Das ist nun mal richtig dumm gelaufen. Nur wenige Tage nach seiner Berufung in den Katholikenrat des Erzbistums Berlin ist der CDU-Jungstar in einen handfesten Skandal verwickelt.
Sicherlich ging es Philipp Amthor nicht um seine politische Karriere in der C-Partei, als er sich kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres katholisch taufen ließ.1 Er sagte damals: "Der Glaube ist für mich vor allem eine sehr private Angelegenheit und ich möchte nicht, dass er politisch instrumentalisiert wird." Er bezeichnete sich selbst in einer Fernsehsendung als "Lebensschützer" und möchte Abtreibungen verbieten – für ihn offenbar ein klares Indiz dafür, dass er seinen "privaten" Glauben in keiner Weise politisch auslebt.
Nun also wurde der CDU-Politiker Amthor Mitglied eines katholischen Spitzengremiums: "Wie der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin am Mittwoch bestätigte, nahm er den 27-jährigen Bundestagsabgeordneten in die Reihe seiner 'hinzugewählten Einzelpersönlichkeiten' auf", heißt es bei katholisch.de. Mit Stolz verweist das Portal auf die Eignung des Politikers für dieses Amt: "Kritisch äußerte sich Amthor über Gender-Mainstreaming, außerdem positionierte er sich gegen die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie gegen Abtreibungen."
So ein klein wenig können einem die Leute vom Erzbistum Berlin schon leid tun. Die Druckertinte der Pressemitteilung war noch nicht richtig trocken, als Philipp Amthors Name durch alle Medien ging. Allerdings nicht ganz so, wie sich die Berliner Katholiken das vorgestellt hatten.
Der Spiegel deckte am Wochenende auf, dass Amthor tief im Lobbysumpf steckt und das gemeinsam mit dem geschassten Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, der selbst dem rechten Flügel der CDU unangenehm braun erscheint. Zudem beteiligt: Karl-Theodor zu Guttenberg, der "unbestrittene König der politischen Hochstapler" (Zitat Spiegel Online). Es geht weiter um einen Brief auf dem Briefpapier der Bundestagsverwaltung an Wirtschaftsminister Peter Altmaier, in dem Amthor um Unterstützung für die Firma Augustus warb. Und es geht um Aktienoptionen und einen Direktorenposten, die der CDU-Mann von eben dieser Firma erhielt.
Brisant ist auch, dass der vom Spiegel als "die deutsche Antwort auf den österreichischen Kanzler Sebastian Kurz" bezeichnete Jungstar der Konservativen stellvertretendes Mitglied in jenem Untersuchungsausschuss ist, der den Terroranschlag auf den Berliner Breitscheidplatz vom Dezember 2016 aufarbeiten soll. Dieser Ausschuss befasst sich auch mit der Rolle der zuständigen Behörden, zu denen der Verfassungsschutz unter der damaligen Führung seines Freunds und Kollegen Maaßen gehört.
Aber Amthor reagierte gut katholisch: Er "entschuldigte" sich, ohne Schuld einzugestehen. Auf Instagram räumt er ein, einen Fehler gemacht zu haben. Aber nur ein bisschen. (Eine genaue Analyse der "Entschuldigung" hat Lorenz Meyer bei Twitter verfasst.)
Und was könnte – außer dass Amthor nicht CDU-Chef von Meck-Pomm wird – als Konsequenz aus dem Skandal passieren? Etwas, das mit Sicherheit dem Erzbistum Berlin nicht sonderlich gefallen dürfte: Jetzt fordert auch eine der Regierungsparteien die Einrichtung eines Lobbyregisters. Das ist nun mal richtig dumm gelaufen.
Nachtrag am 17.06.2020: Amthor verlässt Amri-U-Ausschuss
17 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Klopft diesen christlich, rechten, bestechlichen Nachwuchspolitikern ordentlich auf die Finger.
Stefan P. am Permanenter Link
Prima Artikel - mir gefällt besonders der Satz: "Er bezeichnete sich selbst in einer Fernsehsendung als "Lebensschützer" und möchte Abtreibungen verbieten – für ihn offenbar ein klares Indiz dafür, dass
Lesenswert in der Tat auch die Analyse der Entschuldigung von Lorenz Meyer. Hörenswert ist zudem der satirische Kommentar von Sarah Bosetti auf WDR 5 mit dem Titel "Nicht käuflich!":
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-satire/audio-nicht-kaeuflich-100.html
Ernst-Günther Krause am Permanenter Link
Ein super Kommentar: Philipp Amthor, ein käuflicher, korrupter alter Mann!
Ludwig A. Minelli am Permanenter Link
Man lese Jesaia 41, 24!
"Seht, ihr seid nichts, und euer Tun ist nichts; ein Gräuel, ewr euch erwählt!"
Werner Koch am Permanenter Link
Die demokratie-schädliche Verquickung von Staats- und Kirchenpositionen in Deutschland wird wieder einmal exemplarisch sichtbar.
"Wie der Diözesanrat der Katholiken im Erzbistum Berlin am Mittwoch bestätigte, nahm er den 27-jährigen Bundestagsabgeordneten in die Reihe seiner 'hinzugewählten Einzelpersönlichkeiten' auf"
Hans Trutnau am Permanenter Link
Der arme Milchbubi - hat ja nix anderes 'gelernt' als politischen Einsatz für unser Land; nur'n büschen zu leidenschaftlich.
Tja, wirklich dumm gelaufen.
Nick am Permanenter Link
Von wegen Milchbubi; das ist der älteste 27-Jährige Deutschlands!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ähm, weißichdoch - aber schon das 1. Bild, bitte...!
Werner Helbling am Permanenter Link
«Aber mal ehrlich - das ist die andere, besorgniserregendere Seite -, solche Typen werden *gewählt*!»
Hans Trutnau am Permanenter Link
Da "liegt der Hund begraben", in der Tat, bzw. der Hase im Pfeffer.
Aber nicht aufgeben, immer fleißig aufklären, opponieren, anecken - und outen, auch im Freundeskreis; das wirkt!
Kathi am Permanenter Link
Was haben wir anderes erwartet, von katholisch und christlich. Regel Nr. 1: Schuld sind immer die anderen.
Regel Nr. 3: Wenn das alles auch nicht mehr funktioniert, muss der "liebe Gott" es halt richten. Daher braucht dieser Typ sich auch nicht entschuldigen. Wozu? Verantwortung übernimmt er sowieso nicht.
Sonst müsste er sich ja selbst bewegen. (Vorsicht Ironie)
Politik und Religion wird in Deutschland sowieso meistens vermischt, zumal dass dann auch mit der Schuldfrage besser klappt. Dass die Katholische Kirche eine gemeinsame Vergangenheit mit kriminellen Gestalten hat und auch in der Vergangenheit solche unterstützt hat, ist auch gemeinhin bekannt. Daher sind hier auch die freundschaftlichen Verbindungen nicht überraschend.
Das Ganze wird leider weiterhin vertuscht, verdeckt und von Staats wegen zum Teil auch noch legalisiert.
Wer da nicht mitmachen will, wird unter Druck gesetzt. Die Missbrauchsfälle mit Bewährungsstrafen, billigen Schadenersatzzahlungen an die Opfer zeigen das Prinzip doch, sofern die Typen überhaupt vor Gericht gestellt werden und nicht eigene Verfahren machen dürfen. Letzteres verläuft sowieso oft im Sande.
Karriere macht in der Kirche der, der möglichst viel Potential zur Vertuschung hat. Siehe Protzbischof von Limburg. Daher kann man diese Typen auch nicht als Lebensschützer, sondern eher als Täterschützer bezeichnen.
Der Rest tritt aus oder putzt die Gebäude, natürlich ehrenamtlich versteht sich. Letzteres sind die, die das eigene Denken aufgeben, aber auch das Potenzial zum Vertuschen nicht haben. Letztere reden sich die Kirche solange schön bis es denn passt.
Darum ist Aufklärung so wichtig, auch in punkto der Strategien dieser Institutionen.
Es hilft nur eines: Austreten aus Kirchen und religiösen Parteiungen. Und eine saubere Trennung von Staat und Kirche vollziehen.
Sonst geht das Elend weiter.
A.S. am Permanenter Link
Herr Amthor "verkauft" seine Stimme im Parlament meistbietend und mehrfach. Er ist nicht der einzige.
"Bezahlen" lässte er sich teils in Geld, teils in Pöstchen, die sein soziales Renomee heben. Beides ist nützlich für seine Wiedewahl.
Philipp Amthor hat begriffen, wie unsere Demokratie funktioniert und welch mächtige "Politikermacher" die Kirchen sind. Dumm nur, dass er in so jungen Jahren ertappt wurde. (Ironie)
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ironie? Bittere Wahrheit...
Rene Goeckel am Permanenter Link
Dafür hat er sich doch werbewirksam katholisch taufen lassen. Einfach nur widerlich.
Karlheinz B. am Permanenter Link
Auf einen Religioten mehr oder weniger in der Politik kommt es nicht mehr an.
René am Permanenter Link
@Karlheinz B.: Den Beitrag verstehe ich nicht. Von solchen Figuren wirst Du doch regiert! Es handelt sich doch hier lediglich um Nachwuchs, der sich ungeschickt frühzeitig hat erwischen lassen.
Stefan Dewald am Permanenter Link
Ich stelle fest er ist ein vollausgebildeter CDU-Berufspolitiker. Dr. Helmut wäre sicher stolz auf ihn.