Gedenkveranstaltungen zum vierten Jahrestag des Attentats auf "Charlie Hebdo"

Wie weit darf Satire gehen?

Zum Jahrestag des Attentats auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo fanden am 7. Januar auf Initiative des Bundes für Geistesfreiheit München zwei Gedenkveranstaltungen im oberbayerischen Eichstätt statt. Am frühen Abend wurde die Ausstellung "Der Freche Mario" in der ehemaligen Johanniskirche eröffnet. Im Anschluss folgte ein Kabarettabend mit Piero Masztalerz und HG Butzko.

In der Ausstellung in der ehemaligen Johanniskirche, die mit einer Vernissage eröffnet wurde, gibt es eine Auswahl von Einreichungen zum Kunstpreis Der Freche Mario aus den Jahren 2008–2016 zu sehen. Der Freche Mario wurde vom Bund für Geistesfreiheit (bfg) München ins Leben gerufen und zeichnet Kunstwerke aus, die sich satirisch-kritisch mit Glauben und Religion, Kirche und Klerus auseinandersetzen.

Die Organisation will mit dem Preis die Meinungs-, Presse-, Kunst- und Religionsfreiheit hierzulande stärken. Denn nicht nur im Iran oder in Saudi-Arabien kann es für Autorinnen und Künstler gefährlich werden, sich über Religion lustig zu machen. Auch in Europa gibt es in zahlreichen Staaten noch immer Blasphemiegesetze, in Deutschland beispielsweise den § 166 StGB ("Beschimpfung" von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemeinschaften).

Die Ausstellung in Eichstätt läuft noch bis 14. Januar und hat Donnerstag und Sonntag von 14 bis 19 Uhr, Freitag und Samstag von 14 bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Nach der Vernissage in der ehemaligen Johanniskirche ging es einige hundert Meter weiter ins Wirtshaus Zum Gutmann. Zur Begrüßung erinnerte Assunta Tammelleo, stellvertretende Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit München, an den Anlass der Veranstaltung, die seit drei Jahren immer am 7. Januar stattfindet: "Wir gedenken heute eines unbeschreiblichen Angriffs auf die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit. Am 7. Januar 2015 ist in Paris das Attentat auf die Mitarbeiter von Charlie Hebdo verübt worden, das zwölf Menschen das Leben kostete." (Rede zum Nachhören)

Der Aktionskünstler Wolfram Kastner sprach als nächstes über eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Eichstätts. Im Fürstbistum Eichstätt wurden zwischen 1411 und 1637 mehr als 400 Menschen, zumeist Frauen, wegen "Hexerey" gefoltert und hingerichtet, allein von 1617 bis 1630 sind 274 Hinrichtungen belegt. An kaum einem anderen Ort im "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" kamen mehr Menschen im Zuge der sogenannten "Hexenverfolgung" zu Tode.

Kastner, der zusammen mit dem Autor Claus-Peter Lieckfeld im Jahr 2017 die Ausstellung "Wegen Hexerey! Gefangen – Gefoltert – Verbrannt" in der ehemaligen Johanneskirche zeigte, wartet bis heute auf ein ehrliches Schuldbekenntnis vom Bistum sowie auf die Rehabilitierung und Würdigung der Opfer. "In dieser Stadt wurden hunderte von Menschen hingerichtet, weil sie ihre Meinung äußerten. Sie wurden zu Mitgliedern der 'Hexensekte' erklärt, wurden grausamst gefoltert, physisch und psychisch zerbrochen und hingerichtet. Es gibt bis heute in der Stadt kein Denkmal dafür und sie wurden bis heute nicht rehabilitiert. Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit scheinen sich in dieser Stadt noch nicht so durchgesetzt zu haben, wie es eigentlich das Grundgesetz und die Menschenrechtserklärung vorschreiben" so Kastner. (Rede zum Nachhören)

Foto: © David Farago
Foto: © David Farago

Wie weit darf Satire gehen? Darüber machte sich im Anschluss Wolfgang Sellinger von der Galerie der Kirchenkritik Gedanken. Für Sellinger ist es legitim, "religiöse Gefühle zu verletzen, wenn dies zur Durchsetzung einer aufgeklärteren und humaneren Sichtweise erforderlich ist. (…) Satire darf und kann alles sagen, was der Mensch nur denken kann und darf, um die Menschen aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken." (Rede zum Nachhören)

Als nächstes trat Piero Masztalerz auf die Bühne und präsentierte seine Live-Cartoon-Show. Darin trifft Masztalerz auf Gott und kann endlich die Fragen stellen, deren Antworten er schon immer wissen wollte. Und auch sonst kam in seinem Programm die Religionskritik nicht zu kurz.

Launig ging es weiter mit HG Butzko, dem "Hirnschrittmacher" des deutschen Kabaretts. Er beschäftigte sich mit einer relativ neuen, aber sehr erfolgreichen Religion, der sowohl Atheisten als auch Jihadisten folgen: es geht um die Religion der Digitalisierung. "Was hat das iPhone mit dem Christentum gemeinsam?", will der Kabarettist vom Publikum wissen. Antwort: "Der Sündenfall fing in beiden Fällen mit einem angebissenen Apfel an." (Ausschnitt zum Nachhören)

Einen guten Artikel über beide Veranstaltungen in Eichstätt können Sie im Donaukurier lesen.