Je mehr Ressourcen innerhalb einer Gesellschaft geteilt werden, desto besser für Gesundheit und Langlebigkeit des Einzelnen. Fanny Kluge und Tobias Vogt vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung analysierten Daten für 34 Länder auf allen Kontinenten und fanden einen starken Zusammenhang zwischen der Menge geteilter Ressourcen und der durchschnittlichen Länge des Lebens.
Geben und Nehmen steigert das Wohlbefinden: Der Empfänger profitiert direkt vom Geschenk, der Geber indirekt durch emotionale Befriedigung. Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht wurde, legt nun nahe, dass auch länger lebt, wer mehr teilt. Fanny Kluge und Tobias Vogt fanden in ihrer Analyse eine starke lineare Beziehung zwischen der Großzügigkeit in einer Gesellschaft und der durchschnittlichen Lebenserwartung ihrer Mitglieder. Die Forschenden am Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock gehen deshalb davon aus, dass Menschen in Gesellschaften älter werden, in denen sie sich gegenseitig mit Ressourcen unterstützen.
"Neu an unserer Studie ist, dass wir zum ersten Mal Transferleistungen von Staat und Familie zusammengefasst und ihren Effekt ausgewertet haben", sagt Fanny Kluge. Die Forschenden verwendeten Daten aus 34 Ländern auf allen Kontinenten, die vom Projekt "National Transfer Accounts" zusammengestellt wurden. Für alle Länder werden staatliche und private Transferleistungen, die jeder Einzelne über seine Lebenszeit erhält und gibt, aufsummiert und ins Verhältnis zum Lebenseinkommen gesetzt. Gesellschaften in westeuropäischen Ländern teilen viel und leben lang, Länder in Subsahara-Afrika wie Senegal teilen den geringsten Anteil ihres Einkommens und haben von allen untersuchten Ländern die höchste Sterblichkeitsrate.
Wer wenig teilt, stirbt früher
Obwohl Südafrika wirtschaftlich besser entwickelt ist als andere afrikanische Länder, werden dort wenige Güter umverteilt, auch hier ist die Sterblichkeitsrate vergleichsweise hoch. Erhöht ist in diesen Ländern auch die Sterblichkeit von Kindern und Jugendlichen im Alter bis 20 Jahren, verglichen mit den anderen untersuchten Ländern. "Unsere Analysen legen nahe, dass Umverteilung die Sterblichkeitsrate eines Landes entscheidend beeinflusst, unabhängig vom Bruttoinlandsprodukt pro Kopf", sagt Fanny Kluge.
Gesellschaften in westeuropäischen Ländern und Japan geben viel an die Jüngsten und Ältesten weiter. Hier sind die Sterblichkeitsraten niedrig. Auch in den untersuchten südamerikanischen Ländern sind die Transferleistungen hoch. Dort teilen die Menschen mehr als 60 Prozent ihres durchschnittlichen Lebenseinkommens mit anderen. Ihre Sterblichkeitsraten liegen niedriger als in den Ländern Subsahara-Afrikas, jedoch über denen von Westeuropa, Australien, Japan und Taiwan.
In Frankreich und Japan, den beiden Ländern mit den niedrigsten Sterblichkeitsraten aller untersuchten Länder, teilt ein durchschnittlicher Bürger zwischen 68 und 69 Prozent seines Lebenszeiteinkommens mit anderen. Hier ist für Menschen über 65 Jahre das Risiko, im kommenden Jahr zu sterben, nur halb so groß wie in China oder der Türkei, wo zwischen 44 und 48 Prozent des Lebenszeiteinkommens umverteilt werden. "Besonders interessant finde ich, dass die beschriebene Beziehung zwischen Großzügigkeit und Lebensdauer nicht davon abhängt, ob die Zuwendungen vom Staat oder aus dem familiären Umfeld kommen", sagt Fanny Kluge. Beides lässt die Bevölkerung im Vergleich zu Gesellschaften mit weniger Transferleistungen älter werden. (mpg)
8 Kommentare
Kommentare
David Z am Permanenter Link
Korrelation ist nicht gleich Kausalität.
Bernd Neves am Permanenter Link
Ziemlich schräge "Interpretation" des Artikels.
David Z am Permanenter Link
Wieso? Steht doch so im Artikel.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Das beweist das alte Sprichwort, Geben ist seliger als nehmen, welches die Kirchen immer
predigen, welches diese aber genau andersherum auslegen.
Markus Schiele am Permanenter Link
Kausalität oder Korrelation???
Daniel Schoch am Permanenter Link
Die Kausalität ist wohl eher anders herum. Jedenfalls ist der untersuchte Zusammenhang von geringem Wert, wenn man nicht auf Wirtschaftsleistung (GDP per capita) kontrolliert.
Roland Weber am Permanenter Link
Eine wünschenswerte These - aber nur eine These, die in einem viel zu komplexen Umfeld vertreten wird.
Wen interessiert es, ob "Gesellschaften" älter werden? Wieviel Qualität hat denn dieses "Älterwerden"? Von den Problemen "älterer Gesellschaften" spricht man besser auch nicht. Wollen oder können wir z.B. in Deutschland wollen, dass unsere Gesellschaft noch älter wird? Ich habe da so grundlegende Zweifel.
Kurz: Derartige Verlautbarungen sind unbrauchbar und entbehrlich.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Roland, das ist eine der üblichen PMs der MPG, von deren PR-Abteilung verfasst und vermutlich von den Autoren nicht gegengelesen; deren frei verfügbares Original-PNAS-Paper ist in der MPG-PM übrigens verlinkt.