Kommentar

Allah und die Linke

Der fatale Umgang der Linken mit dem Islam – aus Furcht, damit Rechten Zündstoff zu liefern, schweigt sie. Galt nicht Religionskritik spätestens mit Voltaire einmal als Selbstverständlichkeit?

Die Tat war barbarisch: Im Oktober wurde der 47-jährige Lehrer Samuel Paty nahe seiner Schule in einem Pariser Vorort auf offener Straße enthauptet. Der Täter: Ein junger islamistischer Terrorist. Patys "Verbrechen": in seiner Unterrichtsstunde zur Meinungsfreiheit hatte er Mohammed-Karikaturen aus der Satirezeitschrift Charlie Hebdo gezeigt. Er wollte denken lehren, nicht glauben.

Der Mord löste Entsetzen aus. Präsident Macron hielt danach auf einer Trauerfeier ein Plädoyer für Meinungsfreiheit und verteidigte die religionskritischen Karikaturen und Texte. Dafür bekam er viel Kritik, vor allem in der islamischen Welt. Das sunnitische Rechtsinstitut Al Azhar in Kairo verurteilte Macrons Aussagen als "rassistisch und dazu geeignet, die Gefühle von zwei Milliarden Muslimen in der Welt entflammen zu lassen". Kurz darauf kam es zu "entflammten" Protesten in muslimischen Ländern und zu Boykottaufrufen gegen Frankreich. Beschämend aber: Macron erhielt kaum Rückendeckung aus Europa, auch nicht aus Deutschland. Keine klaren Worte aus der Politik. Keine Zeitung druckte die Karikaturen (über die Paty aufklären wollte ) nach, nirgendwo gab es Solidaritäts-Demonstrationen. Man blieb im Allgemeinen, verurteilte den "Terror, woher auch immer er kommt …". Von religiösem Wahn wollte niemand reden.

Das demnächst erscheinende Buch von Helmut Ortner trägt den Titel "Widerstreit"
Das demnächst erscheinende Buch von Helmut Ortner trägt den Titel "Widerstreit"

Nach Paris kam Nizza, dann Wien: Allahs verwirrte Bodentruppen setzten ihren mörderischen Amoklauf fort. Er ist der blutige Begleitrahmen eines Prozesses, der seit einigen Jahren im Gange ist: Die Einschüchterung des Denkens, die Bekämpfung des Rechts auf freie Meinung, einschließlich des Rechts auf Spott. Während die Kritik an den Kirchen und am Christentum – inklusive derber Witze über Papst und Klerus – als legitim anerkannt ist, wird Kritik am Islam mit dem Vorwurf der Islamophobie zum Schweigen gebracht. Der Islam wird großflächig exkulpiert.

Dass der mörderische Terror "nichts mit dem Islam zu tun hat", das behaupten auch gerne weite Teile des linken Polit-Milieus. Wer den Islam als doktrinäre, meinungs- und frauenfeindliche Ideologie brandmarkt, wird schnell des Rassismus verdächtigt. Der Begriff Islamophobie wird zum Verteidigungs-Kampfbegriff gegen jede Kritik am Islam gemacht. Das kritische linke Welt-Bewusstsein – ansonsten jederzeit und allerorten abrufbar – kommt zum Erliegen. Was ist da los?

Warum herrscht das große Schweigen, wenn die Werte der Aufklärung durch fundamentalistische Islamisten bedroht werden? Gehört nicht der Kampf für Aufklärung und Freiheit zur politischen DNA der kulturell-politischen Linken? Immerhin: SPD-Vize Kevin Kühnert hat den Anfang gemacht und spricht von einem "blinden Fleck der Linken". Linksfraktionschef Dietmar Bartsch plädiert dafür, endlich "die falsche Scham" abzulegen und auch Grünen-Chef Robert Habeck fordert jetzt eine konsequente Haltung im Kampf gegen militante Islamisten. Schönfärberei hält er für fehl am Platz. Sicherheitsbehörden und Justiz müssten den radikalen Islamismus "mit der ganzen Härte des Gesetzes" verfolgen. Neue Töne aus dem rot-grünen Toleranz-Universum.

Es ist an der Zeit, dass das links-grüne Milieu seine Zurückhaltung im Umgang mit dem politischen Islam aufgibt. Sie müssen ihre Stimme erheben, weil es auch ihre proklamierten Werte sind, die bei ausnahmslos jedem Terroranschlag mit Füßen getreten und mit Sprengsätzen in die Luft gejagt werden. Es geht um den Kampf gegen Gewalt, Terror und religiöse Anmaßung, um die Verteidigung der Weltlichkeit unseres demokratischen Verfassungsstaates. Hier gilt: Der Staat vor Religion, der Bürger vor dem Gläubigen.

Unterstützen Sie uns bei Steady!