HANNOVER. (hpd) Die vorgesehene Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrats entspricht nicht dem Vielfaltsgebot, welches das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 24.März 2014 näher dargelegt hat, als es den Rundfunkstaatsvertrag der Länder in zentralen Punkten für verfassungswidrig erklärt hat.
Diese Auffassung hat die Humanistische Union Niedersachsen in einem Schreiben an die Fraktionen des Niedersächsischen Landtags vertreten; der Landtag will am kommenden Dienstag, den 13. Oktober, über das Zustimmungsgesetz zum 17. Rundfunkänderungsstaatsvertrag entscheiden.
Im Staatsvertrag wird auch geregelt, welche gesellschaftlichen Gruppen Vertreter in den Fernsehrat des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) entsenden dürfen.
Die Humanistische Union sieht das Gebot der staatlichen Neutralität dadurch verletzt, dass nicht ein einziger Vertreter einer säkularen Organisation berücksichtigt werden soll, obwohl mittlerweile mehr als ein Drittel der Bevölkerung keiner Religionsgemeinschaft angehört. Demgegenüber sollen die verschiedenen Religionsgemeinschaften (Christen, Juden, Muslime) über insgesamt sechs Sitze verfügen; dazu kommen für die beiden christlichen Kirchen auch noch Vertreter der Diakonie und der Caritas. Wegen dieser Ungleichbehandlung sollte der Landtag dem vorgelegten Staatsvertrag seine Zustimmung versagen.
Die neue Zusammensetzung des Fernsehrats wird faktisch für acht Jahre festgeschrieben. Denn eine Überprüfung soll erst nach Ablauf von zwei Amtsperioden erfolgen. Für eine frühere Änderung der Zusammensetzung des Fernsehrats wäre das Einverständnis aller 16 Länder erforderlich.
Kritikwürdig erscheint der Humanistischen Union in Niedersachsen auch das wenig transparente Zustandekommen des Vertrages, der von den Landesregierungen ohne Anhörung praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit erstellt wurde. Erst nach Fertigstellung konnten der federführenden Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz noch Stellungnahmen übersandt werden. Substantielle Veränderungen am Text hat es dadurch aber offensichtlich nicht mehr gegeben.
Pressemitteilung der Humanistischen Union Niedersachsen
2 Kommentare
Kommentare
Uwe Lehnert am Permanenter Link
Die Krake Kirche hat sich inzwischen in allen gesellschaftlichen Institutionen festgesetzt. Was in der DDR die SED war, ist im heutigen Deutschland die Kirche.
Bei der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2014 zum ZDF-Staatsvertrag sagte der Verfassungsrichter Kirchhof:
»Die Zusammensetzung der Kollegialorgane muss darauf ausgerichtet sein, Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens zusammenzuführen.“ Und weiter: „Neben großen, das öffentliche Leben bestimmenden Verbänden müssen untereinander wechselnd auch kleinere Gruppierungen, die nicht ohne weiteres Medienzugang haben, und auch nicht kohärent organisierte Perspektiven abgebildet werden.«
Das soll ja wohl heißen, dass auch nicht durchgängig organisierte Bevölkerungsgruppen sich in den Rundfunk- und Fernsehprogrammen adäquat wiederfinden sollen. Nicht durchgängig organisiert sind die Konfessionsfreien und Nichtreligiösen in unserer Gesellschaft, sie stellen aber ein Drittel der Bevölkerung. Wenn Pluralismus und Demokratie zusammengehören, dann haben wir hier einen klassischen Fall von Abbau demokratischer Strukturen.
Der sich großspurig so nennende »Zentralrat der Muslime« zum Beispiel vertritt allenfalls zwischen 0,2 bis 0,5 Prozent der hier lebenden Muslime, wird aber bei jeder Gelegenheit von der Politik schweifwedelnd hofiert. Säkulare, Humanisten, Atheisten dagegen, die durchaus auch in Teilen organisiert sind, werden wie Unberührbare gemieden. Die Bevorzugung der Religiösen hat natürlich ein Motiv: Anheben der Bedeutung der Religionen sowie Stärkung der Phalanx gegen die zunehmende Säkularisierung und Aufbau einer Front gegen die verhassten laizistischen Bestrebungen.
Arno Gebauer, 2... am Permanenter Link
Guten Tag, Uwe Lehnert,
in der Tat werden in unserer Kirchenrepublik die ständig weniger
werdenden christlich Gläubigen überpräsentiert.
Viele Menschen sind aus Berufsgründen gezwungen Mitglieder
der Kirchen (=zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Staat) zu
sein!
Selbst alle Nichtchristen finanzieren die überreichen Kirchen
über ihre Steuern!
Mitarbeiter der Amtskirchen müssen sich auch privat deren Moral unterwerfen, sonst droht der Rauswurf !
Das ist unsere verlogene Religionsfreiheit!
Den Kirchen ist es leider gelungen, all das, was sie an
unmittelbarem Einfluß auf die moderne Gesellschaft
verloren haben, mittelbar durch staatskirchenrechtliche
Institutionalisierung zurückzugewinnen!
Viele Grüße
Arno Gebauer