Seit 2018 war es im Gespräch, nun hat es der Landtag beschlossen: Richter und Staatsanwälte dürfen im Gerichtssaal keine sichtbaren religiösen Symbole tragen. Nur die Grünen waren dagegen.
Im Februar hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen verfassungsgemäß ist, mit dem Verweis auf die weltanschaulich-religiöse Neutralität des Staates, die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege sowie die negative Religionsfreiheit Dritter.
Nun hat der niedersächsische Landtag ein Gesetz verabschiedet, das "bei der Wahrnehmung richterlicher oder staatsanwaltlicher Aufgaben in einer Verhandlung oder bei anderen Amtshandlungen in Anwesenheit justizfremder Dritter (…) künftig das Tragen sichtbarer Symbole oder Kleidungsstücke, die eine religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung zum Ausdruck bringen", verbietet. Die Mehrheit der Landesvertreter stimmte am Dienstag für diese neue Regelung. Das Gesetz geht auf einen Referentenentwurf des dortigen Justizministeriums zurück, der vor eineinhalb Jahren bekannt wurde (der hpd berichtete). Die Fraktion der Grünen votierte als einzige dagegen.
Justizministerin Barbara Havliza (CDU), die bereits kurz nach ihrem Amtsantritt Anfang 2018 entsprechende Pläne in ihrer Agenda angekündigt hatte, begrüßte den Beschluss. Dabei gehe es nicht um ein einseitiges Verbieten von Kopftüchern, sondern um Symbole aller Religionen, sagte sie laut NDR. Das Gesetz leiste "einen ganz wesentlichen Beitrag zur Sicherung des unverzichtbaren Vertrauens sowohl der Verfahrensbeteiligten als auch der Öffentlichkeit in die religiöse, weltanschauliche und politische Neutralität der Justiz", erklärte sie in ihrer Rede vor der Abstimmung. Denn schon der Anschein, Verfahrensführung oder Entscheidung könnten durch eine religiöse, weltanschauliche oder politische Einstellung beeinflusst sein, "würde sowohl bei den Verfahrensbeteiligten als auch in der Öffentlichkeit zu einem nicht hinnehmbaren Vertrauens- und Akzeptanzverlust in unseren Rechtsstaat führen."
Der niedersächsische Richterbund unterstützte den Entwurf. Von seinem Vositzenden Frank Bornemann hieß es, die Rechtsprechung sei in besonderer Weise der Neutralität verpflichtet, so Legal Tribune Online (LTO). Niemand, der vor Gericht stehe, dürfe den Eindruck haben, er werde allein wegen seiner Religion oder Weltanschauung benachteiligt oder nicht objektiv beurteilt.
12 Kommentare
Kommentare
Guggemos Walter am Permanenter Link
Merekwürdig, dass ausgerechnet die Grünen gegen diesen Gesetzesbeschluss gestimmt haben und dann noch mit der Begründung es gehe nur um ein "Kopftuchverbot".
David Z am Permanenter Link
Nun, im Grunde ist die Begründung richtig. Es geht tatsächlich nur ums Kopftuch.
Das ändert aber nichts an der Richtigkeit der Feststellung, dass religiöse Weltanschauungen - auch wenn es nur eine betrifft - nichts im Gerichtssaal verloren haben.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Die Grünen sind auf Religionsrevival-Trip. "Stärkt den Geisterglaube - mehr Götter braucht das Land!"
A.S. am Permanenter Link
Natürlich sind die Grünen dagegen!
Die sind mittlerweile noch ärger von den Kirchen und Muslimen unterwandert als die CDU.
Jürgen Roth am Permanenter Link
Das gesetzliche Verbot, Gerichte in religiöse Bekleidungsmessen zu verwandeln, ist richtig und überfällig. Als säkularer Grüner kann ich die Ablehnung der niedersächsischen Landtagsfraktion nicht nachvollziehen.
Roland Fakler am Permanenter Link
Das Urteil ist richtig, denn wer auf seine religiösen Symbole nicht verzichten kann, beweist damit auch, dass er ungeeignet ist, im Namen des säkularen Staates Recht zu sprechen.
Ernst-Günther Krause am Permanenter Link
Ich bin Mitglied der Grünen und kann die Argumentation der grünen Landtagsfraktion nicht nachvollziehen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Verkehrte Welt, die CDU fordert das abschaffen von religiösen Symbolen in Gerichtsgebäuden und die Grünen sind dagegen? ich verstehe die Welt nicht mehr, oder ist denn schon wieder 1.April?
M. Landau am Permanenter Link
Schauen Sie sich das mal an:
https://de.wikipedia.org/wiki/Katrin_Göring-Eckardt#Evangelische_Kirche
Sie ist nicht die/der Einzige.
Kathi am Permanenter Link
Endlich ist mal Verstand eingezogen. Religiöse Symbole gleich welcher Art haben in staatlichen Behörden und Institutionen generell nichts verloren. Es wird höchste Zeit für eine Wende im Staat.
Wenn man sieht, wie Richter bei straffällig gewordenen Amtsträgern entscheiden, dürfte jedem klar sein, dass hier kein Recht mehr gesprochen wird. Bewährungsstrafen, kein lebenslanges Berufsverbot, geringe Schadenersatzzahlungen etc pp. Das ist ein zusätzlicher Schlag für die Opfer. Ebenso müsste auch das Arbeitsrecht komplett in staatliche Hand gegeben werden und nicht von den Kirchen mitdiktiert. Dazu muss aber die Kirchensteuer abgeschafft werden. Daher ist das Ganze erst nur ein Anfang der längst überfälligen Trennung. Abgesehen davon existiert der Aberglaube weiter in den Köpfen der Leute, auch innerhalb der Justiz. Das Ganze System baut doch hier auf irrigen Überzeugungen auf. Daher wird auch mit Abschaffung der religiösen Symbole keine wirkliche Neutralität im Gerichtssaal einkehren, sondern dies erst einmal nur der Bevölkerung suggeriert. Es wird ein langer Weg werden. Immerhin existieren Religionen schon Jahrtausende.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Religion existiert seit Jahrtausenden, ja und auch die Menschliche Dummheit, die seit Jahrtausenden zulässt, dass sie von Geld und Machtgierigen Leuten verarscht werden.
G. Hantke am Permanenter Link
Selbst wenn sich die Ausgangslage nur auf das Kopftuch beziehen sollte, ist die Haltung der GRÜNEN nicht nachvollziehbar.