Es ist schon fast zum Ritual geworden: Wann immer sich der schweizer Autor Hugo Stamm kritisch mit dem christlichen Glauben, mit Freikirchen oder der katholischen Kirche auseinandersetzt, greifen Gläubige zum Stereotyp des "Christen-Bashings". Dem Vorwurf folgt oft die Aussage, er würde christliche Gemeinschaften kritisieren, den Islam aber schonen.
Dann folgt oft das Killerargument: Mir fehle der Mut, den Islam in die Zange zu nehmen, ich sei schwach und feige. Nun darf natürlich jeder seine eigene Meinung haben. Wünschenswert wäre allerdings, wenn sich die Kritiker zuerst informieren würden, bevor sie ihre Pauschalurteile in Kommentare gießen.
Ich glaube, behaupten zu können, nicht ängstlich zu sein. Ich setze mich seit 1974 mit sektenhaften Gruppen und Bewegungen auseinander. So begann ich als "Tagi"-Journalist, über Scientology zu recherchieren und schrieb schließlich ein Buch über die Sekte. Seither bin ich auf der Liste ihrer Feinde weit oben, zumal ich insgesamt mehrere hundert Artikel über Scientology publiziert habe. Auch Dutzende andere sektenhafte Gruppen habe ich nie geschont.
Außerdem habe ich bei rund 1.000 Vorträgen und vielen Medienauftritten stets Klartext gesprochen. Ich scheute mich auch in meinen Artikeln nicht, Sektenführer und sektenhafte Gemeinschaften mit ungeschminkten Worten zu kritisieren.
Angriffe und Steine im Schlafzimmer
Das Resultat waren über 100 Strafanzeigen und rund 50 Prozesse. Selbst diese rechtlichen Angriffe konnten mich nicht an meiner Aufklärungsarbeit hindern. Ich wurde beschattet, nach einem Vortrag niedergeschlagen, Steine flogen des nachts in mein Schlafzimmer – auch diese Repressionen verschiedener Sekten steckte ich weg.
Ich habe auch keine Angst, mich kritisch mit dem Islam auseinanderzusetzen. Ich tat es gelegentlich im Blog und in Fernsehauftritten, unter anderem in der "Arena". Es gibt aber klare Gründe, weshalb ich den Islam und islamische Gemeinschaften seltener thematisiere.
Zum einen: Die meisten Muslime, die bei uns ansässig sind, praktizieren ihren Glauben nicht oder leben ihn moderat. Sie sind nicht auffällig, missionieren nicht und stören niemanden. Sie geben deshalb keinen Stoff für einen Text in meinem Blog her.
Zum andern: Die problematischen Gruppen sind ohnehin im Visier der Medien, der Öffentlichkeit, dem Nachrichtendienst und der Polizei. Die kleinsten Auffälligkeiten in diesen gefährlichen Milieus sorgen für dicke Schlagzeilen.
Deshalb ist es müßig, wenn ich diese Ereignisse ebenfalls aufnehme, zumal es bei uns bisher noch keine Anschläge gegeben hat. Das würde nur Sinn ergeben, wenn ich selbst neue Fakten und Erkenntnisse aufspüren würde.
Meine Zurückhaltung beim Thema Islam hat also nicht mit Angst oder Feigheit zu tun, sondern mit sachlichen und journalistischen Gründen. Um alle Zweifel auszuräumen, gebe ich auch hier ein Statement ab:
Ja, islamistische Gruppen und Bewegungen, die Krieg führen und Terroranschläge verüben, sind Mörderbanden. Islamisten, die unschuldige Personen wahllos ermorden, handeln abscheulich, sind skrupellos, entmenschlicht, gehirngewaschen, brutal. Auch die Fanatiker, die die Missionarin Beatrice Stöckli entführt und bestialisch ermordet haben, müssen als Unmenschen bezeichnet werden.
Kein Beitrag zu Radikalisierungstendenzen
Und nun? Wo liegt der Erkenntnisgewinn meiner Aussagen? Was ist erhellend oder überraschend daran? Nichts. Das alles wissen wir längst. Schließlich gibt es kaum eine Frage, in der sich die Gesellschaft so einig ist wie bei der Beurteilung der Islamisten und ihrer verbrecherischen Organisationen.
Was soll ich da noch schreiben, was soll man diskutieren? Denn alle Kommentatoren und Kommentatorinnen würden sich zu Recht gegenseitig bestätigen, wie schlimm die Islamisten sind.
Es gibt auch einen praktischen Grund für meine Zurückhaltung. Texte zu islamischen Fragen ziehen reflexartig Islamhasser an. Das kann zu einer Vergiftung des sozialen Klimas führen. Moderate Muslime werden dann oft mit den Fanatikern in einen Topf geworfen.
Dabei fühlen sich manche Muslime ausgegrenzt und sind eher empfänglich für die missionierenden Fanatiker. Es kann nicht sein, dass ich seit über 40 Jahren gegen Radikalisierungstendenzen in religiösen Gemeinschaften kämpfe, um schließlich selbst einen Beitrag dazu zu leisten.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
10 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
"Es gibt auch einen praktischen Grund für meine Zurückhaltung. Texte zu islamischen Fragen ziehen reflexartig Islamhasser an. Das kann zu einer Vergiftung des sozialen Klimas führen.
Diese Problematik kann ich nachvollziehen. Aber:
Entsteht das Problem nicht dadurch, dass Religionskritik mit Menschenkritik gleichgesetzt wird?
Die Gleichsetzung, die von den islamischen Führern vorgenommen wird, von ihren Gläubigen übernommen wird, die von "dummen Linken" und "dummen Humanisten" aus falsch verstandener Toleranz nachgebetet wird, hat Methode.
Aus der Falle lässt sich m.E. auf zwei Wegen entkommen:
- durch generelle, konfessions-unabhängige Religionskritik
- durch die strikte Unterscheidung von Mensch und (Aber-)Glaube.
Menschen verdienen Respekt.
Aberglaube verdient keinen Respekt, sondern Aufklärung.
Noch ein kleiner Beitrag zur Aufklärung:
1. Menschen werden nicht gläubig geboren, sondern gläubig gemacht. Das beginnt gewissermaßen schon im Kreißsaal einer kirchlichen Klinik. Diese Einsicht wirft die Frage auf, warum eigentlich Menschen gläubig gemacht werden und warum der Staat dabei so viel hilft.
2. Die Formulierung "jemanden etwas glauben machen" bedeutet soviel wie "jemanden täuschen". Werden die Menschen mit Religion getäuscht? Von den religiösen Führern? Vom Staat? Von beiden zusammen?
Viel Spaß bei Nachdenken über diese beiden Aspekte!
M. Landau am Permanenter Link
Das kann sein und ich tendiere dazu Ihnen zuzustimmen.
»» Menschen verdienen Respekt. ««
»» Aberglaube verdient keinen Respekt, sondern Aufklärung. ««
Und wem wollen Sie die Aufklärung angedeihen lassen? Doch den Menschen, die diesem (Aber)Glauben anhängen.
»» "jemanden etwas glauben machen"
=
»» "jemanden täuschen"
Die Religion täuscht die Menschen und sozialisiert (nicht: indoktriniert - ich komme darauf zurück) sie in einer Weise, die dazu führt, dass die derart Sozialisierten und Assimilierten, denjenigen die sie dazu bringen, sprich erziehen, motivieren, verleiten, verführen, usw., bedingungslos vertrauen. Kinder sind, zumindest bis zum Alter von 4 bis 5 Jahren noch gar nicht in der Lage Glaubenszusammenhänge zu erfassen, geschweige denn sie zu verstehen. Aber 2 bis 3-Jährige sind in der Lage binnen weniger Monate eine Sprache perfekt zu erlernen, ohne lesen und schreiben zu können. Dies, um daran zu erinnern, dass gerade die ersten Jahre unseres Lebens uns maßgeblich prägen, emotional und sozial aber auch kognitiv und psychisch. Vieles geschieht in sozialer Interaktion auf unterschiedlichen Ebenen. Gewisse Anlagen zu Fähigkeiten und Begabungen sollen sich sogar schon vor der Geburt entwickeln, bspw. die Affinität zur Musik, wir können sie bereits im Mutterleib hören. Erst nach alledem kommt die Indoktrination zum Zuge, die auf die bis dahin erfolgte Sozialisierung und dem konsolidierten Vertrauen, aufbauen kann.
Genau deshalb ist es relativ schwierig einen Erwachsenen derart zu indoktrinieren, dass es so nachhaltig durchschlägt wie beim sogenannten Kinderglauben. Im Erwachsenenalter nennt man das Hirnwäsche, die funktioniert, ist aber bei weitem nicht so 'fest im Glauben' und nicht selten finden die derart 'Behandelten' dort wieder heraus, meist mit Hilfe aber manche schaffen es auch ohne. Der Grund dafür ist naheliegend, eine positiv besetzte Sozialisierung findet meist nicht statt - ein Umerziehungslager ist kein Weihnachtsfest - und die Indoktrination fängt sogleich an, fast immer unter 'Druck' durch psychologische und auch physische Gewalt. Zu allen Zeiten hat es natürlich auch Menschen gegeben, die von selbst darauf gekommen sind. Vielleicht hatten sie auch ein Umfeld wo ihnen intellektuelle Alternativen angeboten wurden. Nicht wenige von ihnen haben diese Offenheit mit dem Leben bezahlt. Lange Jahrhunderte hindurch war es lebensgefährlich gegen die Glaubensdiktatoren zu opponieren, drum haben die meisten es vorgezogen zu schweigen und diese traurige gute Mine zum bösen Spiel zu machen. Irgendwann wird dann auch das zur alltäglichen Routine.
Aber zurück zur Ausgangsfrage. Ab Alter 5-6 fängt dann stufenweise die Indoktrination an. Auch heute noch ist Angst dabei ein gängiges Mittel, auch wenn es nicht mehr so krass wie noch vor einigen Jahrzehnten, dargestellt wird. Als gut gilt nach wie vor was gläubig ist und 'weniger gut' und auch sonst negativ besetzt, wer nicht glaubt. In der Summe ist das immer noch dasselbe wie eh und je.
Religiöse Vereinnahmung, seit der frühesten Kindheit, mit einer simplen Täuschung abzutun, halte ich für beinahe verharmlosend. Vergessen Sie bitte nicht, dass das ganze Leben dieser armen Menschen allumfassend manipuliert wird und sie, durch eben genau diese religiöse Konditionierung in 'mentalen und empathischen Grenzen' leben müssen, die sie nicht selbst bestimmt haben und können und die sie von sich aus kaum oder nur bedingt werden überwinden können. Auch wenn es jemand schafft sich davon freizumachen und davon loskommt, so ist der angerichtete seelische, geistige wie auch der wirtschaftliche und finanzielle Schaden kaum wieder gut zu machen; letztlich bleibt immer etwas hängen. Oft beeinflusst die religiöse Ideologie auch die Wahl des Arbeitsplatzes oder die der Berufswahl. Unsummen an Kirchensteuer sind verloren. Die vielen Jahre und Jahrzehnte sind unwiederbringlich dahin, die Kindheit und die Jugend, fixiert durch undurchdringliche mentale Fesseln und die verwehrte Freiheit wird ihnen niemand mehr wiedergeben können.
Religion war und ist zweifelsohne politisch, selbst wenn Staat und Religion strikt voneinander getrennt sind. Religionen sind dazu ersonnen worden Menschen zu lenken. Damit diese Menschen dem Diktat folgen wird das Gesagte als Göttlich deklariert und fertig ist die Religion. In der Antike hat man die Herrscher selbst zu Göttern erklärt, was die ganze Angelegenheit wesentlich vereinfacht und die Prozeduren abkürzt, der Gott-Herrscher ist Gesetzgeber und Richter zugleich.
Was aber geschieht, wenn man über Religion aufklären will? Es rollen Köpfe, wie in Frankreich in den letzten Tagen. Es spielt keine Rolle welches Label die Religion hat, es gibt keine moderaten Religiösen. Wenn sie sich geläutert geben, dann meist nur weil der säkulare und hoffentlich humanistische rechtliche Rahmen ihnen Grenzen setzt. Wo religiöse Gesetze herrschen, ist es vorbei mit der Humanität. Das ist so, weil es nie anders war, zumindest nicht in diesem Teil des Universums. Glaube ist nicht rational. Vor dem oben geschilderten Hintergrund, werden Aufklärung und Ratio keinen Religiösen überzeugen können.
Das Wort Islam, also Unterwerfung, hatte ich bisher vermieden. Der Grund dafür ist derselbe wie zuvor. Es spielt keine Rolle welches Schild dranhängt, der Inhalt der Religionen ist immer gleich giftig. Daher halte ich auch von diesem Unsinn der Differenzierung von Islam und Islamismus nichts. Nur ein Placebo der Political Correctness. Als Teil diplomatischen Handelns hingegen, halte ich Political Correctness für durchaus sinnvoll. Nur, wenn die Rübe ab ist, dürfte die Diplomatie sich erledigt haben.
A.S. am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Landau,
nur in einem Punkt bin ich nicht ihrer Meinung:
Die religiöse Indoktrinationbeginnt im Alter von Null Jahren, durch Erleben religiöser Rituale in Familie und Gesellschaft sowie beim Erwerb der Sprache, dem Gebrauch religiös gefärbter Redewendungen im Alltag ("Grüß Gott").
Ansonsten: Sie verweisen völlig zu Recht auf den Zusammenhang von Religion und Macht. Ich gehe sogar so weit zu sagen, "Gott ist ein Autoritäts-Beschaffungs-Trick der religiösen Führer", kurz: "Gott ist nur ein Bluff".
Der Kampf gegen jede Religion ist für mich ein Kampf gegen die Herrschaftsansprüche aller religiösen Führer. Wenn demokratische Staaten diesen Kampf nicht konsequent führen, sondern, wie Deutschland, religiöse Indoktrination in Kindergärten und Schulen sogar noch finanzieren, ist es in meinen Augen nur eine Frage der Zeit bis sie untergehen und die Macht im Lande an die religiösen Führer zurück fällt, wie vor 1879.
Der französische Laizismus (wie auch der türkische) hat die Rechnung ohne die Verbissenheit der Religiösen gemacht, sich die Macht zurück zu erkämpfen. Die Verbissenheit rührt aus dem Glauben selbst her, dem (eingeredeten) Auftrag Gottes, ihm (d.h. den religiösen Führern) die Macht im Lande verschaffen zu müssen.
Religionsfreiheit in der Lesart, Religionsausübung und religiöse Indoktrination dürften vom Staat nicht behindert werden, bewirkt, dass die religiösen Führer ungehindert gegen die Demokratie agitieren dürfen.
Meine Lesart von Religionsfreiheit, die früher mal von den Linken unterstützt wurde, ist das Recht, mich nicht religiös indoktrinieren lassen zu müssen.
Und noch etwas muss uns klar sein:
Religionen schleichen sich in die Gesellschaften ein und tun so (täuschen vor!), sie seien lieb, harmlos und wollten nur den Frieden. Sobald aber die religiöse Community eine gewisse Größe erreicht hat, erfolgt der Griff nach der Macht.
M. Landau am Permanenter Link
Hallo,
das mit den Kleinkindern meinte ich auf der Ebene Empathisch-kognitiv vs. Rational-Ideologisch. Grundlage meiner Überlegung liegt in der Fähigkeit der Kinder bis Alter 3-4 indoktrinierende Inhalte, seien Sie auch noch so simpel, überhaupt wahrzunehmen. Was Kinder jedoch unbedingt wahrnehmen und verinnerlichen sind sozialisierende Elemente und Einflüsse, die oft ein Leben lang anhalten. Der Vergleich mit dem Aneignen (bei 2-3-jährigen kann von eigentlichem Lernen noch keine Rede sein) eine Sprache, mag hinken, mir fiel nur gerade nichts anderes ein was einerseits komplex ist und gleichzeitig so schnell in dem Alter 'übernommen' wird. Vermutlich spielt das ohnehin keine Rolle, denn religiösen Eiferern ist es letztlich egal wie sie ihren mentalen Unrat in die Köpfe ihrer Kinder stopfen.
Der französische Laizismus ist sichert nicht unfehlbar, Sie haben die Problematik sehr trefflich umrissen, man denke nur an reaktionäre Gestalten wie etwa Marcel Lefebvre (ehedem Bischof in Frankreich). Dennoch bleibt Frankreich etwa die systematische Diskriminierung der Millionen Arbeitnehmer-innen im 'Raum der Kirche' erspart, jedenfalls rechtlich, um nur einen Unterschied hervorzuheben.
Tatsächlich sind Religionen gegen die Freiheit der Menschen, insofern gehe ich mit Ihnen konform. Leider wird heute immer noch so getan als sei Religion etwas Gutes, Wertvolles - 'unsere christlichen Werte', das 'christliche Menschenbild' - schaut man sich das genauer an, erschaudert es einen... Wenn eine Bundeskanzlerin - wohlgemerkt eine promovierte Naturwissenschaftlerin - solche Dinger raushaut: »»Es ist wahr: Europa ist kein Christenklub. Aber wahr ist auch: Europa ist ein Grundwerteklub. Hier bei uns gelten Menschen- und Bürgerrechte. Diese Menschen- und Bürgerrechte beruhen bei uns ganz wesentlich auf dem Menschenbild des Christentums.«, dann wissen wir, dass der Weg in die Freiheit noch lange und steinig sein wird.
Zur Anmerkung, Merkels religiöser Unsinn ist keineswegs momentane Verirrung oder Satire, nein, die meint das wirklich so.
https://www.pro-medienmagazin.de/politik/2019/07/17/so-steht-merkel-zum-christlichen-glauben/
BTW- Eine naturwissenschaftliche Ausbildung ist noch lange keine Garantie für ein rationales (nicht mehr, aber bitte auch nicht weniger) Weltbild. Das hat uns Prof. TV Harald Lesch 2017 - 500 Jahre Reformation - in erschreckender Ausführlichkeit dargelegt.
... auf Martin Luthers Spuren, gleich als Fortsetzungsroman
https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x/der-grosse-anfang---500-jahre-reformation-100.html
Das ist dann Harrys ganz persönlicher Mister Hyde und keine marginale Randerscheinung, sondern eine Art gesellschaftlicher Konsens.
Diese Kuh bzw. diese Kuhherden sind noch lange nicht vom Eis...
Danke für Ihre interessanten und anregenden Ausführungen :-)
A.S. am Permanenter Link
Hallo Herr Landau,
ja, Kleinkinder können lernen duch Aneignung und Nachmachen. Sie können aber noch nicht gut reflektieren. Diese Fähigkeit entwickelt sich erst allmählich.
Um Indoktrination als solche zu erkennen braucht es einiges an Lebenserfahrung und Wissen um die indoktrinativen Methoden. Damit sind kleine Kinder völlig überfordert. Ihr Verstand wird durch Indoktrination förmlich überrannt.
Das zentrale Merkmal von Indoktrination ist die häufige Wiederholung von Behauptungen ohne Beweise für die Behauptung zu erbringen. Möglichkeiten werden zu Schein-Beweisen aufgebauscht. Das macht ganz aktuell Donald Trump, der seinen Anhängern angebliche Wahlfälschung indoktriniert.
Was die Menschen (zumindest in Europa) aus den Eregnissen der Zwischenweltkriegszeit gelernt haben (sollten) ist, laute, schrille Indoktrination zu erkennen. Das ist vielleicht auch der Unterschied zu den Amerikanern, die diese Erfahrung so wie wir noch nicht gemacht haben.
Was uns und vielen anderen Völkern fehlt, ist das Verständnis für "leise" Indoktrination, die sich ohne dass wir es bemerken in unser Hirn schleicht. In der Literatur habe ich den Begriff "latente Indoktrination" gefunden, der wohl das gleiche meint. In der Psychologie kennt man die Phänomene "Framing", "Anchoring" und "Priming", die auch unterbewusst stattfindende Manipulationsvorgänge beschreiben. Für all diese Dinge gibt es viel zu wenig öffentliches Bewusstsein. Das wäre ein weites Aufgabenfeld für nicht-religionsbezogene Aufklärung.
Ein wichtiger Kanal für solche leise Indoktrination ist die Kultur. Überall herumhängende Kruzifixe, Alltagsfloskeln mit religiösem Bezug, "Grüß Gott", all das bewirkt "leise Indoktrination" bei den Erwachsenen wie bei den Kindern. Gleiches gilt für religiös vereinnahmte Riten und Gebräuche. Geschenke "vom Christkind" bewirken die Indoktrination einer Vorstellung von überirdischen Wesen (dem Christkind) kombiniert mit einer positiven Konotation durch die Geschenke.
Allgemein sehe ich das Verhältnis von Kultur und Religion als das von siamesischen Zwillingen an oder die sprichwörtlichen zwei Seiten der ein und derselben Medallie.
Kulturförderung und Multikulti darf man meiner Meinung nach gerne einmal unter diesem Gesichtspunkt diskutieren, ebenso das Geschwafel von der "christlichen Kultur". These: "Kultur ist ein Medium für leise Indoktrination und wird von den Religionen gezielt genutzt."
Das Pfarrerskinder besonders hart religiös indoktriniert sind braucht nicht zu verwundern. Wie stünde denn ein Pfarrer da, wenn er ungläubige Kinder hätte? So sehe ich auch Frau Merkel als "sehr hart unter DDR-Bedingungen religiös indoktriniert" an. Eingetrichtert wurden ihr m.E. die Doktrinen: "Religion ist etwas uneingeschränkt Gutes", "Religion bringt Frieden in die Welt" (passt zum sozialistischen Traum vom Weltfrieden), "Religion muss geschützt, verteidigt und wo immer gefördert werden". In Kombination mit einem typisch christlichem Helfersyndrom ist das - meiner Ansicht nach - Merkels "Kompass".
Vielen Dank für Ihre Links, Herr Landau. Den zu Merkel habe ich mir angesehen, sehr interessant, den zu Luther ziehe ich mir heute Abend rein.
Merkels angebliche Rationalität halte ich für Propaganda. "Protestantischer Betonkopf" würde m.E. besser passen.
Die Frage nach dem "rationalen Weltbild" halte ich für eine sehr schwierige - vor dem Hintergrund der Beschränktheit des menschlichen Verstandes. Wie rational können wir überhaupt sein? Wie zuverlässig sind "rationale" Erkenntnisse?
Was ich für unabdingbar halte, sind
- das Recht auf Zweifel, auf hinterfragen dürfen
- das Recht und gewissermaßen die Pflicht, Beweise zu fordern
- die freie Meinungsäußerung in Verbindung mit dem Menschenrecht auf Irrtum
- die Beschränkung von Macht
Alledem stehen die Religionen diametral entgegen.
Was ich sehe ist, dass uns religiöse Vorstellungen indoktriniert werden.
Die cui-bono-Frage führt zu den Priestern. Religion nutzt den Priestern.
Sehe ich mit das Verhältnis von Priestern zu Gläubigen an, sehe ich totalitäre Herrschaftsausübung einerseits und schamlose Ausbeutung andererseits. Und viele, viele dumme zweibeinige Schafe.
Fairerweise muss man auch die Ambivalenz von Herrschaft sehen: Wenn Herrscher (Hirten) ihre Tiere melken wollen, müssen sie für ausreichend Futter sorgen.
Roland Weber am Permanenter Link
Ich sehe eines der großen Probleme gerade in den "moderaten Muslimen". Eine nach Inhalt und Anzahl nahezu unbekannte Größe, da von ihnen eben so gut wie nichts verlautet!
Selbst Christen kritisieren ihre Kirche/n eher als ein Muslime einen Imam oder einen islamistischen Wortführer.
Ernst-Günther Krause am Permanenter Link
Ich kann den Inhalt gut nachvollziehen.
David Z am Permanenter Link
Korrekt. Zumal Islamisten nicht wahllos morden. Sie haben ein klar umrissenes Feindbild.
Uwe Wesch am Permanenter Link
Sehen wir uns den Text mal genauer an:
...Es gibt aber klare Gründe, weshalb ich den Islam und islamische Gemeinschaften seltener thematisiere.
Zum einen: Die meisten Muslime, die bei uns ansässig sind, praktizieren ihren Glauben nicht oder leben ihn moderat. Sie sind nicht auffällig, missionieren nicht und stören niemanden. Sie geben deshalb keinen Stoff für einen Text in meinem Blog her...
Und das war es dann schon für ihn, mehr gibt es nicht zu sagen, keine Probleme mit dem Islam außer mit ein paar Radikalen die man ja wie er sagt nicht erreichen kann, also bräuchte es wirklich keine Kritik und keine öffentlichen Diskussionen, keine Analysen, keine Nachfragen, alles gut? Im Gegenteil würde ich sagen, denn schon die ersten Sätze vermitteln ein falsches Bild.
Wer angeblich nicht praktiziert kann auch kein Muslim sein, legt diese Gemeinschaft Wert auf passive Mitglieder die ihre religiösen Pflichten nicht erfüllen, sollten sie nicht einfach abschwören, oder wäre es für sie dann gefährlich, würden andere sozialen Druck ausüben und sie ächten, auch das wäre ein wichtiger Aspekt der hier fehlt.
Und doch, auch vermeintlich nicht Radikale sind auffällig, ich erinnere an die ständigen Kopftuchprovokationen immer mehr bei Einstellungsgesprächen die dann gleich öffentlich gemacht werden, Geschlechtertrennung, Beschneidung, Ramadan, öffentliches Beten, Moscheebauprogramme, halal Läden, Koranschulen, islamische Kindergärten, Erdogan Anhänger, diese Gegenkultur ist nicht mehr zu übersehen.
...Zum andern: Die problematischen Gruppen sind ohnehin im Visier der Medien, der Öffentlichkeit, dem Nachrichtendienst und der Polizei. Die kleinsten Auffälligkeiten in diesen gefährlichen Milieus sorgen für dicke Schlagzeilen...
Stimmt auch nicht, erst nach Anschlägen kümmern sich alle um solche Gruppen, ansonsten können diese Gestalten frei agieren und es sind so viele, dass der Verfassungsschutz bei weitem nicht alle überwachen kann. Man könnte spätestens hier den Eindruck gewinnen der Autor will das Thema Islam komplett vermeiden.
... Deshalb ist es müßig, wenn ich diese Ereignisse ebenfalls aufnehme, zumal es bei uns bisher noch keine Anschläge gegeben hat. Das würde nur Sinn ergeben, wenn ich selbst neue Fakten und Erkenntnisse aufspüren würde...
Ein guter Journalist könnte es auch mal völlig anders angehen, anstatt Terror und Gewalt zu thematisieren könnte man auch mal das Leben des Propheten beleuchten kritisch, was hat er wirklich getrieben, auf welche Weise hat sich der Islam verbreitet in andere Länder, wie viel Aberglauben steckt im Islam, wie viele Mythen werden als Wahrheit genommen, wie sehen die islamischen Erziehungsmethoden aus, was wird in Moscheen verbreitet, welche islamischen Organisationen aus dem Ausland sind hier tätig, wie oft werden Ungläubige im Koran verdammt und ist dieser mit unserer Gesellschaft vereinbar, aber Herr Stamm hält das ja alles für unnötig
...Was soll ich da noch schreiben, was soll man diskutieren? Denn alle Kommentatoren und Kommentatorinnen würden sich zu Recht gegenseitig bestätigen, wie schlimm die Islamisten sind...
Ich habe ihm mal eine kleine Themenauswahl vorgelegt die beliebig erweitert werden könnte
... Es gibt auch einen praktischen Grund für meine Zurückhaltung. Texte zu islamischen Fragen ziehen reflexartig Islamhasser an...
Eine absurde Aussage, kritisiert ein Journalist den Papst, Regierung, Linke, Gewerkschaften, Kirchen, Autofahrer, Sekten, Fußballfans, Corona Leugner, Kapitalismus, Amerika, China, dann zieht das auch Gegner an die kommentieren vielleicht auch mal wütend, aber auch ebenso Befürworter die das Gegenteil behaupten, warum gibt er dem Islam auch hier wieder eine denkwürdige Sonderstellung?
... Das kann zu einer Vergiftung des sozialen Klimas führen...
Muslime haben ja immer die Gelegenheit ihre Positionen vorzutragen und uns zu beschreiben warum es den Islam hier braucht und das dieser doch ganz anders ist als einige meinen. Themen ganz zu verschweigen ist natürlich gerade für einen angeblichen Journalisten der falsche Weg. So gesehen müsste man auch die Schriften von Hamed Samad, Sabatina James, Mina Ahadi, Nekla Kelec, iranischen Menschenrechtlern und anderen verbieten, die aus islamischer Sicht das Klima vergiften, während sie sich nicht genieren über Kritiker herzufallen mit allen Mitteln. Auch die liberale Moschee von Frau Ates war eine Provokation der Muslime und es hätte sie nach Herrn Stamm Vorgaben nicht geben dürfen, wie auch nicht die Reformforderungen von Khorchide.
...Moderate Muslime werden dann oft mit den Fanatikern in einen Topf geworfen...
Wohl die panische Urangst von vielen, lieber nimmt man wohl künftig Fehlentwicklungen in Kauf als ein kritisches Wort auszusprechen und hier erfolgt wieder der unverschämte Vorwurf wir könnten alle nicht Gewalttätige von anderen unterscheiden
...Dabei fühlen sich manche Muslime ausgegrenzt und sind eher empfänglich für die missionierenden Fanatiker...
Der Satz ist entscheidend und entlarvend und man sollte ihn sich wirklich genau überdenken, hier wird die Situation unfreiwillig enthüllt. Die Moderaten die die ganze Zeit gelobt und umschmeichelt werden sind also doch empfänglich für die Botschaft der Radikalen und immer irgendwie in Gefahr die Grenze zu überschreiten, schon dann wenn irgendwo Islamkritik geübt wird, eine Karikatur, ein falscher Satz, eine Nachricht in den Medien genügt wohl schon, diese Leute sind dann also doch nicht gefestigt und unproblematisch obwohl unauffällig. Wäre noch die Frage warum der Staat missionierende Fantiker zulässt und warum moderate Leute ihnen überhaupt zuhören?
David Z am Permanenter Link
"Die meisten Muslime, die bei uns ansässig sind, praktizieren ihren Glauben nicht oder leben ihn moderat."
Das ist in jeder Glaubensgemeinschaft so, auch bei Christen. Demnach gäbe es für Sie auch keinen Grund, Christen zu thematisieren.
"Deshalb ist es müßig, wenn ich diese Ereignisse ebenfalls aufnehme, zumal es bei uns bisher noch keine Anschläge gegeben hat."
Da ist überhaupt nichts müssig. Haben Sie auf Ihren Blog wenigstens die Hebdo Zeichnungen gezeigt oder sich auch hier dezent zurückgehalten? Und wie bitte, keine Anschläge??? Sie meinen vermutlich die Schweiz. In D gab es diverse, und in Europa mehr als genug, um hier journalistischen Handlungsbedarf ableiten zu können. Oder warten Sie lieber auf den Moment, wenn der erste Kopf in der Schweiz rollt?
"Um alle Zweifel auszuräumen, gebe ich auch hier ein Statement ab:..."
Ihr statement ist so generisch inhaltslos und bequem wie das der Islamverbände: "ja, die Islamisten sind ganz doll böse. Aber zum Glueck haben die ja nichts mit dem Islam zu tun." Doch. Haben sie. Deshalb ist es auch völlig unangebracht, sie als "Unmenschen" zu bezeichnen, so als ob man hier klar trennen könnte
"Und nun? Wo liegt der Erkenntnisgewinn meiner Aussagen"
Wenn sie allen ernste glauben, das Thema Islam und Gewalt mit dem gemachten Sprüchlein abgehandelt zu haben, dann haben sie entweder von der Problematik nicht die geringste Ahnung oder spielen hier ein unlauteres Spiel.
"Schließlich gibt es kaum eine Frage, in der sich die Gesellschaft so einig ist wie bei der Beurteilung der Islamisten und ihrer verbrecherischen Organisationen."
Ist sie das? Öffentlich scheint es so. Aber was ist mit denen, die Beifall klatschen? Oder den "Ja, aber" Sagern. Oder den Beschwichtigern, die zaghaft vorschlagen, die Grenzen des Sagbaren zu verschieben.
Die Ablehnung der Mörder ist nicht das Thema. Die Grauzone ist das Problem. Und da gibt es mehr als genug Dissens, der thematisiert werden sollte.
"Es gibt auch einen praktischen Grund für meine Zurückhaltung. Texte zu islamischen Fragen ziehen reflexartig Islamhasser an."
Na wie bequem. Das ist ehrlich gesagt der billigste Ihrer Gründe. Probleme nicht zu thematisieren, weil "man den falschen in die Hände spielt" ist mMn in der Tat feige und intellektuell unredlich.
Grade dieser letzte Absatz bestätigt für mich die Vorwürfe.