Islam- und Muslimenfeindlichkeit – das ist ein Unterschied!

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Salwan Momika beim Verbrennen eines Korans in Stockholm im Juli 2023
Salwan Momika beim Verbrennen eines Korans

Gelegentlich werden in öffentlichen Debatten "Islam"- und "Muslimenfeindlichkeit" gleichgesetzt, womit eine Feindschaft gegen einen bestimmten religiösen Glauben und gegen eine soziale Gruppe auf eine Stufe gestellt werden. In einer modernen Demokratie sollte der hier grundlegende Unterschied nicht nur in der Wortwahl berücksichtigt werden.

Aktuell kann erneut ein Anstieg von Muslimenfeindlichkeit konstatiert werden. Dieser steht für eine Ablehnung der Menschenrechte, gehört doch die Diskriminierung aufgrund von Gruppenzugehörigkeit hierzu. Gelegentlich ist für das Gemeinte von "Islamfeindlichkeit" die Rede, womit ein falscher Begriff in die Debatte kommt. Ein älteres und ein jüngeres Beispiel aus unterschiedlichen Kontexten seien dafür zur Veranschaulichung genannt: Die ersten Berichte des Bielefelder Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung sprachen zunächst von "Islamfeindlichkeit", womit Formen von "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" gegen Muslime erfasst werden sollten. Später benutzte man diese Bezeichnung nicht mehr. Das aktuelle Beispiel meint die Bundesverfassungsschutzberichte in unterschiedlicher Form, worin etwa der AfD bezogen auf ihre Bewertung als "gesichert rechtsextremistisch" entsprechend gelegentlich eine "Islamfeindlichkeit" und nicht nur hier berechtigt eine "Muslimenfeindlichkeit" zugeschrieben wird.

Indessen bestehen bei allen Gemeinsamkeiten von "Islam-" und "Muslimenfeindlichkeit" grundlegende Unterschiede, die in den Bezügen für die Feindlichkeit gegenüber den konkreten Objekten auszumachen sind. Der für die Differenzierung entscheidende Gesichtspunkt ist, dass es einmal gegen eine Menschengruppe und einmal gegen eine Religion geht. Diese problematisierende Anmerkung steht nicht für eine akademische Frage im schlechten Sinne des Wortes. Denn eine grundlegende Ablehnung gegenüber einer bestimmten Glaubensform ist etwas anderes als die gesellschaftliche Herabwürdigung einer konkreten Menschengruppe. Im letztgenannten Fall würden eventuell deren Grundrechte verletzt, zumindest hätte man es mit einer Negativqualifizierung aufgrund von bloßer Religionszugehörigkeit zu tun. Anders verhält es sich bei einer Islamfeindlichkeit, die gegen eine besondere Religion gerichtet ist. Ihr würden negative Eigenschaften unterstellt, wovon Gläubige allenfalls mental, aber nicht persönlich als Menschen betroffen wären.

Das definitorisch Gemeinte veranschaulicht eine vergleichende Perspektive, hier hinsichtlich von Auffassungen gegenüber dem Christentum: "Warum ich kein Christ bin" ist ein bekannter Essay aus dem Jahr 1927 von Bertrand Russell überschrieben, worin der Autor sowohl kursierende Gottesbeweise wie überhöhte Moralansprüche kritisierte und verwarf. Angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung dieser Erörterungen, die mit einer Fundamentalkritik einhergingen, könnte von einer christentumsfeindlichen Positionierung die Rede sein. Entscheidend für die hier zu erörternden Fragen im oben erwähnten Sinn ist indessen, dass Christen damit nicht die Religionsfreiheit abgesprochen werden sollte. Ihr Glaube wurde intellektuell verworfen, aber nicht unter ein Verbot gestellt. In Anlehnung an diese Betrachtungen erschien 1997 "Warum ich kein Muslim bin" von Ibn Warraq, worin eine ähnliche Fundamentalkritik am Islam vorgenommen wurde. Der Autor unterstellte dieser Glaubensform gar eine totalitäre Natur.

Aber auch hier gab es keine politischen Forderungen gegenüber den Gläubigen, die auf die Negierung von deren Religionsfreiheit hinausliefen. Wenn angebliche oder tatsächliche religiöse Gebote indessen mit Grund- und Menschenrechten kollidieren, sollte aber zu deren Gunsten eine Priorisierung der individuellen und sozialen Wertvorstellungen vorgenommen werden. Denn in einer modernen Demokratie, so die Erkenntnis für die Gegenwart, stehen diese über der Religion. Umgekehrt ist eine antireligiöse Einstellung gegen eine oder alle Glaubensvorstellungen eine legitime Position, die man in einer pluralistischen Gesellschaft auf der Grundlage des "überlappenden Konsens" (John Rawls) zugunsten der Menschenrechte einnehmen kann. "Christentums-" und "Islamfeindlichkeit" gehörten dazu, "Christen-" und "Muslimenfeindlichkeit" eben nicht. Die beiden letztgenannten Einstellungen stehen demgegenüber für eine "gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" (Wilhelm Heitmeyer), sowohl in den christlich wie islamisch geprägten Ländern der Welt.

Hinweis des Autors (21.07.2025): Das obige Foto wurde von der Redaktion zum vorliegenden Text ausgewählt. Der Autor des Beitrags hält diese Entscheidung zumindest für unglücklich, erweckt sie doch den Eindruck eines Konsenses mit den gezeigten Vorgehensweisen. Der Autor hält öffentliche Bücherverbrenungen grundsätzlich für verwerflich, sie haben für ihn nichts mit einer aufklärerischen Islam- oder Religionskritik zu tun.

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