Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen

Verlogen oder nur senil?

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Die Regensburger Domspatzen gestalten jeden Sonntag im Dom St. Peter den Gottesdienst musikalisch.
Die Regensburger Domspatzen gestalten jeden Sonntag im Dom St. Peter den Gottesdienst musikalisch.

BERLIN. Der ehemalige Domspatzen-Kapellmeister Georg Ratzinger ist der Bruder des ehemaligen Papstes Joseph Ratzinger. Er war verantwortlich, als bei den Regensburger Domspatzen geprügelt und auch auf andere Art und Weise missbraucht wurde. Jetzt will er davon nichts mehr wissen.

Dem Bayerischen Rundfunk sagte Ratzinger: “Diese Kampagne ist für mich ein Irrsinn. Es ist einfach Irrsinn, wie man über 40 Jahre hinweg überprüfen will, wie viele Ohrfeigen bei uns verteilt worden sind, so wie in anderen Einrichtungen auch”

Bei der von Ratzinger als “Kampagne” bezeichneten Aufarbeitung der Missbrauchsskandale stellte sich heraus, dass etwa jeder Dritte der rund 2.100 Mitglieder des Knabenchors zwischen 1953 und 1992 Missbrauchserfahrungen machen musste. Rechtsanwalt Ulrich Weber, der jüngst ein Zwischenergebnis seiner Recherchen zum bereits 2010 aufgedeckten Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen vorstellte, rechnet mit rund 700 von Missbrauchsbetroffenen.

Georg Ratzinger
Georg Ratzinger, verantwortlich für das Leid der Missbrauchsopfer (Foto: Ricardo Ciccone, wikimedia, 

CC-BY-SA 4.0)

Doch davon will Ratzinger nichts mehr wissen. “Für ihn sei das Thema abgeschlossen” heißt es. Er habe nichts davon gewußt und schon allein deshalb habe er keine Schuld: “Von sexuellen Missbräuchen habe ich überhaupt nichts gehört in meiner Zeit.” Der Journalist, dem Ratzinger das in die Feder diktierte, heißt Karl Birkenseer und gehört ganz zufällig auch dem Stiftungsrat der Domspatzen an.

Regensburg-digital stellt die Frage, ob Ratzinger einfach nur dreist lügt oder so senil ist, dass er wirklich nicht mehr wisse, was zu seiner Zeit geschah: “Mal behauptet der 91jährige, nichts gewusst zu haben, mal beruft er sich auf Erinnerungslücken, mal erklärt er sich für nicht zuständig und schließlich flüchtet er sich in die altbekannte Aussage, dass ‘Schläge, das heißt Ohrfeigen, (…) nicht nur bei den Domspatzen, sondern in allen Erziehungsbereichen wie auch in den Familien üblich’ gewesen seien.”

Doch woher hätte Herr Ratzinger denn auch wissen können, dass seit 1973 das Züchtigungsrecht für Lehrer aufgehoben war? Da die kirchlichen Lehren immer einige Jahrhunderte hinterher hinken – wie aktuell auch das jüngste Beispiel aus Spanien wieder zeigt – verließ sich Ratzinger darauf, dass frühestens im Jahre 2173 das Züchtigungsverbot auch für die Domspatzen gelten wird.
Er irrte sich.