Um den steigenden Covid-19-Infektionszahlen zu begegnen, gilt seit vergangener Woche die 3G-Regel: Wer ein Krankenhaus, die Gastronomie oder eine Sportveranstaltung besuchen möchte, muss den vollständigen Impfschutz, die Genesung von Covid-19 oder einen aktuellen Test nachweisen. Das gilt allerdings nicht für Gottesdienste. Erklärt wird die Entscheidung damit, dass Religionsausübung ein Grundrecht sei.
Seit es Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie gibt, gibt es auch Ausnahmen für Kirchen. Das führt nicht nur zu merkwürdigen Erscheinungen wie Fitnessstudios, die sich als Glaubensgemeinschaften deklarieren, oder Trinkfreudige, die im Pub der Tequila-Kirche huldigen, sondern auch zu Uneinigkeit bei Kirchen und Religionsgemeinschaften selbst: Während die einen auf den Schutz ihrer Gläubigen setzen und die 3G-Regel übernehmen, setzen andere auf eigene Konzepte.
Seit dem 23. August gilt in Deutschland die 3G-Regel, nach der entweder ein vollständiger Impfschutz, die Genesung von einer Corona-Infektion oder ein negativer Antigen-Schnelltest (maximal 24 Stunden alt) beziehungsweise ein negativer PCR-Test (maximal 48 Stunden alt) nachgewiesen werden muss, um zum Beispiel Altenheime, Hotels, Restaurants, Krankenhäuser, Fußballspiele, Fitnessstudios oder Konzerte besuchen oder körpernahe Dienstleistungen wie einen Haarschnitt in Anspruch nehmen zu dürfen. Landkreise können die 3G-Regel aussetzen, wenn die 7-Tage-Inzidenz bei ihnen unter 35 bleibt. Zudem ruft die Regierung dazu auf, sich, wenn möglich, impfen zu lassen.
Dass die 3G-Regeln nicht für Kirchen gelten, erklärt die Politik mit Artikel 4 des Grundgesetzes, welcher besagt, dass die ungestörte Religionsausübung gewährleistet wird. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet unterstreicht zudem, dass – nach Erfahrungen der Kirchen – die Gläubigen ohnehin die doppelte Impfung hätten und ein Gottesdienstbesuch nicht mit dem einer Disko zu vergleichen sei.
Das Vertrauen des Politikers teilen die Kirchen offenbar nicht alle: Immerhin empfiehlt zum Beispiel die Evangelische Kirche Westfalen ihren Gemeinden, die 3G-Regel einzuhalten. Natürlich können diese jedoch selbst entscheiden, ob ihrer Ansicht nach die bisherigen Schutzkonzepte ausreichend sind oder ob sie sich mit der 3G-Regel gegen Infektionsausbrüche absichern möchten. Bei privaten Feiern nach Hochzeit oder Taufe gelten übrigens die staatlichen Regelungen.
In Österreich sieht es in Bezug auf die Kirchen und die 3G-Regel ähnlich aus. Auch hier gilt die Regel nicht. Eine Vereinbarung zwischen dem Kultusministerium, Kirchen und Religionsgemeinschaften lief zum 30. Juni aus. Seitdem gelten eigene Schutzkonzepte bei Gottesdienst oder Beichte. Bei einmaligen Feiern wie Taufen oder Hochzeiten sind Präventionskonzepte und -beauftragte vorgesehen. Grundsätzlich wird an Eigenverantwortung und Rücksichtnahme appelliert.
11 Kommentare
Kommentare
Roland Weber am Permanenter Link
Zitat: "... muss den vollständigen Impfschutz, die Genesung von Covid-19 oder einen aktuellen Test nachweisen. Das gilt allerdings nicht für Gottesdienste.
Da staune ich aber! Die Grundrechte beginnen erst hinter der Kirchentür ..!!? Was soll also dann diese Gemeckere? Menschenwürde, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit sind doch nur unverbindliche staatliche Empfehlungen!
A.S. am Permanenter Link
Mann/Frau/Sonstwas darf Gottesdiensten auch fernbleiben. Noch.
Das Interesse der religiösen Führer ist, ihre Gläubigen indoktriniert zu halten. Wie bei jeder Indoktrination spielen Wiederholungen die entscheidende Rolle: Regelmäßig wiederholte Gebete, Fürbitten, Glaubensbekenntnisse, rituelle Übungen, etc.: Das alles dient der Indoktrination von Glaubensinhalten, die man bekanntlich nicht infrage stellen darf.
Deswegen ist in der Kirchenrepublik Deutschland die "Ausübung" von Religion ein "Grundrecht". Dieses "Grundrecht" auszuüben ist für Gläubige eine Grundpflicht.
Eine religiöse Pflicht zum "Grundrecht" umzuformulieren ist Orwells 1984 vom Feinsten.
Zu den indoktrinierten Glaubensinhalten gehören u.a.:
- dass die Bibel heilig sei
- dass die Kirche heilig sei
- dass Religion dem Frieden diene
Meiner Meinung nach ist das alles gelogen.
Der Glaube an die Wiederauferstehung und Belohnungen für tapfere Soldaten im Jenseits dient dem Krieg. Die verheißenen Belohnungen im Jenseits sind vielmehr das Trostpflaster für jene, die von der realen Kriegsbeute nicht abbekommen, weil sie bei Kampfhandlungen krepiert sind. Einen Krieg als "heilig" und Pflicht für jedermann zu erklären, erspart den Kriegsherren jede Menge Soldzahlungen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Hallo A.S. meine Hochachtung, genau so läuft der Hase und die indoktrinierten Menschen sind nicht mehr in der Lage diese Fakten zu hinterfragen, da ihr Gehirn schon völlig blockiert
Paul München am Permanenter Link
In der Wallfahrtskirche im Münchner Stadtteil Ramersdorf läuft derzeit vom 15. August bis 14.
Chr. Nentwig am Permanenter Link
Nicht nur Ihrer Meinung nach ist das alles gelogen. Aber eigentlich sind das peanuts gegenüber den Verbrechen, die sich religiotische Ideologien erlauben.
Christian Nentwig
Ernest Tafardel am Permanenter Link
Ich werde künftig ein Kruzifix und einen Rosenkranz mit ins Frühstückscafé nehmen und mein Frühstück als heiliges Abendmahl deklarieren.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Das kennen wir doch schon lange, für Religionen immer eine Extrawurst, Regeln gelten nur für nichtreligiöse Menschen, die anderen stehen ja unter göttlichen Schutz.
Gläubige halten sich für etwas besseres als der Rest der Menschheit, dabei merken diese nicht, dass sie von den Kirchen und den verschiedenen Religionen nur mit lächerlichen Märchen abgespeist werden und dafür noch Unsummen bezahlen müssen.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Nach ganz überwiegender Rechtsauffassung - auch des BVerfG - kann eine "Rangfolge" von Grundrechten aus dem Grundgesetz nicht entnommen werden (BVerfGE 3, 225 [231 f. u.a.].
Das wird illustriert durch den bereits völlig zutreffend vorgebrachten Einwand, ob der Art. 4 GG hinter der Kirchentür beginne? In der Tat! Wie schwach die Berufung auf Art. 4 GG ("Supergrundrecht", einmal mehr) selbst den Entscheidern vorkam, mag daran deutlich werden, dass sie diesen doch so hochrangig auf Verfassungsebene aufgehängten Entscheid meinen, mit Mutmaßungen über die Impfquote von KirchenbesucherInnen unterfüttern zu müssen ...
Grotesk, in meinen Augen. Sagt denn da keiner der offenbar doch vielen Juristen in den Ministerien und den Beratungsorganen mal was dazu? Nun gut, immerhin haben sie hier eine schöne Vorlage für die Fallsammlung "Verfassungsrecht" im juristischen Repertorium geliefert.
Madoc am Permanenter Link
Natürlich darf man Menschen die Grundrechte nicht einfach so entziehen. Noch nicht mal bei einer Pandemie.
Aber man darf die Grundrechte einschränken. Ob die Einschränkung der Grundrechte verhältnismäßig ist, müssen ggfs. die Gerichte klären.
Das gilt doch auch für die Rechte bezüglich Religionsausübung. Die Kirche sollte da genau so behandelt werden wie jeder andere Ort.
Paul München am Permanenter Link
off topic: hpd-Artikel sind seit heute auf dem Handy leider nicht mehr lesbar, da stets eine Einblendung bezüglich Zustimmung für Cookies erscheint, die weder weggeklickt werden kann, noch irgendwie beantwortet werden
+++
Hallo Herr München!
Wir haben es in der Redaktion gerade mit unseren privaten mobilen Geräten ausprobiert - das Problem taucht bei uns nicht auf. Möglicherweise verursachen (neue) Einstellungen Ihres Handys das Problem.
Sollte das Problem bei Ihnen auch während des Wochenendes weiterhin bestehen oder sollte sonst noch jemand hier dasselbe Problem haben, kontaktieren Sie uns bitte am Montag per Mail unter: redaktion@hpd.de
Wir geben das dann an unsere IT weiter.
MfG Die hpd-Redaktion
Johanna am Permanenter Link
Die Kirchen sind offenbar virenfrei. In München läuft überall das volle Programm.
Ich bin mir sicher, dass die Gläubigen in der Kirche den nötigen Abstand halten und nur hinter vorgehaltener Hand singen.
Draußen vor der Kirche werden die Masken allerdings fallen gelassen, dicht gedrängt unterhält man sich angeregt über die schlimmen Zeiten in denen wir leben (habe ich mal im Vorbeigehen mitbekommen).
Alles recht merkwürdig.