Grünen-Politiker wehrt sich gegen Kreuz in Fraktionsraum der CDU

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Oberhalb des Plenarsaals im Reichstagsgebäude befindet sich die Fraktionsebene.
Fraktionsebene im Bundestag

Maik Außendorf hat die Bundestagspräsidentin um einen weltanschaulich und religiös neutralen Sitzungssaal gebeten. Der Brief gelange an die Öffentlichkeit und löste einen regelrechten Shitstorm unter Unionspolitikern aus.

Maik Außendorf, Grünen-Politiker aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Wirtschaft, hat sich in einem Brief an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) gewandt. Er beschwert sich darin über ein Kreuz an der Wand des Fraktionsraums der CDU/CSU, in dem eine Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 6. November stattfinden soll. Außendorf kritisiert, "dass dieser Raum nicht den Grundsätzen parlamentsneutraler Arbeit entspricht". Der Deutsche Bundestag sei ein Ort, an dem die Vielfalt unserer Gesellschaft abgebildet werde, und in dem alle Menschen, unabhängig von ihrer religiösen Überzeugung oder Weltanschauung, gleichberechtigt seien. "Das sichtbare Kreuz als Symbol einer bestimmten Religionsgemeinschaft widerspricht dem Grundsatz der Trennung von Staat und Kirche." Der Abgeordnete der Grünen bat Bas, "dafür Sorge zu tragen, dass die kommende Ausschusssitzung in einem weltanschaulich und religiös neutralen Sitzungssaal stattfinden kann".

Mehrere Unionspolitiker meldeten sich daraufhin empört zu Wort. "Das Kreuz in unserem Fraktionssitzungssaal ist nicht verhandelbar", ließ Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, laut Oldenburger Onlinezeitung wissen. Armin Laschet, erfolgloser Kanzler-Kandidat bei der letzten Bundestagswahl, wurde auf X geradezu pampig: "Nur mal so: Sollte es bei den Grünen noch irgendjemanden geben, der auch nur theoretisch eine Zusammenarbeit mit der Union nicht völlig ausschließt, dann müsste er sich langsam daran gewöhnen, auch ein Kreuz in einem Raum tolerieren zu können. Und in unserer aggressiven, gespaltenen Gesellschaft gibt es vielleicht andere Positionen, die man bekämpfen sollte, als ausgerechnet die Werte des Christentums." Die CDU Bergisch Gladbach veröffentlichte gar eine eigene Stellungnahme auf ihrer Website unter dem Titel "Intoleranz statt Verständnis und Respekt". Darin wird Thomas Hartmann, Vorsitzender der CDU Bergisch Gladbach, mit den Worten zitiert, dass sichtbar werde, "wie wenig Wissen und Verständnis er [Maik Außendorf, Anm. d. Red.] für die Tradition und Kultur seiner Heimatregion hat, von Wertschätzung für die maßgebliche Religion in Europa ganz zu schweigen." Fraktionsvorsitzender Michael Metten sprach von "übergriffigen Forderungen" und "Selbstgerechtigkeit".

Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, zeigte sich irritiert vom Vorgehen der Unionspolitiker. "Die Reaktionen einiger CDU-Mitglieder auf die Debatte um das Kruzifix in ihrem Fraktionssaal sind ein Schlag ins säkulare Gesicht unseres Staatswesens. Wer religiöse Symbole im Bundestag aufhängt, missachtet die weltanschauliche Neutralität unserer Verfassung – und öffnet damit auch dem Politischen Islam Tür und Tor. Dass Armin Laschet das Kruzifix implizit als Bedingung für eine Koalition bezeichnet, grenzt an politische Erpressung."

Die Pressestelle des Deutschen Bundestages teilte auf die hpd-Anfrage, ob Bärbel Bas der Bitte des Grünen-Abgeordneten nachkommen werde, mit: "Die Bundestagsverwaltung erteilt keine Auskünfte zur nicht öffentlichen Korrespondenz der Bundestagspräsidentin. Die Sitzungssäle der Fraktionen sind diesen zu deren Nutzung zugewiesen und werden dem entsprechend auch von ihnen ausgestaltet. Sofern durch Dritte das Interesse an einer Nutzung eines Fraktionssitzungssaales besteht, stellen die Fraktionen, sofern eigene Belange nicht entgegenstehen, die Räume anderen parlamentarischen Nutzern zur Verfügung."

Außendorf ist mittlerweile zurückgerudert. Auf X schrieb er: "Sollte meine Anfrage als Angriff verstanden worden sein, tut es mir leid. Sie war weder gegen die Union noch eine Religion gerichtet. Jede Fraktion kann selbstverständlich ihren Sitzungssaal gestalten, wie sie möchte."

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