Mehr als 100 Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger verschiedenster Disziplinen rufen angesichts des von russischem Boden ausgehenden Krieges in der Ukraine zum Frieden auf. Dazu haben sie eine Deklaration unterzeichnet, die von der Max-Planck-Gesellschaft initiiert wurde und die von den Lindauer Nobelpreisträgertagungen unterstützt wird.
Die Deklaration knüpft an die Mainauer Deklaration 1955 gegen den Einsatz von Atomwaffen an. Sie wurde von Otto Hahn, 16-facher Teilnehmer der Lindauer Tagungen und erster Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, bei der 5. Lindauer Nobelpreisträgertagung mit initiiert. In der aktuellen Erklärung heißt es: "Die Entdeckung der Atomkernspaltung schuf die Grundlage für den Bau atomarer Vernichtungswaffen. Deren derzeitiges Volumen hat das Potential, die Erde für Menschen unbewohnbar zu machen und die menschliche Zivilisation auszulöschen. Deshalb dürfen solche Waffen nie zum Einsatz kommen!"
Die 104 Unterzeichnenden fordern Regierungen und Wirtschaftsverantwortliche auf, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien verantwortungsvoll und im Bewusstsein für ihre langfristigen Folgen einzusetzen. Der russische Präsident Wladimir Putin wird aufgefordert, die völkerrechtlichen Vereinbarungen zu achten, seine Streitkräfte zurückzurufen, Verhandlungen aufzunehmen und den Frieden herzustellen.
Die Lindauer Nobelpreisträgertagungen und die Max-Planck-Gesellschaft sind überzeugt, dass die Wissenschaft den Dialog fortsetzen muss, auch wenn die Politik schweigt – oder kämpft. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass diese Initiative, neben unzähligen anderen, baldmöglichst zum wieder friedlichen Austausch zwischen den Nationen führt.
Deklaration 2022
Friedensappell der internationalen Scientific Community durch Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger
Angesichts eines von russischem Boden ausgehenden Krieges und der unverhohlenen Drohung mit Nuklearwaffen haben wir, Nobelpreisträgerinnen und Nobelpreisträger in den Naturwissenschaften, Wirtschaft und Literatur, uns entschlossen, diesen Appell an die Regierungsverantwortlichen zu richten.
Wir haben als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kein politisches Mandat, doch wir wissen um die Macht, die die durch uns gewonnenen Erkenntnisse Regierungen und politisch Handelnden verleihen.
Denn Erkenntnisse und Technologien aus wissenschaftlicher Forschung und Entwicklung haben den Menschen im letzten Jahrhundert zur größten gestaltenden Kraft im Erdsystem gemacht. Die Entdeckung der Atomkernspaltung schuf die Grundlage für den Bau atomarer Vernichtungswaffen. Deren derzeitiges Volumen hat das Potential, die Erde für Menschen unbewohnbar zu machen und die menschliche Zivilisation auszulöschen. Deshalb dürfen solche Waffen nie zum Einsatz kommen!
Wir als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind überzeugt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aller Disziplinen und die auf ihr fußenden Technologien der Menschheit in Zukunft den größten Nutzen bringen werden. Sie sind nur in weltweiter wissenschaftlicher Zusammenarbeit zu erreichen. Ohne sie werden die globalen Probleme nicht zu lösen sein. Voraussetzung ist, dass diese Erkenntnisse ausschließlich für friedliche Zwecke und für das Wohl und das Glück aller Menschen eingesetzt werden unter Anerkennung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.
Wir fordern deshalb Regierungen und Wirtschaftsverantwortliche auf, wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien verantwortungsvoll und im Bewusstsein für ihre langfristigen Folgen einzusetzen. Nur so kann sich die menschliche Zivilisation in respektvollem Umgang mit der Natur und dem Erdsystem in Zukunft weiterentwickeln. Die Grundprinzipien der Charta der Vereinten Nationen zum friedlichen Zusammenleben der Völker sind die Voraussetzung für unsere grenzüberschreitende Arbeit zum Wohl der Erde und der Menschen.
Wir fordern den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, die völkerrechtlichen Vereinbarungen zu achten, seine Streitkräfte zurückzurufen, Verhandlungen aufzunehmen und den Frieden herzustellen.
München – 28. Februar 2022