Papstporträtist Triegel attackiert Gerhard Richters atheistisches Domfenster

Ein Pinsel für Gott

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Es flirrt.

Der katholische Papstmaler Michael Triegel greift Gerhard Richters Kölner Domfenster an: Es "bleibe im Vagen". Hossa, da hat ja mal der richtige Löwe gehustet!
Warum man als Glaubensverfechter lieber schweigen sollte, wenn es um unklare Aussagen geht.

Vor zehn Jahren gab es im Kölner Dom ein enormes Bohei: Ein großes Kirchenfenster wurde eingeweiht. Das Fenster hatte der weltbekannte Maler und bekennende Atheist Gerhard Richter gestaltet. Christliche Bildhaftigkeit verweigerte es radikal. Es besteht aus 11.000 bunten Quadraten, die wohl im Kirchenraum ein angenehmes buntes Flirren erzeugen. Die Medien überboten einander damals in Ausdeutungen, Zweifeln und Begeisterung, das Fenster wurde zu einem Star, wie Gerhard Richter schon einer war.

Nun, zehn Jahre später, hat das Fenster einen anderen Maler auf den Plan gerufen. Michael Triegel ist durch seinen altmeisterlichen Stil bekannt geworden, auch hat er sich nie gescheut, Aufträge von Kirchenseite entgegenzunehmen. Zum Medienliebling wurde er, als Papst Benedikt sich von ihm porträtieren ließ. Zunächst selber Atheist, hat er, ebenfalls unter medialer Begleitung, vor ein paar Jahren zum katholischen Glauben gefunden: "Ich ahnte, dass es gut sein muss, nicht alles selbst in der Hand zu haben, nicht alles selbst zu bestimmen. Ich wollte, dass etwas über mir ist."

Triegel hat sich jetzt also in einem Interview gegen Gerhard Richters Fenster ausgesprochen – viel Feind, viel Ehr. In den Kölner Stadtanzeiger kommt man damit allemal, und von dort aus in die ganze große Medienwelt. Das Fenster sei "dekorativ", sagt Triegel, was man in Kunstzusammenhängen gern als "bedeutungslos" übersetzen darf. Indem Richter nicht erkennbar auf irgendwelche Vorstellungen von einer Gottheit verweist, betreibe er "Verweigerung". Und, um sich nicht nur gegen den bekannten Malerkollegen zu positionieren, sondern gleich mutig gegen die gesamte Zeitgenossenschaft, brummelt Triegel: "Ich glaube, Gerhard Richter ist als Künstler so bedeutend für unsere Zeit, weil er ihr genau das gibt, was sie beansprucht: sich nicht festlegen zu müssen. Im Vagen bleiben zu können."

Mit diesen Worten begibt Triegel sich ohne Not auf gefährliches Terrain. Denn gibt es etwas Vageres als den Glauben? Immer entzieht er sich jeder Nachfrage, nie soll irgendeiner seiner Inhalte belegbar oder hinterfragbar sein, immer und immer wieder ist der Glaube geradezu als Gegensatz zum Wissenwollen ausformuliert worden: Über Jahrtausende galt man als guter Gläubiger, je mehr man bereit war, auf empirisches Wissen über die Welt zu verzichten.

Gegen Richter entwirft Altar- und Papstmaler Triegel sein eigenes Grundsatzprogramm, und er umarmt dabei das Vage mit stürmischer Leidenschaft: Richters völliger Mangel an Gegenständlichkeit verweigere das "Geheimnis", um das die alten Meister noch wussten, wenn sie einen Früchtekorb malten: "Kunst kommt dem Geheimnis dann am nächsten, wenn sie wenigstens eine Andeutung enthält, eine Ahnung des Verborgenen." Das "Geheimnis" also macht die Kunst erst bedeutsam. Was aber ist das Geheimnis? Offensichtlich wachen die Künstler darüber, und sie werden einen Teufel tun, es zu erklären: Triegel ergötzt sich nicht nur am bedeutungshuberischen Mystizismus der Gottbehaupter, im selben Moment schwingt er sich selber zum Wissenden, zu einer Art Priesterfigur auf.

Ja, das würde wohl so manchem, ob Künstler oder Nichtkünstler, gefallen - als eine Instanz voller Geheimwissen verehrt zu werden. Nachvollziehbarer allerdings bleibt Gerhard Richter. Er behauptet nicht, etwas zu wissen, er untersucht das Licht, indem er mit ihm spielt. Licht ist eine sehr interessante Sache, es ist für alle bildende Kunst das zentrale Medium, und die wissenschaftliche Beschäftigung mit ihm stürzt uns in verblüffende Erkenntnisse über das Universum. Dass das Licht aber, mit seiner unerschöpflichen Faszination, nun auf eine unsichtbare Gottheit zurückzuführen sei, die uns alle nach unserem Tod irgendwie irgendwo weiterleben lässt, ist dabei eine mehr als vage Behauptung.