ODERNHEIM. (hpd) Der Seelenfänger aus dem Vatikan hat es schon wieder fertiggebracht, fast die halbe Welt über seine neue Enzyklika jubeln zu lassen. Sein päpstliches Rundschreiben zur Ökologie "Laudato si" mache den Weißgewandeten geradezu zum "Grünen Papst", zum Vorreiter der Naturschutzbewegung, frohlocken große Teile der Medien.
In gewisser Weise den Vogel schießt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ab. Als ob sie noch nie von den jahrzehntelangen gewaltigen Anstrengungen, Ideen und Aktionen der verschiedenen Umweltverbände gehört hätte und die Tatsache übersehend, dass kein einziger Gedanke in dieser Ökologie-Enzyklika des Papstes wirklich neu ist, erklärt die Ministerin in fast schon grenzenloser Einfalt, dass "die klare Sprache dieser Enzyklika und die Tiefe der Gedanken Anstöße bieten, die weit über die katholische Welt hinaus Wirkung entfalten werden."
Die Grünen der ersten Stunde – die Gruhls, Kellys, Bahros usw.- müssen sich geradezu im Grab umdrehen, denn zunächst wurden sie jahrzehntelang, auch von offiziellen Vertretern der Kirche, verächtlich gemacht, beschimpft, verunglimpft, zu Exoten und Narren erklärt.
Auch Papst Franziskus bildete da keine Ausnahme. Noch in seinem ersten päpstlichen Rundschreiben "Evangelii gaudium" und in einigen Interviews machte er sich lustig über Umweltschützer, die in ihrer Begeisterung für die Natur "Bäume anbeten oder Gott in einem Baum sehen". Er verspottete "das spirituelle Bad", das Ökologen "im Kosmos" nähmen. Aber auch ganz seriös theologisch verwies der Papst zum Zeichen seiner Linientreue auf einen seinen päpstlichen Vorgänger, den Wojtyla-Papst Johannes Paul II., den er ja inzwischen auch heiliggesprochen hat und der die unverrückbare Linie der Amtskirche im Hinblick auf Tier- und Pflanzenwelt offiziell markiert. Wojtylas Dekretierungen bezüglich unseres Verhältnisses zur außermenschlichen Natur sind eine Katastrophe, das Dokument einer überaus verengten, arroganten Anthropozentrik, und der neue Papst hatte sich in all seinen bisherigen theologischen Publikationen nie davon distanziert.
"Tiere, Pflanzen und leblose Wesen", verkündet der Wojtyla-Papst in seinem zur verbindlich-offiziellen Lehre der Kirche gehörenden Katechismus der Katholischen Kirche, "sind von Natur aus zum gemeinsamen Wohl der Menschheit von gestern, heute und morgen bestimmt … Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt", den er allein und exklusiv nach seinem Bild geschaffen habe. "Somit darf man sich", dekretiert der Katechismus weiter, "der Tiere zur Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen".
Schlachthäuser und Textil- wie Pelzindustrie konnten dem Papst dankbar sein! Man darf die Tiere der Papstdoktrin zufolge auch "zähmen, um sie dem Menschen bei der Arbeit und in der Freizeit dienstbar zu machen". Auch Tierversuche erlaubt der Katechismus großzügig: "Medizinische und wissenschaftliche Tierversuche sind in vernünftigen Grenzen sittlich zulässig".
Allerdings widerspreche es "der Würde des Menschen, Tiere nutzlos leiden zu lassen und zu töten". Aber wenn dies zum Wohl und Nutzen des Menschen geschehe, wenn es "der Sorge um die Lebensqualität des Nächsten" und "einer gerechten Befriedigung menschlicher Bedürfnisse dient", leiden und sterben sie der päpstlichen Lehre zufolge ja nicht nutzlos. Deshalb sei es des Menschen auch nicht würdig, "für sie Geld auszugeben", und man sollte ihnen auch nicht "die Liebe zuwenden, die einzig Menschen gebührt". Legitimiert, so der Katechismus, sei diese Verkündigung der Kirche durch die Bibel. Gott habe "die Tiere dem Menschen unterstellt". Der biblische Text (Gen. 1,28) "legt die Weite und Tiefe der Herrschaft an den Tag, die Gott dem Menschen schenkt. Es geht … um die Herrschaft über die Erde und alle Tiere."
Das also ist die Kultur des Lebens, die der mit höchstem Geltungsanspruch auftretende Katechismus der Katholischen Kirche gestalten möchte und in der Tiere, Pflanzen und unbelebte Materie im positiven Sinn gar nicht vorkommen, vielmehr zu totalen Sklaven des Menschen, zu Nutz- und Ausbeutungsobjekten desselben degradiert sind und keinerlei Eigenrechte besitzen. Der Katechismus hinkt den modernen wissenschaftlichen Erkenntnissen über Intelligenz, Leistungen und Sozialleben der Tiere und Pflanzen erschreckend hinterher, aber man wird schwerlich eine Aussage von Papst Franziskus in all seinen bisherigen Schriften und auch in seiner neuesten Enzyklika finden, die der im Katechismus dargestellten offiziellen Lehre der Kirche widerspricht.
12 Kommentare
Kommentare
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Ein Trittbrettheiliger sozusagen.
Dr. Schulte am Permanenter Link
Seid Ihr Euch bei der Angabe der Tierzahlen sicher? 50 Mio pro Jahr in DL scheint doch arg gering, wenn allein 600 bis 700 Mio(!) Hühner pro Jahr in DL geschlachtet werden.
Hmm?
Siegbert am Permanenter Link
"allein in Deutschland 50 Millionen aus diesem Grund abgeschlachtete Tiere pro Jahr, davon 28 Millionen Schweine"
Das kann in der Tat nicht stimmen. Wenn schon allein ein Bundesbürger im Schnitt nur ein in D geschlachtetes Hähnchen im ganzen Jahr isst, sind das allein schon 80 Millionen Tiere. Und da sind die geschredderten männlichen Küken noch gar nicht eingerechnet, weil die nicht gegessen werden. In einer Dokumentation habe ich mal was von um die Tausend bis Zweitausend Tiere gehört, die ein Deutscher in seinem Leben isst. Geteilt durch etwa 80 Jahre wären das immer noch gut ein Dutzend pro Jahr. Mal 80 Mio (Einwohner in D) sind das auch deutlich mehr als 50 Mio.
Martin am Permanenter Link
http://www.welt.de/politik/deutschland/article123700329/Deutsche-schlachten-pro-Jahr-750-Millionen-Tiere.html
Für 2012 weren 628 Millionen geschlachtete Hühner und 58 Millionen Schweine genannt.
Burghard Schmanck am Permanenter Link
Unter Benedikt/Ratzinger wäre eine solche Enzyklika unmöglich gewesen. Wenn man sich allein die Verlautbarungen zum "Klima" herauspickt, dann bleibt nur Kopfschütteln. Wie kann man nur, wie in Kap.
Unwahr ist beispielsweise auch die Aussage in Kap. 98. "Jesus lebte in in vollkommener Harmonie mit der Schöpfung". Allein im Neuen Testament kann man nachlesen, wie Jesus immer wieder natürliche Abläufe zum Wohle der Menschen mit seiner Wundermacht korrigiert. In den Genesis-Texten nach dem "Sündenfall" im 3. Kapitel wird jegliche "Harmonie mit der Schöpfung" für den Menschen kategorisch ausgeschlossen. Da bleibt nur noch die Frage: Wer hat diesen so ungemein menschenfreundlichen Papst derart "über den Tisch gezogen"?
Siegbert am Permanenter Link
"eine noch gar nicht gemessene, aber künftige Klimakatastrophe, obwohl weltweit nicht ein einziger physikalischer Experimentalbeweis für diese reine Hypothese geführt werden konnte"
Setzt man nur ein Wort anders, dann ergibt sich ein oft angeführtes Argument von Evolutionsleugnern, man habe noch nie die Entwicklung einer gänzlich neuen Art live beobachtet:
"eine noch gar nicht gemessene, aber künftige Evolution, obwohl weltweit nicht ein einziger physikalischer Experimentalbeweis für diese reine Hypothese geführt werden konnte"
So wie es in der Vergangenheit Klimakatastrophen gegeben hat, hat auch Evolution stattgefunden, und wird auch wieder bzw. weiterhin stattfinden. Wohl ist die These, dass der Mensch die aktuell zu beobachtende Klimaänderung mit verursacht, (noch) nicht eine gefestigte wissenschaftliche Theorie wie die Evolutionstheorie, aber dennoch eine gut begründete These. Die auch immer wieder ideologisch motivierte Leugnung erfährt. Da weiß man dann sogar Papst Franziskus zu schätzen, auch wenn sich seine Ansicht zur Evolutionstheorie nicht groß von JPIIs Spruch "...ist mehr als eine Theorie" nicht groß unterscheiden dürfte.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Was soll daran 'grün' sein? Erschließt sich mir nicht.
F1 ist so scheinheilig wie alle seine Vorgänger.
Er kann ja auch gar nicht anders.
Stefan am Permanenter Link
Warum diese Hinwendung zum esoterischen spätestens im letzten 1/3 des Artikels? Natürlich ist der negative Effekt unseres fleischkonsums auf die Umwelt unabstreitbar.
Wolfgang am Permanenter Link
Jetzt macht der Papst einen auf Umwelt: diese Scheinheiligkeit ist nicht zu überbieten.
Wenn man mit anderen wichtigen Themen nicht mehr Gläubige an sich fesseln kann,
Masche zieht nicht: Denn wo macht der Pope praktisch etwas für die Umwelt? Ach ja,
es darf wieder gebetet werden.
biostheoretikos am Permanenter Link
"Fleischkonsum verdunkelt, verhärtet, desensibilisiert den inneren Menschen, unser tiefstes Selbst." Ersetzt man das Wort Fleischkonsum durch eine beliebige Religion, könnte das Zitat von jedem Anhänger eine
Johann Nußbaumer am Permanenter Link
Es berührt mich ziemlich seltsam, dass man dem Autor mit skeptischem Zynismus begegnet,wo er doch ein wichtiges Anliegen seiner Kritiker unterstützt. Anstatt froh zu sein, dass die Kath.
Abgesehen davon gebe ich zu bedenken , dass der Papst im allgemeinen zumeist auf langfristige und nachhaltige Wirkungen bedacht ist und einen ziemlich weiten Horizont im Auge hat.
Achim Morina am Permanenter Link
Wie immer schon beeindruckend was Hr. Mynarek da mit weit übr 80 Jahren abliefert. Grandios. Und was wer auch immer von ihm, dem Gelehrten Prof.