Nachdem sich das Machtverhältnis im Obersten Gericht der USA zugunsten der konservativen Kräfte gedreht hat, planen zwei der amtierenden Richter nun bereits die Wiederabschaffung der Gleichgeschlechtlichen Ehe auf Bundesebene.
Die beiden Richterkollegen des US-Supreme Courts, Samuel Alito (70) und Clarence Thomas (72) haben dem Gericht vorgeschlagen, das Urteil zur Eheöffnung für homosexuelle Paare aus dem Jahr 2015 noch einmal neu aufzurollen. Damals beschloss man im hohen Gericht mit fünf zu vier Stimmen, die Ablehnung der Trauung homosexueller Paare als verfassungswidrige Diskriminierung einzustufen, was mit knapper Mehrheit gleichgeschlechtlichen Paaren eine sichere Rechtsgrundlage für Eheschließungen gab.
Der erneute Vorstoß der Richter kommt nicht von ungefähr. Durch die als sicher geltende baldige Berufung der strengkonservativen bibeltreuen Katholikin Amy Coney Barrett in den Obersten Gerichtshof der USA haben die konservativen Kräfte nun eine deutliche Überrepräsentanz. Der hpd berichtete bereits von der neuen Richterin und ihrer möglichen Höhergewichtung der Bibel über die Verfassung. Bei ihren religiösen und politischen Einstellungen haben die beiden Richter sie daher aller Wahrscheinlichkeit nach auf ihrer Seite.
Die Richter begründen ihren Wunsch nach Revision damit, dass die homosexuellenfeindliche, fundamentalistische Christin Kim Davis, die sich weigerte, in einem Standesamt Heiratsurkunden für gleichgeschlechtliche Paare auszustellen, eine Klage gegen das Urteil des Supreme Courts eingelegt hatte. Davis wurde damals von gleichgeschlechtlichen Paaren rechtmäßig verklagt, weil sie sie als Standesbeamtin in Rowan County im US-Bundesstaat Kentucky nicht trauen wollte. Der Fall erregte großes Aufsehen und gelangte weltweit in die Schlagzeilen.
Davis habe sich angeblich in einem Zwiespalt "zwischen ihren religiösen Überzeugungen und ihrem Arbeitsplatz" befunden, schrieb Alito in einer Stellungnahme, der sich Thomas anschloss. "Als sie sich entschied, ihrem Glauben zu folgen, wurde sie sofort verklagt", heißt es weiter. Damit wäre Davis Recht auf Religionsfreiheit verletzt worden.
Die beiden Richter behaupten, die Entscheidung des Verfassungsgerichtes sei schlichtweg in die Verfassung hineininterpretiert worden, statt die Entscheidung den einzelnen Bundesstaaten zu überlassen. Damit streben die Richter eine Verlagerung der Entscheidung zur Eheöffnung zurück an die Bundesstaaten an. Von den 50 Staaten hatten 36 die gleichgeschlechtliche Ehe bereits vor dem Urteil anerkannt.
Nun tritt vermutlich das ein, was von liberaler Seite bereits befürchtet worden war: Die neuen Machtverhältnisse im Supreme Court werden dafür genutzt, bereits erkämpfte Freiheiten wieder einzuschränken. Besonders Themen, welche fundamentalistischen und stark konservativen Christen ein Dorn im Auge sind – wie die gleichgeschlechtliche Ehe – geraten unter erneuten Beschuss.
Auch steht die Befürchtung im Raum, dass das Recht auf Abtreibung, welches ebenfalls schwer gegen christliche Hardliner erkämpft wurde, jetzt, da sie auch im Obersten Gericht als Richter mit am Tisch sitzen, eine Revision erfahren könnte. Denn die neue Richterin Amy Coney Barrett soll unter anderem behauptet haben, ihre richterliche Karriere sei ein "Mittel zum Zweck" – und dieser Zweck ist, "das Reich Gottes aufzubauen". Mit Barrett im obersten Verfassungsgericht wird es daher sicherlich noch einige "spektakuläre" Urteilsfindungen geben.
8 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
1968 nannten das die Linken den "Marsch durch die Institutionen". Überraschet es, dass die Ultrareligiösen sich diese erfolgreiche Strategie angeeignet haben?
Für die Demokratie bedeutet es praktisch: Ihre Unterwanderbarkeit ist ihre Achilles-Ferse.
Gegen eine zeitgleich stattfindende Unterwanderung von Legislative, Judikative, Exekutive und der Medien gibt es keine wirksamen "Checks and Balances". In meinen Augen haben wir da ein Riesenproblem.
David Z am Permanenter Link
Guter Punkt. Der allerdings für beide Ausrichtungen gilt.
Klaus Bernd am Permanenter Link
„Lawfare“ ist wirklich ein sehr brauchbarer Begriff. Allerdings fehlt in Wikipedia noch die hier anzuwendende Bedeutung: Unterwanderung der Gerichte durch ideologisch genehme Richter.
Habe in den Berichten über die Missbrauchsstudie im Bistum Mainz noch einen anderen „witzigen“ Begriff gelernt: „gezielte Aktenführung“. Der könnte im Zusammenhang mit Missbrauchsprozessen sehr nützlich sein, um Aktenfälschung und Aktenvernichtung der Strafbarkeit zu entziehen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Holzauge, sei wachsam - die Reconquista schläft nie!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
das ganze bedeutet nichts anderes als, Homosexuelle und Lesben ect. wieder zu diskreditieren, so wie es vorher war, also ein eklatanter Rückschritt in alte Strukturen
Amerika ideologisch zurück ins Mittelalter!!! Die Menschheit muss noch lange auf die erlösende Vernunft der Humanität warten.
A.S. am Permanenter Link
Humanität kommt nicht von alleine. Der Fortschritt, den die Inhumanen im gesellschaftlichen Machtkampf derzeit erringen ist 1:1 ein Versagen der Humanisten.
Die Religionen erzählen den Menschen viele Märchen. Eines dieser Märchen besagt, dass die Religionen den Menschen Frieden bringen würden. Auf dieses Märchen sind leider sehr viele Humansiten herein gefallen - so meine Erkenntnis von den Humanistentagen 2017 und 2019.
Die Religionen dienen mit ihrer Kadaver-Gehorsams-Ethik und dem Wiederauferstehungsmärchen dem Kriege, nicht dem Frieden.
Die Militär"seelsorge" dient der Kampfkraft-Stärkung und beginnt bereits in der Schule.
Den flächendeckenden Religionsunterricht in den Schulen verdanken wir den Nazis. Wären die Nazis von der angeblichen friedenstiftenden Wirkung der Religionen ausgegangen, hätten die das nie gemacht. Hitler&Co. haben gewusst, wozu Religion dient.
Und wir sehen heute überall in der Welt: Erst wird Religion gefördert, eine Jahre später gibt es Krieg (Rußland, Türkei, Indien, die USA rüsten gerade religiös auf). Der Wiederauferstehungsglaube versüßt erfolgreich den Heldentod.
Ohne die Religionen/Religiösen wäre im nahen Osten längst ein Kompromiss-Frieden geschlossen worden.
So wie unsere eigene Regierung die Religionen fördert, will sie uns Deutsche entweder wieder kriegstauglich machen oder ist vollkommen religiös verblendet.
Ohne Wiederauferstehungsglauben zieht kein Volk in den Krieg, es sei denn aus purer Not.
A.S. am Permanenter Link
Nachtrag: Für einen Krieg braucht man viele Soldaten. Auch die Gebär-Kampagne der Ultrareligiösen dient in meinen Augen der Kriegsvorbereitung.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo A.S.
absolut richtig durchschaut, genau das ist Kirche und ich fürchte, dass die Welt durch deren
Machenschaften und Machtgelüste in eine Apokalypse rennt. Religion ist Todessehnsucht