Nach dem Tod von Mahsa Amini halten die Proteste gegen das Regime im Iran weiter an. Die 22-Jährige starb in einem Krankenhaus in Teheran. Vor ihrem Tod hatte die Sittenpolizei ihr vorgeworfen, sich nicht an die strengen Hijab-Vorschriften zu halten, und sie festgenommen.
Bei den daraufhin ausbrechenden Protesten gab es nach Medienberichten inzwischen mehrere Tote. Nach Angaben der kurdischen Menschenrechtsorganisation Hengaw sollen zehn Demonstranten von Sicherheitskräften getötet worden sein. Weder diese Angaben noch die Dementi der iranischen Sicherheitsbehörden lassen sich derzeit unabhängig überprüfen. Unter anderem auch deshalb, weil der Zugang zum Internet eingeschränkt wurde. Trotzdem zeigen Videos aus dem Iran, wie Frauen protestieren, sich die Haare abschneiden und ihre abgelegten Kopftücher in der Luft schwenken.
Die Sprecherin des Council of Ex-Muslims of Britain, Maryam Namazie, spricht auf ihrer Facebookseite bereits von einer "#womensrevolution" im Iran. Auch Mina Ahadi vom Zentralrat der Ex-Muslime in Deutschland ist voller Hoffnung und postet täglich Fotos und Videos von den Protesten im Iran.
Auslöser der Demonstrationen – die in gewisser Weise an die gescheiterte "Green Wave" im Jahr 2009 erinnern – war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie wurde am 13. September von der Sitten- und Religionspolizei des Landes festgenommen, da sie "unangemessen gekleidet gewesen" sei. Kurz darauf fiel sie ins Koma und verstarb am Freitag in einem Krankenhaus in Teheran. Zu den Todesumständen gibt es zwei Versionen:
Laut ihrer Familie haben Polizisten Amini zu Tode geprügelt. Nach der Verhaftung sei ihr Kopf im Polizeiauto gegen die Scheibe geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung geführt habe. Die Klinik, in der Mahsa Amini behandelt wurde, soll in einem inzwischen gelöschten Post bei Instagram geschrieben haben, dass die junge Frau bereits bei ihrer Aufnahme am Dienstag hirntot gewesen sei. Das iranische Innenministerium und die Polizei weisen diese Darstellung hingegen zurück. Amini sei auf der Polizeiwache infolge eines Herzinfarkts in Ohnmacht und später ins Koma gefallen.
Seit den Demonstrationen gegen die obligatorische Kopfbedeckung vor fünf Jahren und dem Amtsantritt des Hardliners Ebrahim Raisi im vergangenen Jahr setzt die Religionspolizei den Kopftuchzwang verstärkt und immer häufiger auch aggressiv durch. Regimegegner riefen deshalb Frauen auf, ihren Kopf in der Öffentlichkeit nicht zu verhüllen. Diese Aufrufe zeigten Wirkung: Auf Videos in den sozialen Netzwerken sah man im Anschluss unter anderem Frauen, die ihre Kopftücher verbrannten, und zwei Demonstranten, die zwei große Plakate mit den Köpfen des früheren Obersten Führers Ruhollah Khomeini und seines Nachfolgers Khamenei zerrissen. (Eine Überprüfung der Echtheit der Videos und Fotos ist nicht möglich.)
Das Iran-Journal schreibt: "Der gewaltsame Tod der 22-jährigen Mahsa Amini hat etwas geschafft, das die gesamte Opposition während der 43 Jahre dauernden Herrschaft der Ayatollahs im Iran nicht bewirken konnte: Beinahe das gesamte iranische Volk ist in einem Punkt einig […] Diverse oppositionelle Gruppen, die zum Teil sich nicht riechen können – Monarchisten, Republikaner, Linke, Nationalisten und Liberale – sind sich durch Mahsas Tod näher gekommen, um ihre diesbezüglichen Aktivitäten auf eine gemeinsame Linie zu bringen."
Es bleibt die Hoffnung, dass diese Einigkeit anhält und den Beginn einer neuen Phase in der iranischen Geschichte einläutet.
Nicht unerwähnt soll bleiben, was Hamed Abdel-Samad gestern bei Facebook zu bedenken gab: "Frauen im Iran ziehen ihre Schleier ab und verbrennen sie, weil sie das religiöse patriarchale System, das den Hijab hervorgebracht hat, satt haben. Unterdessen glauben einige westliche Feministinnen immer noch, dass Hijab ein Symbol der Ermächtigung ist. Wenn Sie etwas über echten Feminismus lernen möchten, empfehle ich, sich die persischen, kurdischen und arabischen Frauen anzusehen, die gegen religiöse Unterdrückung kämpfen, während Sie diese Religion im Westen stärken."
Bildquelle: https://twitter.com/AlinejadMasih
9 Kommentare
Kommentare
don am Permanenter Link
Na ja, die "grüne Revolution" 2009 war schon etwas ganz anderes.
Der Hijab ist im Iran (und generell in muslimischen Ländern) definitiv ein Zeichen der Unterdrückung. Tausende Frauen wurden in den letzten Jahrzehnten deswegen von der Sittenpolizei verhaftet, geschlagen und gefoltert. Frau Amini war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Die deutschen Feministinnen können nun einmal ihre "Weltoffenheit" beweisen, in dem sie sich an die Seite ALLER Frauen stellen. Dieser lächerliche "Welpenschutz" islamischer Staaten muss aufhören, es ist einer unterdrückten Frau egal, von wem sie unterdrückt wird, Schmerz ist Schmerz, Folter ist Folter. Es reicht auch nicht, irgendwelche lächerlichen Fahnen auf Facebook zu posten. Es muss Druck auf unsere Regierung gemacht werden, damit sie ihren irren Schmusekurs und das Tod schweigen der Verbrechen im Iran (nicht nur dort!) für was auch immer beendet. Die deutschen Feministinnen können hier endlich mal was wirklich Gutes für Frauen tun, anstatt sich mit Gendersternchen, Man-Splaning und anderem Schwachsinn zu befassen!
Carsten Ramsel am Permanenter Link
Ein Mann erklärt den "deutschen Feministinnen", womit sie sich beschäftigen sollen. Genau mein Humor.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Auch der Westen sollte deutliche Zeichen geben und die Zwangsmaßnahmen der
Islamischen Religionen aufs schärfste verurteilt und eine Vereinigung der Konfessionen
Religionen schaffen NUR Leid und Unfrieden, wenn eine Religion mit Gewalt am Leben erhalten werden muss, so sollte klar sein das diese nichts taugt und die Menschen nur unterdrückt, was auf Dauer nicht gut gehen kann wie man sieht.
Alle demokratischen Länder sollten sich eindeutig von den Machenschaften der islamischen Länder distanzieren, welche den Freiheitswillen der Menschen mit aller Macht und ohne Rücksicht auf junges Leben "verteidigen" wollen.
Roland Fakler am Permanenter Link
Das Kopftuch ist nun klar als Symbol für die weibliche Unterdrückung erkennbar. Es ist die Flagge des politischen Islams.
David Z am Permanenter Link
Volle Zustimmung, insb. auch zu dem, was Herr Abdel-Samad zum Ausdruck bringt.
Angesichts dessen, gegen was diese mutigen Frauen kämpfen und was sie riskieren, kann man denjenigen, die im Westen regelmässig vom "männlichen Patriachat" fantasieren, nur schallend ins Gesicht lachen.
Bernhard Thielke am Permanenter Link
Mein Mitgefühl gilt allen Opfern politischer und religiöser Willkür, aktuell den unterdrückten Frauen im Mullah-Terror-Staat Iran.
Auch wenn zum Schluss seiner Glückwunschübermittlung Steinmeier seine iranischen Kollegen dazu „ermutigt, auch die kritischen Stimmen in ihrem Land anzuhören und mit ihnen einen offenen Dialog zu ihren Anliegen und Sorgen zu führen“, so ist das nur wischi waschi. Wer verharmlosend mit "kritischen Stimmen "die Zehntausende Menschen, die von dem Mullahregime brutal gefoltert und ermordet wurden und die unzählig verfolgten politisch Andersdenkende, Minderheiten, Homosexuelle meint, ignoriert nicht nur die Opfer des Terrorregimes. Es kommt einer Verhöhnung gleich. Wäre Herr Steinmeier nur Kirchentagspräsident, so würde ich ihm diese verbale "Sünde" wider menschlichen Empfindens vergeben.
wolfgang am Permanenter Link
Die Angst der Männer vor den Frauen muss grenzenlos sein; dabei sind sie doch alle wimmernd aus dem Bauch einer Frau gekrochen. Die Frau deswegen ehren? Wie krank sind diese Männer.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Und warum hilft kein Gott diesem krankhaften Spuk ein Ende zu machen.......weil es Ihn
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Es sind meistens die Frauen, die gegen Gewalt heftig protestieren und vor allem unter äußerster Lebensgefahr gegen die von einem Diktator erlassenen unmenschlichen Gesetze heftig protestieren.
Das mutige Verhalten der Frauen im Iran erinnert mich auch an das mutige Verhalten der Frauen in der Rosenstrasse während der letzten Jahre des dritten Reiches. Sie haben es geschafft, ihre jüdischen inhaftierten Männer freizubekommen.