Der menschenverachtende Mainstream-Diskurs
Der Migrationsdiskurs in Deutschland und Österreich ist und bleibt zumindest inhärent rassistisch. Er pflanzt sich auf einen Diskurs auf, der Menschen allein anhand ihrer unmittelbaren ökonomischen Verwertbarkeit in erwünschte und weniger erwünschte Exemplare der Spezies unterteilt.
Auf letztere prügelt der mediale Mainstream, prügelt die Politik, prügeln die wirtschaftlichen Eliten, prügelt die abstiegsangstzerfressene Mittelschicht, die sich freilich ideologisch nach oben orientiert, mit der Moralkeule ein, dass es jeder Beschreibung spottet, Stichwort "Unterschichtenfernsehen". Und treibt sie mit einer Politik, die sich als soziale Wohlfahrt tarnt, von einem menschenunwürdigen Minijob zum nächsten. In Deutschland wesentlich mehr als in Österreich. Wie war das noch mit der "marktkonformen Demokratie"?
Wie die Ursachen kaschiert werden
Das ist nicht mal mehr Zwangsproletarisierung. Das ist Pauperisierung. Und schuld sind in diesem Diskurs die Betroffenen. Nie, die Umstände, unter denen sie leben. Nicht die Verteilung von Vermögen und Bildungschancen. Nicht die Lohndumpingpolitik speziell der deutschen Politik in den vergangenen Jahren. Nicht die Fleiß- und Überstundenfixiertheit auch vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die verhindert, dass die vorhandene Arbeit besser verteilt wird.
Zusätzlich zerteilt man die mangels unmittelbarer ökonomischer Verwertbarkeit weniger erwünschten Menschen nach ethnischen Kriterien. Die Analyse ihrer Lebensumstände verläuft ausschließlich defizitorientiert – gepaart mit – siehe oben – platter Moralisiererei.
Ergebnis ist logisch unausweichlich
Wer die Welt so betrachtet – und die meisten Journalisten, Politiker und Wirtschaftstreibenden tun das – wird am Ende wieder nur die Schuldigen ganz unten finden. Integrationsunwillig nennt man neuerdings die Menschen mit Migrationshintergrund, die sich am unteren Ende der Hackordnung befinden.
Damit sei keineswegs bestritten, dass es nicht auch innerhalb der unteren sozialen Klassen selbstzerstörerische Mechanismen gibt. Die gab es immer schon. Es spricht auch nichts dagegen, die anzusprechen und etwas dagegen zu tun. Nur sind die Resultat eines sozialen Prozesses, nicht sein Ausgangspunkt. Ungeachtet der Tatsache, dass sich selbstzerstörerische Verhaltensauffälligkeiten in sozialen Gruppen irgendwann über die Generationen hinweg manifestieren.
Das wird im Mainstream offenbar nur allzu gerne vergessen. Programme gegen die soziale Misere müssen so gesehen wirkungslos bleiben. Häufig genug gewinnt man den Eindruck, sie sollen es auch. Es soll ja auch Menschen geben, die Interesse an möglichst billigen Arbeitskräften mit möglichst wenig Rechten haben. Warum kommt einem da bloß die deutsche Schlachtereiindustrie in den Sinn?
Diskurs züchtet die Rassisten von morgen
Dieser Diskurs züchtet die Rassisten von morgen. Ihn zu ändern bedarf weitaus mehr Kraft und Aufwand, als die wirren Thesen eines Thilo Sarrazin zu widerlegen. Dazu muss man eine Diskurshegemonie durch eine andere ersetzen. Das dauert. Zumal keine gesellschaftliche oder politische Gruppierung in Sicht ist, der die Kraft und die Systematik zuzutrauen ist, das zu schaffen.
Nur, selbst dieser inhärent rassistische Diskurs hat seine Grenzen. Offene Anfeindungen, offene Diffamierungen, biologistische Anwandlungen – das geht dann doch nicht. Wer diesen Diskurs nicht ändern kann, hat zumindest die Pflicht, diese zu verteidigen. Auch und vor allem gegen die Brandstifter, die davon leben, aus inhärentem offenen Rassismus zu machen. Aus der unterschwelligen Diffamierung sozial Benachteiligter offene Gewalt.
Ich habe es satt
Man kann geteilter Meinung sein, ob mein Versuch, das zu tun, der richtige war. Es gibt auch andere legitime Strategien. Ich respektiere diese und arbeite gerne mit Menschen zusammen, die sie anwenden und helfe nach Kräften.
Nur, ich habe es satt, mich öffentlich von Leuten anpöbeln lassen zu müssen, die Menschen Munition liefern, die mich verprügeln. Ich habe es satt, dass Freunde, Bekannte und Kollegen von mir nahezu genötigt werden, sich zu entschuldigen, dass sie oder ihre Eltern nicht in diesem Land geboren wurden. Ich habe es satt. Ich pöble zurück.
Wie gesagt, man mag geteilter Meinung sein, ob das die richtige Strategie ist. Ich halte sie für die einzig zielführende. Man muss lauter schreien als die Menschenverführer. Man muss ihnen in den Arm fallen, wenn sie wieder einen Brand legen wollen. Und man muss sie öffentlich so verächtlich machen, wie sie es verdienen. Die Zeit, die andere Wange hinzuhalten, ist endgültig vorbei. Außerdem bin ich kein Katholik. Ich muss nicht mal.
Christoph Baumgarten