sich für jeden Mist sofort Anwälte finden lassen, die mit Abmahnungen ihr Geld verdienen, aber für die freie Meinungsäußerung und freigeistige Einstellung findet sich keine Lobby obwohl die
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Was wiederum zeigt, mit welcher Arroganz die Kirchen sich über das Gesetz stellt.
Wie lange müssen wir das noch erdulden und unsere feigen Politiker schauen einfach weg.
zumuten.
Ich komme langsam zu dem Schluß, eher geht die Welt zugrunde, bevor sich etwas ändert.
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Es wäre schön eine Stellungsnahme von der Justizministerin. Aber nicht mehr, siehe den Kindermissbrauchskandal in der RKK, wo z.Z. immer noch Ruhe herrscht. (Es wird alles intern verarbeitet bzw. vertuscht.)
Dieter Bauer am Permanenter Link
"Was kümmert es die "Kirchenteufel", dass man sie bei ihrer Großmutter anklagt?"
Dr. Jochen Lengerke am Permanenter Link
Das Problem wäre leicht zu lösen, wenn Kirchen endlich der Status zukommt, der ihnen zusteht: Sie sind Vereine, nicht mehr und nicht weniger. Damit unterstehen sie den Gesetzen, wie jeder andere Verein auch.
Weiter: Ebensowenig, wie ein Kanincherzüchterverein befugt ist, in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern zu agieren, darf das Kirchen erlaubt sein. Es mag schon sein, dass manche Zeitgenossen der Meinung sind, dass Kaninchen allen anderen Tieren vorzuziehen sind, dass sie zu verehren oder gar anzubeten sind. Es darf aber nicht sein, dass dieser Unsinn Zielvorgabe von Erziehung wird, dass Behandlung von Kranken nach solcher Paranoia ausgerichtet wird.
Noch einmal: Allen Vereinen die gleichen Rechte und Pflichten!
Kay Krause am Permanenter Link
Auch hier - wie so oft im Leben - ist die Lösung des Problemes relativ einfach:
Jens B. am Permanenter Link
Muss den diese Schreibweise mit dem * unbedingt sein?
So müssten beispielsweise auch folgende Wörter in den Schreibgebrauch übernommen werden:
Es wäre noch das im dritten Absatz des Artikel aufgeführte Wort "Hausmeister" um die "Hausmeisterinnen" noch zu ergänzen. Die *-Variante funktioniert eben nicht in jedem Kasus, sodass Doppelschreibweisen nötig werden und Texte dadurch den Leser schnell ermüden könnten. Ist es das wert?
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Schnapsidee: Man müsste nachdenken, die Grammatik zu ändern. Es gäbe im Singular getrennte Wörter für männlich und weiblich. Der Plural könnte aber das gleiche sein. Z.B,:
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Habt ihr kein Mitleid mit den Verzweiflungstaten der armen christlichen Kirchen, die irgendwie ihre Existenz rechtfertigen müssen?
Köln - das erzkatholische Köln! - hat es uns vorgemacht: Erstmals sank die die Zahl konfessioneller Christen unter 50%. Ein Dammbruch und ein Fanal für die Kirchenbosse, hier vorzubeugen. Und warum soll die Fußbodenmasseuse nicht der Kirche, die ihr ein dürres Brot reicht, helfen, ein wenig Legitimität vorzugaukeln?
Habt Erbarmen mit dem Klerus. Die haben doch nichts anderes gelernt, als Kirche. Wo sollen die denn hin, wenn der Laden zusammenkracht? Nun ja, kein säkularer Betrieb erwartet, dass Angestellte nicht Mitglieder in einer Kirche sind. Also besteht Hoffnung, dass die Kleriker irgendwo anders unterkommen. Vielleicht nicht unbedingt in Einrichtungen, in denen es zu engen Kontakt zu Kindern gibt...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Was Köln betrifft so sehe ich die Ausreden der Kirchen im Konsens mit der AfD auch die schieben alles auf die Islamisierung von Deutschland. Vorsicht ist geboten!
A.S. am Permanenter Link
Wann setzt sich endlich die Einsicht durch, dass Religionsgemeinschaften nichts anderes sind als Kampfgruppen für die Durchsetzung der Machtinteressen ihrer Führungscliquen?
Siehe z.B. das Verhalten von DITIB in Deutschland und Dyanet in der Türkei.
Siehe das Verhalten der Christlichen Kirchen beim Arbeitsrecht.
Stichwort Kampfgruppen:
Wer mal über die Frage nachgedacht hat, welche einen Unterschied es im Kriegfalle macht, ob Soldaten und Angehörige an ein Leben nach dem Tode glauben oder nicht, wird rasch verstehen, dass es für die Kriegsherren ausgesprochen nützlich ist, wenn Soldaten und Angehörige an Gott und ein Leben nach dem Tode glauben. Und dann noch die religiöse Erziehung zu Gehorsam und Opferbereitschaft! Alles ausgesprochen nützlich für den Krieg!
Unter der Maxime, dass Religionsgemeinschaften Kampfgruppen sind, versteht man auch ihren Umgang mit Apostaten: Apostaten sind Fahnenflüchtige!
Unter dem Kampfgruppen-Aspekt stellt sich die Frage, für wen gekämpft wird. Ist doch klar, für die Interessen ihrer Führer. Das Hauptinteresse religiöser Führer ist: Macht über das Denken möglichst vieler Menschen; Macht über möglichst viele Menschen, die nach ihrer Pfeife tanzen.
Hierzu werden in zunehmenden Maaße sozialstaatliche Einrichtungen missbraucht. Bremen ist in Deutschland überall.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
A.S. Klare und deutliche Worte die hier zu lesen sind und das System der Kirchen und Religionen Weltweit schonungslos aufdecken.
Wer es jetzt immer noch nicht begriffen hat, dem ist nicht mehr zu helfen.