Die Verkündung der Entscheidung zu § 217 StGB war im Bundesverfassungsgericht noch nicht ganz verklungen, da meldeten sich bereits die Sterbehilfegegner lautstark in den Medien zu Wort. Der hpd dokumentiert hier einige der kritischen Stimmen.
Am Aschermittwoch war alles vorbei. Nicht nur für die Karnevalisten, sondern auch für die Sterbehilfegegner. Das Bundesverfassungsgericht erklärte den "Sterbehilfeverhinderungsparagrafen" § 217 StBG für nichtig und betonte, dass jeder Mensch das Recht und auch die Möglichkeit haben müsse, über sein Lebensende selbst zu bestimmen.
Was bei den Kämpfern für das Selbstbestimmungsrecht, die beim Bundesverfassungsgericht gegen das Gesetz geklagt hatten, zu Jubel und Erleichterung führte, sorgte bei den Gegnern der Sterbehilfe für intensiv geäußerten Unmut. Ihre Kritik kreist um die immergleichen Argumente: Organisierte und legale Möglichkeiten der Sterbehilfe würden dazu führen, dass alte und kranke Menschen sich zunehmend zum Sterben gedrängt fühlten. Darüber hinaus könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Sterbewunsch nur aus einem Affekt heraus entstünde oder aus Angst vor Schmerzen. Und vor Schmerzen müsse niemand Angst haben, da bei einer richtigen palliativen Therapie Schmerzen genommen werden könnten. Dass der sterbehilfekritischen Position oft eine religiöse Grundhaltung zugrunde liegt und die Auffassung vom Leben als Geschenk Gottes, über dessen Ende nur Gott allein, nicht jedoch der Mensch selbst entscheiden darf, bleibt häufig unerwähnt. Das hat seinen Grund, denn diese Argumentation würde in einer zunehmend säkularen Gesellschaft nicht verfangen.
"Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur"
Anlässlich des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB veröffentlichten der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, eine gemeinsame Erklärung. Sie gaben darin ihrer "großen Sorge" über das Urteil Ausdruck:
"Dieses Urteil stellt einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar. Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen. Je selbstverständlicher und zugänglicher Optionen der Hilfe zur Selbsttötung nämlich werden, desto größer ist die Gefahr, dass sich Menschen in einer extrem belastenden Lebenssituation innerlich oder äußerlich unter Druck gesetzt sehen, von einer derartigen Option Gebrauch zu machen und ihrem Leben selbst ein Ende zu bereiten."
"An der Weise des Umgangs mit Krankheit und Tod entscheiden sich grundlegende Fragen unseres Menschseins und des ethischen Fundaments unserer Gesellschaft", so die beiden Kirchenvorsitzenden. "Die Würde und der Wert eines Menschen dürfen sich nicht nach seiner Leistungsfähigkeit, seinem Nutzen für andere, seiner Gesundheit oder seinem Alter bemessen. Sie sind – davon sind wir überzeugt – Ausdruck davon, dass Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat und ihn bejaht und dass der Mensch sein Leben vor Gott verantwortet."
Wer die Einflussnahme der beiden christlichen Großkirchen auf das Gesetzgebungsverfahren von § 217 StGB verfolgt hat, ahnt dass der Schlusssatz der Pressemitteilung als Kampfansage für die Verteidiger des Selbstbestimmungsrechts am Lebensende in Hinblick auf nun folgende Gesetzgebungsverfahren zu verstehen ist:
"So wollen und werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass organisierte Angebote der Selbsttötung in unserem Land nicht zur akzeptierten Normalität werden."
"Aushalten von Schmerzen für uns Menschen auch ein Weg der Christusnachfolge"
Der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Prälat Karl Jüsten, – sozusagen der Cheflobbyist der katholischen Kirche beim Deutschen Bundestag – formuliert seine Erschütterung über das Urteil im Interview auf katholisch.de noch deutlicher:
"Wir haben durch diesen Richterspruch zum ersten Mal eine Neubewertung unserer Grundwerteordnung in Bezug auf das Recht auf Leben und Selbstbestimmung erlebt. Bisher war das Bundesverfassungsgericht stets ein Garant für unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur in Deutschland. Wir konnten immer davon ausgehen, dass das menschliche Leben in all seinen Phasen unter dem besonderen Schutz des Staates und seiner Gesetze stand. Durch den Karlsruher Urteilsspruch ist diese Gewissheit erschüttert worden. Wenn es professionellen Organisationen künftig in Deutschland erlaubt ist, Menschen geschäftsmäßig beim Suizid zu begleiten, ist das eine Zäsur, die das hohe gesetzliche Schutzniveau für das menschliche Leben ins Wanken bringt."
Nebenbei offenbart Jüsten, dass sich hinter dem kirchlichen Lobbyismus gegen die Selbstbestimmung am Lebensende vor allem die christliche Leidensideologie verbirgt:
"Das Leiden gehört zu unserem Menschsein dazu. Gott selbst ist in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden und hat das Leid angenommen, das über ihn kam. Gott hat uns damit deutlich gemacht, dass das Leid im Dasein des Menschen angelegt ist und dazugehört. Insofern ist das Annehmen und Aushalten von Schmerzen für uns Menschen auch ein Weg der Christusnachfolge."
Auf den Hinweis, dass das ja nun eine Antwort sei, die vor allem gläubigen Menschen helfe, erwidert Jüsten:
"Natürlich. Aber vielleicht kann auch derjenige, der nicht glaubt, aus der christlichen Perspektive zumindest ein wenig Hoffnung und Kraft schöpfen."
Eine zynische Übergriffigkeit gegenüber nicht-religiösen Menschen, die sprachlos macht.
"Der Tod ist nicht die entlastende Lösung"
Schockiert vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt sich auch die SPD-Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin im Bundessozialministerium Kerstin Griese. Auf Grieses Initiative ging der 2015 von der Mehrheit des Parlaments beschlossene Gesetzentwurf des nun vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten § 217 StGB zurück.
Gegenüber dem rbb Inforadio sagte Griese, die Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche ist, sie sei "durchaus besorgt, dass das Urteil Auswirkungen hat in dem Umgang mit alten, kranken, schwachen oder sterbenden Menschen".
Sie wolle nicht, dass "assistierter Suizid am Ende eine normale therapeutische Behandlung ist", erklärte Griese. Überhaupt sei es so, "dass der Tod nicht die entlastende Lösung sei. Oft sei den Menschen schon geholfen, wenn man ihnen zuhöre und ihnen eine professionelle palliative Begleitung ermögliche. Wenn man über die Leiden und die Nöte des Lebens sprechen könne, verbessere sich schon vieles."
Wie zynisch eine solche Aussage in den Ohren von trotz palliativmedizinischer Versorgung Leidenden, nicht mehr autonom Handlungsfähigen und seit Jahren Sterbewilligen klingen mag, scheint außerhalb des Vorstellungsvermögens der Pfarrerstochter Griese.
Vor allem ein Teil des Urteils beunruhige sie sehr, erklärte Griese: "Was mich überrascht hat und auch etwas irritiert hat, ist, dass das Gericht gesagt hat, es gilt für alle Menschen in allen Lebensphasen – also auch für Menschen, die nicht erkrankt sind."
"Haben bald auch Jugendliche mit Liebeskummer das Recht auf Suizid?"
Diesen Aspekt greift auch Matthias Dobrinski in einem Kommentar auf dem Internetportal der römisch-katholischen Kirche in Deutschland auf. Polemisch fragt er, ob künftig jeder Jugendliche mit schlimmem Liebeskummer das Recht habe, sich den ihm gemäßen Verein zur Lebensbeendigung zu suchen. Der studierte katholische Theologe Dobrinski ist Mitglied der Gesellschaft katholischer Publizisten Deutschlands e. V. und arbeitet als innenpolitischer Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, wo er unter anderem für die Berichterstattung über Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständig ist.
"Fetisch der Selbstbestimmung" und "Freie Bahn für Sterbehilfeorganisationen"
Ulrich Lilie, evangelischer Theologe und Präsident der Diakonie, erklärte im Interview mit dem Deutschlandfunk, dass es einen "Fetisch der Selbstbestimmung in dieser Debatte" gebe, "der wirklich auch einer realistischen Überprüfung nicht standhält".
Prof. Dr. Lukas Radbruch, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. und Leiter des Zentrums für Palliativmedizin am katholischen Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg warnt vor "freier Bahn für Sterbehilfeorganisationen".
Die Malteser, eine katholische Hilfsorganisation, teilen selbstverständlich Radbruchs negative Beurteilung des Sterbehilfeurteils. Sie warnen vor einer Erosion allgemeiner Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenhalts:
"Mit dem heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird das Recht des Einzelnen auf ein unversehrtes selbstbestimmtes Leben in ein nunmehr festgeschriebenes Recht auf Sterben geradezu verdreht. Damit wird die Schutzwürdigkeit eines jeden Lebens als gesellschaftlicher Konsens in Frage gestellt."
"Wer Sterbehilfe erlaubt, macht über kurz oder lang Sterben zur Pflicht"
Die Deutsche Palliativstiftung betitelt ihre Pressemitteilung zum Sterbehilfeurteil mit "Verfassungsgericht setzt Selbstbestimmung der ohnehin Starken über den Schutz der Schwächsten". "Jetzt wird die Erleichterung der Selbsttötung für Kranke und Lebensmüde zur normalen Dienstleistung", ist in der Mitteilung zu lesen, die weitere erstaunliche Aussagen enthält:
"Es ist kein Wunder, dass sich auch das Bundesverfassungsgericht gegen den eindeutigen Willen des Parlaments hat verleiten lassen, künftig lebensverkürzende Maßnahmen auch hierzulande zu fördern und damit die Schwächsten allein zu lassen."
Es "darf niemand gegen seinen Willen zum Suizid gezwungen werden. Mit der Nichtigkeitserklärung des § 217 StGB wird dies aber unausweichliche Folge sein: Denn wer Sterbehilfe erlaubt, macht über kurz oder lang Sterben zur Pflicht – erst recht in einer so ökonomisierten Gesellschaft wie der unseren."
Verantwortlich für die Pressemitteilung im Sinne des Presserechts zeichnet Dr. med. Thomas Sitte, Palliativmediziner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Palliativstiftung und bekennender Christ.
Noch bemerkenswerter sind die öffentlich geäußerten Ansichten des Stiftungsrats der Deutschen Palliativstiftung Carsten Schütz, der – laut Pressemitteilung – "die Übergriffigkeit des sich allmächtig wähnenden Senats [des Bundesverfassungsgerichts – Anm. d. Red.]" folgendermaßen kritisiert:
"Wenn ein entgrenztes Gericht selbst in so fundamentalen gesellschaftlichen Fragen wie dem Sterben die eindeutige Mehrheitsentscheidung des Parlaments nicht mehr achtet, hat es offensichtlich jeden demokratischen Respekt verloren."
Die Äußerung des Juristen Dr. iur. utr. Carsten Schütz, Doktor des weltlichen und kirchlichen Rechts, Direktor des Sozialgerichts Fulda und Pfarrgemeinderatsmitglied der katholischen Kirche in Dipperz, zeugt ihrerseits wiederum nicht von sonderlich großem Respekt gegenüber dem Bundesverfassungsgericht sowie der Mehrheitsmeinung des deutschen Volkes. Mehrfach haben Umfragen bestätigt, dass sich die deutsche Bevölkerung mit deutlicher Mehrheit für Möglichkeiten der Sterbehilfe ausspricht – ein Mehrheitswille, der bei der Verabschiedung des nun durch das Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten § 217 StGB vom Parlament vollkommen ignoriert wurde.
37 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Wenn Kirchen wettern, hat das nichts mit Religion zu tun. Religion hat nichts mit dem "Heiligen Geist" zu tun, humaner Geist hat mehr Gewicht.
Dr. Ingeborg Wirries am Permanenter Link
Was die Herren Kirchenfunktionäre und Kirchenlobbyisten da von sich geben, heißt - zu Ende gedacht - dass ein "guter Christ" bei Krankheit gefälligst NICHT zu einem Arzt gehen darf, sondern seine Krankheit a
Logisch wäre es, wenn diese Herren in ihrer Logik auch für die Beendigung jeder ärztlichen Tätigkeit einträten....aber doch -natürlich - für sich selbst jedenzeit Ärzte bereit hielten....
Und was tat "Mutter Theresa"? Sie verweigerte Kranken medizinische Hilfe, aber als sie selbst krank war, suchte sie Hilfe bei Ärzten in Hamburg.
Und was tat der ehemalige EKD-Vorsitzende Nikolas Schneider? Er war bereit, seine kranke Frau (Religionslehrerin!) in die Schweiz zum Sterben zu begleiten....
Mit Max Liebermann möchte man sagen: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte."
Roland Schütze am Permanenter Link
Bravo! Volltreffer! Eine Argumentation von hoher Durchschlagskraft.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Marx, Bedford-Strohm, Jüsten & Co: Sie und Ihre Karnevalsvereine haben ausgedient, wenn Sie nicht realisieren wollen, dass die BVerfG-Entscheidung uns lediglich in den Stand von vor 2015 versetzt hat - als sich,
Dieses Rumgeheule der Pfaffia ist zum Kotzen.
Thomas Göring am Permanenter Link
Eben. Diese klerikale Inszenierung hat Methode. Kirchenwille bricht Volkes (Mehrheits-)Wille. Wer das nicht akzeptiert, dient dem "Bösen". Immer.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dieses scheinheilige Geschwätz von den beiden Herren Marx und B. Strohm ist nicht mehr zu ertragen.
Dabei berufen sich diese Scharlatane ständig auf "Gott", einer von Menschen erfundenen
Märchengestalt in 3 Teilen, mit der Behauptung von deren realer Existenz sind die Kirchen
schon seit Jahrhunderten, zu Multimilliardären geworden.
Eine Beschneidung ihrer Pfründe kommt Gotteslästerung gleich und sollte nach der Meinung der Kirchen als Blasphemie gelandet werden.
Wolfgang am Permanenter Link
Was ich nicht verstehe: Wenn Heiratsschwindler lügen, Menschen betrügen, da ist die Justiz da. Aber wenn Männer in ihren Talaren daherschwindeln, es gäbe ein Leben nach dem Tode,
Von einer größeren Scheiße als die Lehre von der RKK ( genannt Christentum) habe ich noch nie etwas gehört.
Johann Wolfgang von Goethe
Aber wie gesagt, sogar mit Scheiße kann man reich werden! Ohne Strafe von oben!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Lieber Wolfgang, drastisch aber wahr, Goethe hatte damals schon recht und heute im 21sten
Jahrhundert erstrecht. Diese Parasiten gehören endlich auf den Müllhaufen der Geschichte,
A.S. am Permanenter Link
Sie werden es verstehen, wenn Sie erkennen, dass wir mehrheitlich von Gläubigen regiert und gerichtet werden. Wer den Scharlatanen glaubt, befindet sich in geistiger Abhängigkeit.
Wolfgang am Permanenter Link
Nicht geistige Abhängigkeit sondern geistliche Abhängigkeit. Geistlich und geistig, dazwischen liegen Welten!!
A.S. am Permanenter Link
Nein, nur ein "L".
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
nach der Prof. Uta Ranke Heinemann steht das Christentum für eine Kultur des
Todes und nicht für eine Kultur des Lebens.
Ihr Symbol ist das Hinrichtungskreuz und über all sind Gedächnisstätten für die historische Hinrichtung aufgestellt.
Nach Mutter Theresa gilt:"Nur wer stark leidet, ist nah bei Jesus!"
Ein schmerzfreies Sterben lehnen die Christen aus Glaubensgründen ab.
Unendliches Leid haben die Christen allen Völkern dieser Erde zugefügt!
Die Deutungshoheit der Kirchen über den Anfang und das Ende des Lebens
ist eine Anmaßung, die mehr als unverschämt ist.
Es ist in der Tat an der Zeit, dass diese Spezies in ihren Himmel für alle Zeiten verschwindet!
Viele Grüße
Arno Gebauer
David See am Permanenter Link
Wenn ein entgrenztes Gericht selbst in so fundamentalen gesellschaftlichen Fragen wie dem Sterben die eindeutige Mehrheitsentscheidung des Parlaments nicht mehr achtet, hat es offensichtlich jeden demokratischen Respe
und Religionen sind also Demokratisch, die Christliche, oder was meint er damit. ich habe noch nie einen Sterbenden gesehen, aber was man so liest sagen die nicht-> ich will eigentlich weiterleiden, aber ich möchte meine Angehörigen und dem Staat nicht weiter zur Last fallen...
David Krause am Permanenter Link
Genau das denk ich mir auch.
Umso mehr religiöse Menschen den Mund aufmachen, desto mehr offenbaren sie wie weltfremd sie unterwegs sind.
Dieses sich in jeden Lebensbereich reinmogeln, um zu urteilen, zu verurteilen und zu kontrollieren auf die schmierigste Art und Weise ist absolut ekelhaft. Bleibt nur zu hoffen, dass im nächsten Jahrzehnt der Einfluss der Kirchen weiter schwindet und wir die Epoche der Unvernunft und Verblendung allmählich hinter uns lassen.
A.S. am Permanenter Link
Liebeskummer ist heilbar und erfüllt kaum die Voraussetzungen für sinnvolle Sterbehilfe.
René am Permanenter Link
Das ist allerdings unerheblich im Sinne des Urteils.
Thomas Reutner am Permanenter Link
Mein Lob gebührt Prälat Karl Jüsten.
Also der liebe Herr Jesus hat sich brutalst von den Menschen zu Tode foltern lassen, damit er den Menschen ihre Sünden vergeben kann. Daraus kann man folgern, dass wenn man mal ein schlechtes Gewissen hat, weil man irgendeine Sünde begangen hat, man sich selbst nur den Rücken blutig peitschen muss, damit man anschließend ein besserer Mensch ist. Den auf wundersame Weise ist Leid irgendwie gut und macht vorangegangenes Leid, das man anderen angetan hat, wieder wett. Wer sich prophylaktisch selbst quält, kann davon ausgehen, dass es ihm im Paradies mit einer besonders schönen Villa vergolten wird.
Daher auch das Konzept von der Hölle: Ewiges Brennen ist das Schlimmste, was man sich ausdenken kann, aber es ist vollkommen gerecht. Und wer absolut nicht darauf hoffen kann, dem Höllenfeuer zu entgehen, sind all jene, die nicht Mitglied der katholischen Kirche sind.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wenn ich nach meinem Ableben Eingeäschert werde, ist mir das Höllenfeuer sowas von egal.
Thomas Reutner am Permanenter Link
Leider gibt es viele ehemalige Katholiken, die zwar durch rationales Denken zum Atheismus gelangt sind, die aber diese Angst vor der Hölle, mit der sie schon als Kleinkinder indoktriniert wurden, nicht vollständig los
Wolfgang am Permanenter Link
Trifft voll zu. Ich bin mit einer Katholikin verheiratet und erlebe diese Geisteskrankheit jeden Tag hautnah. Zum Glück sind aber meine drei Söhne aus der Kirche ausgetreten, ohne Angst und das macht mir Hoffnung.
Thomas Göring am Permanenter Link
Diese in Restbeständen in etlichen rational denkenden Erwachsenen fortwirkende Angst ist vermutlich das Ergebnis ihrer religiösen Indoktrination in früher Kindheit.
In der Phase meiner Loslösung von einem betont konservativen Protestantismus machte ich selber um 1971/72 als knapp Zwanzigjähriger ebenfalls satte 2 Jahre lang heftigste Höllenangst durch. (Mit Hilfe vieler psychologischer sowie religionskritischer Literatur - u.a. einige Schriften Deschners - konnte ich mich schließlich aus diesem geistig-seelischen Gefängnis befreien.)
Diese kirchenerzeugte Bestrafungsangst werde ich besagter gottesfürchtiger Konfession und gewissen ihrer Prediger allerdings niemals vergessen.
Die "ekklesiogene Neurose" ist jedoch (meines Wissens) in der freiheitlichen BRD nie ein besonders herausragender Forschungsgegenstand gewesen...
Iris am Permanenter Link
Ja, sehr erstaunlich. Jüsten ist sogar zu ehrlich - oder vielleicht einfach nur zu dumm - um die heutzutage aus PR-Gründen notwendige Maske des Pseudo-Paternalismus zu tragen.
Rüdiger von Gizycki am Permanenter Link
Den einzigen wahrhaftigen Trost im Sterben (Vergehen) den wir haben, ist die Hilfe des anderen Menschen meine ich. Diese Hoffnung auf Trost kann erfüllt werden. Es liegt an uns allein.
Iris am Permanenter Link
Zum Fremdschämen das Ganze. Diese schlechten Verlierer waren schon immer auch schlechte Argumentierer.
Roland Fakler am Permanenter Link
"Die Würde und der Wert eines Menschen dürfen sich nicht nach seiner Leistungsfähigkeit, seinem Nutzen für andere, seiner Gesundheit oder seinem Alter bemessen," sondern lediglich nach seiner Rechtgläubigkei
Klaus Bernd am Permanenter Link
@ die beiden Kirchenvorsitzenden. "Die Würde und der Wert eines Menschen ...“
„ Sie sind – davon sind wir überzeugt – Ausdruck davon, dass Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat und ihn bejaht und dass der Mensch sein Leben vor Gott verantwortet."
Dies unterwirft die Würde des Menschen der anmaßenden Deutung von Priesterkasten. (Überall wo GOTT drauf steht ist PRIESTER drin.) Im übrigen darf und kann man sich nach Aussage ibs. der christlichen Religionen (siehe Augustinus) von Gott gar kein Bild machen; wonach soll also die Würde des Menschen gebildet sein ? Wenn Gott „den Menschen bejaht“, dann bejaht er wohl auch seinen Sterbewunsch, den er als Individuum vor IHM zu verantworten hätte. Bevormundung durch Kirchenfürsten ist daraus nicht abzuleiten.
"So wollen und werden wir uns weiterhin dafür einsetzen, dass organisierte Angebote der Selbsttötung in unserem Land nicht zur akzeptierten Normalität werden."
Sich dafür einzusetzen, „dass es nicht zur akzeptierten Normalität wird“ sei ihnen ja unbenommen, aber sie per Gesetz zu verhindern ist ihnen durch das Urteil eigentlich unmöglich gemacht (eigentlich !). Und wieder einmal der Hinweis, dass in erster Linie die „einfachen Leute“ auf organisierte Angebote angewiesen sind !
@ Prälat Karl Jüsten: "Das Leiden gehört zu unserem Menschsein dazu. Gott selbst ist in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden und hat das Leid angenommen, das über ihn kam.“
Hierzu ist anzumerken, dass das Leiden Christi noch nicht einmal 2 Tage gedauert hat; und am Karfreitag war er immerhin noch fit genug, sein Kreuz den Berg hinauf zu schleppen. Das ist vielen Opfern von Jens Spahns Blockade nicht vergönnt (gewesen).
„Gott hat uns damit deutlich gemacht, dass das Leid im Dasein des Menschen angelegt ist und dazugehört. Insofern ist das Annehmen und Aushalten von Schmerzen für uns Menschen auch ein Weg der Christusnachfolge."
Damit fordert er – eigentlich konsequent katholisch - den Verzicht auf schmerzstillende Mittel, denn nur dann kann „aus Leid, ohne aufzuhören Leid zu sein, zu Lobgesang werden“ wie Ratzinger zynisch formuliert hat. Das erinnert doch sehr an die Zeit, als Kleriker gebärenden Frauen den Gebrauch von Schmerzmitteln untersagten, unter Verweis auf das Märchen von der Vertreibung aus dem Paradies.
@ Kerstin Griese: "Was mich überrascht hat und auch etwas irritiert hat, ..."
Offenbar ist sie überrascht und nur „etwas“ irritiert, dass das Recht auf Selbstbestimmung für alle Menschen gelten soll und nicht nur für die, denen es die Kirchenfürsten auch nicht zugestehen wollen.
@ Matthias Dobrinski: „ob künftig jeder Jugendliche mit schlimmem Liebeskummer das Recht habe, sich den ihm gemäßen Verein zur Lebensbeendigung zu suchen“
Hatte er jemals Schlimmen Liebeskummer ? Glaubt er, dass man dann den mühsamen Weg über eine Sterbehilfe-Organisation sucht ? Glaubt er nicht auch, dass man dann ein Verfahren nach Art des „jungen Werthers“ vorzieht ?
@ Ulrich Lilie: "Fetisch der Selbstbestimmung in dieser Debatte"
Eine absolute Unverschämtheit von diesem Menschenrecht als von einem Fetisch zu sprechen ! Dagegen kann man von einem Fetisch der Fremdbestimmung durch Kleriker sprechen, den diese mit allen Mitteln verteidigen wollen.
@ Die Malteser: “... wird das Recht des Einzelnen auf ein unversehrtes selbstbestimmtes Leben in ein nunmehr festgeschriebenes Recht auf Sterben geradezu verdreht.“
Verdreht wird da gar nichts. Jeder hat das Recht zu leben und das Recht zu sterben. Und wo bleibt das Recht auf „unversehrtes“ und „selbstbestimmtes“ Leben, wenn man röchelnd auf der Intensivstation oder im Pflegebett liegt ?
„Damit wird die Schutzwürdigkeit eines jeden Lebens als gesellschaftlicher Konsens in Frage gestellt."
Ganz und gar nicht.
@ Dr. med. Thomas Sitte, Deutsche Palliativstiftung „Denn wer Sterbehilfe erlaubt, macht über kurz oder lang Sterben zur Pflicht“
Eine typisch klerikale, absurde Logik, die auf eine geradezu zwanghafte Lust, anderen alles mögliche vorschreiben zu wollen, zurückzuführen ist: was man erlaubt oder nicht verbietet wird zur Pflicht.
„– erst recht in einer so ökonomisierten Gesellschaft wie der unseren."
Das sagt jemand, der mit Verlängerung von Leiden Geld verdient.
@ Dr. med. Thomas Sitte, Deutsche Palliativstiftung: "Wenn ein entgrenztes Gericht ...."
Ein „entgrenztes“ Gericht ? Will er damit sagen, dass das BVG seine Grenzen überschreitet, wenn es die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen überprüft ? Geradezu lächerlich ! Den demokratischen Respekt haben die Pfarrerstöchter und die kirchenhörigen PolitikerInnen wie AKK und AN missen lassen, die dieses Gesetz aus ihren Machtpositionen heraus durchgesetzt haben.
Thomas R. am Permanenter Link
"Dieses Urteil stellt einen Einschnitt in unsere auf Bejahung und Förderung des Lebens ausgerichtete Kultur dar."
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"Wir befürchten, dass die Zulassung organisierter Angebote der Selbsttötung alte oder kranke Menschen auf subtile Weise unter Druck setzen kann, von derartigen Angeboten Gebrauch zu machen."
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Wo sich dieser Druck zeigt, kann und muß ihm entgegengewirkt werden. Allerdings gibt es in Ländern mit liberalen Sterbehilferegelungen keine Anhaltspunkte dafür, daß er um sich greifen würde. Und die ethische Notwendigkeit der Ermöglichung von Sterbehilfe könnte er ohnehin nicht relativieren.
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"und dass der Mensch sein Leben vor Gott verantwortet."
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KEIN MENSCH hat (bzw. hätte) vor dem Urheber sämtlichen Leides im Universum AUCH NUR DAS GERINGSTE zu verantworten!
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"Insofern ist das Annehmen und Aushalten von Schmerzen für uns Menschen auch ein Weg der Christusnachfolge."
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"Schöner" kann man die anti-ethische und somit verbrecherische Natur christlicher Normativität nicht darstellen.
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"Überhaupt sei es so, "dass der Tod nicht die entlastende Lösung sei."
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Doch, das ist sie. Trotzdem spricht überhaupt nichts dagegen, auch die palliativen Behandlungsmöglichkeiten immer weiter zu verbessern.
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"Haben bald auch Jugendliche mit Liebeskummer das Recht auf Suizid?"
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Blödsinniger Vergleich. Liebeskummer geht vorbei und kann in besonders schweren Fällen psychologisch behandelt werden, eine unheilbare und schwer leidträchtige Erkrankung nicht.
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"Wer Sterbehilfe erlaubt, macht über kurz oder lang Sterben zur Pflicht"
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Nö. Wollen und dürfen heißt nicht sollen oder gar müssen.
Petra Pausch am Permanenter Link
Die Gegner entrosten ihre alte Waffen.
Der Kampf ist noch lange nicht gewonnen; wir haben nur eine Verschnaufpause bekommen.
Heribert Wasserberg am Permanenter Link
Danke für die Zusammenstellung. Ich darf sie ergänzen um den Leserbrief des Bundestagspräsidenten a.D. im Tagesspiegel vom 1. März 2020.
"Ich halte das Karlsruher Urteil für einen tiefen Einschnitt in die deutsche Rechts- und Sittengeschichte, es wird unser Land folgenreich verändern. Hier haben 'furchtbare Juristen' in geradezu triumphalistischer Manier die Selbsttötung zum Inbegriff der Autonomie des Menschen gemacht. Zugleich, erschrocken wohl über die eigene Radikalität, haben sie den Gesetzgeber aufgefordert, der Entgrenzung, die sie vorgenommen haben, mit Beschränkungen, Regelungen, Bedingungen gesetzlich zu begegnen. Ein widersprüchliches, zumal vor diesem Gericht aussichtsloses Unterfangen. Der Autor schreibt: 'Leben hat Vorrang'. Das mag für ihn und mich gelten und für hoffentlich viele Menschen unserer Gesellschaft weiterhin, aber nicht für diese 'furchtbaren Juristen' in Karlsruhe. Denn die Entgrenzung und Absolutsetzung von Autonomie wird jeden neuen Versuch - auf welcher gesetzlichen, berufsrechtlichen oder praktischen Ebene auch immer - Einschränkungen vorzunehmen, vor dem gottgleichen Verfassungsgericht scheitern lassen. Eine Schutzpflicht des Staates für das Leben gibt es nach diesem Urteil eigentlich nicht mehr!"
Iris am Permanenter Link
Und das ist auch gut so. Denn eine Schutzpflicht des Staates für das Leben eines Individuums, das sterben will, wäre ein Machtmissbrauch des Staates. Es gibt keine Pflicht zu leben.
Roland Schütze am Permanenter Link
Die christliche Ideologie des Leidens kennt keine Scham. Wem es schwerfällt, das zu glauben, der möge mal einen Blick in die "Galerei der Kirchenkritik" von Wolfgang Sellinger werfen.
Wolfgang am Permanenter Link
Respekt vor Wolfgang Sellinger: Eine Galerie in Eichstätt aufzubauen! Die Herrn in ihren Talaren stehen dem machtlos und gottlos gegenüber. Einfach nur schön!
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Um es auf den Kern, den "hard core" zurückzuführen:
Ungehemmt zeigen die religiösen Vertreter ihren Anspruch, über anderer Menschen Leben und Sterben bestimmen und urteilen zu wollen.
Dr. Hermann Müller am Permanenter Link
Die kirchlichen Reaktionen bestätigen, dass mein Kirchenaustritt nach einer Mitgliedschaft von über 65 Jahren richtig war. Natürlich darf niemand zum Suizid gedrängt werden.
Silvia am Permanenter Link
Es steht Kardinälen, Bischöfen, Prälaten und streng gläubigen Christen frei, die Leiden am Ende des Lebens voll auszukosten, wenn sie es denn für sich selbst wünschen.
Dr. Hermann Müller am Permanenter Link
Korrektur: im letzten Satz fehlt das Wort Pflege "menschenwürdige Pflege
STEFAN WAGNER am Permanenter Link
> "Denn wer Sterbehilfe erlaubt, macht über kurz oder lang Sterben zur Pflicht – erst recht in einer so ökonomisierten Gesellschaft wie der unseren."
Tja, und wer ohne fremde Hilfe seinem Leben ein Ende bereiten kann, der kann das schon lange. Da kommen wir auch ohne eine Pflicht weiterzuleben und zu leiden, wie es die Kirchen fordern, aus.