Während die christlichen Kirchen in Deutschland jedes Jahr aufs Neue herbe Mitgliederverluste hinnehmen müssen, setzt sich die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters auf dem Weltanschauungsmarkt derzeit sehr erfolgreich durch. Die Anzahl ihrer Sakralbauten konnte sie 2021 sogar verdoppeln.
Bei den christlichen Kirchen in Deutschland und Europa greift seit Jahren das Gemeindesterben um sich. Da immer mehr Mitglieder austreten und – bei den Katholiken – mangels Bewerbern Pfarrstellen immer seltener nachbesetzt werden können, werden Kirchengemeinden aufgelöst oder zusammengelegt. Da man die Kirchengebäude nicht mehr benötigt, werden sie profaniert, also offiziell entweiht, zur anderweitigen Nutzung freigegeben und mitunter sogar zur Kneipe umgewandelt.
Von solchen Sorgen ist die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland (KdFSMD) weit entfernt. Da nach offizieller Lehre auf gläubige Pastafaris – wie sich die Anhänger der Kirche nennen – im Jenseits ein Biervulkan und eine Stripperfabrik warten, kann sie bei jenen punkten, die den gängigen christlichen Jenseits-Angeboten von Höllenstrafe oder himmlischem Harfespiel eher nichts abgewinnen können. Über mangelnden Zuwachs kann sich die KdFSMD deshalb nicht beklagen. Und während christliche Kirchengebäude profaniert werden, konnte die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters bei der Anzahl ihrer Sakralbauten in diesem Jahr sogar eine Verdoppelung verzeichnen – von einem auf zwei Kirchengebäude.
Dass sich am Gründungsort der ältesten deutschen Spaghettimonstergemeinde in Templin ein Sakralbau der KdFSMD befindet, in dem jeden Freitag (dem heiligen Tag der Pastafaris) um 10:00 Uhr eine Nudelmesse stattfindet, ist spätestens seit dem Streit um die inzwischen berühmten Nudelmessehinweistafeln weltweit bekannt: Die Templiner Gemeinde der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters kämpfte jahrelang um das Recht, ebenso wie die ortsansässigen christlichen Gemeinden mit entsprechenden Hinweistafeln an den Ortseingangsstraßen auf ihre wöchentliche Messe hinzuweisen. Ein Rechtsstreit, über den von Amerika bis Asien berichtet wurde.
Ende August ist in Deutschland nun ein weiteres Sakralgebäude der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland e. V. hinzugekommen. Es befindet sich in Niedersachsen in der Gemeinde Saterland auf halbem Weg zwischen Papenburg und Oldenburg (Geodaten: 53.068554953637, 7.703362927816237). Zum Bau der "Kapelle des Fliegenden Spaghettimonsters zur Heiligen Nudel" in seinem Garten fühlte sich Pastafari Rigo-Toni inspiriert, als er dort nach Wochenendnächten regelmäßig leere Bierflaschen vorfand. Für ihn ein Zeichen, dass sich an diesem Ort wohl ein Ausläufer des Biervulkans befinden müsse. Überdies sei es an der Zeit, so Rigo-Toni, dass im katholischen Saterland auch die Gedanken des Pastafaritums verbreitet würden. "Die Leute in dieser Gegend sind so schwarz, die rußen beim Reden", erklärt der saterländische Pastafari gegenüber dem hpd, "darum müssen hier auch mal dringend andere Weltanschauungen zur Geltung gebracht werden".
Die "Kapelle des Fliegenden Spaghettimonsters zur Heiligen Nudel" steht allen Interessierten offen. Vor einer Besichtigung, einem Gebet oder einer Teilnahme an der jeweils freitags um 10:00 Uhr stattfindenden Nudelmesse bittet Pastafari Rigo-Toni jedoch um Anmeldung. Auch, um in Corona-Zeiten den Strom der Gläubigen besser koordinieren zu können.
Ein Nudelmessehinweisschilderstreit wie in Templin ist im Saterland nicht zu erwarten, da in der Gegend keine Gottesdiensthinweistafeln üblich sind. Allerdings hat Rigo-Toni bei der Gemeindeverwaltung die Aufnahme der neuen pastafarischen Kapelle als Sehenswürdigkeit auf der Website der Gemeinde Saterland beantragt, denn dort wird auch eine christliche Kapelle aufgeführt. Ob es nach dem Schilderstreit von Templin nun zu einem Kapellenkampf im Saterland kommen wird, bleibt abzuwarten.
9 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ich finde diese Persiflage auf die Christlichen Kirchen sowie alle Sakralbauten weltweit einfach genial, dies sollte doch mal zum nachdenken anregen über Sinn und Unsinn von
Peter am Permanenter Link
Religionen haben durchaus ihren Sinn, denn es ist offensichtlich ein Grundbedürfnis der Menschen angelogen zu werden. Außerdem gibt es eben Menschen, die im Diesseits nicht auf der Gewinnerseite sind.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ist mir zu sarkastisch!
Andreas Gradert am Permanenter Link
Wieso Persiflage?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dann nehmen Sie das wohl ernst? genau wie Dick und Doof oder den Weihnachtsmann.
Alice H. am Permanenter Link
JA, nun ist langsam aber sicher auch gut mit diesem menschlich-infantilen "Spaghetti-Monster".
So wie es auch seit langer Zeit vorbei ist mit all diesen menschlich-erfundenen Gottheiten, egal ob feminin oder/und maskulin.
Die Majorität der Tierart MENSCH lernt sehr langsam.
Peter Linke am Permanenter Link
Es geht darum,
1. mithilfe des infantilen Spaghettimonsters die Infantilität der übrigen 500.000 weltweit geglaubten Götter aufzuzeigen.
Peter Linke am Permanenter Link
Die Skurrilität der angebeteten Götter ist den Gläubigen nicht bewusst. Die Skurrilität des Spaghettimonsters hebt sich trotz satirischer Überhöhung kaum von den Figuren der gängigen Religionen ab.
Sei das neue Gotteshaus gesegnet. RAmen.
Peter am Permanenter Link
Ich glaube, dass jedem die Absurdität seiner Religion bewusst ist. Aber der Mensch ist ein Herdentier und Herdentiere brauchen immer irgend einen Leithammel dem Sie nachrennen können.