In unserem Nachbarstaat könnte bald eine enorm restriktive Handhabung zur Wirklichkeit werden, die heutzutage eigentlich nur noch in fundamentalistisch regierten Ländern angedacht wird: Ein Schwangerenregister zur Kontrolle von Frauen bis in den Uterus. Damit ist Polen auf dem Kurs, den etwa auch der Iran eingeschlagen hat. Der massive Einfluss, den die Kirche bei solchen fragwürdigen Unterfangen hat, wird dabei gerne unterschätzt.
Die polnischen Menschenrechtsaktivistinnen Joanna Gzyra-Iskandar, Anna Prus und Elżbieta Podleśna erhalten heute den mit 10.000 Euro dotierten "Humanismus-Preis für Menschenrechte" des Humanistischen Verbands (HVD) Berlin-Brandenburg und der Humanismus Stiftung Berlin. Im Interview mit Manfred Isemeyer äußern sie sich zur aktuellen Situation in Polen.
Was wurde in der EU gelacht, als Donald Trump 2016 mit dem Versprechen antrat, eine Mauer zu Mexiko zu bauen. Doch schon bald blieben manchen die Lacher im Halse stecken, als die europäische Grenzschutzagentur Frontex mit dem Vorwurf illegaler Pushbacks konfrontiert war und die ersten stacheldrahtbewehrten Zäune an den Außengrenzen Bulgariens und Griechenlands auftauchten. Nun hat Polen angekündigt, eine 5,5 Meter hohe Mauer zu Belarus bauen zu wollen – um Geflüchtete vom Grenzübertritt abzuhalten. Ein Kommentar von Adrian Beck.
Vor dem Hintergrund des Dramas an der belarussisch-polnischen Grenze fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die deutsche Bundesregierung und die EU-Kommission in einer Pressemitteilung auf, die dort gestrandeten Geflüchteten umgehend in EU-Länder aufzunehmen.
Es ist kein Geheimnis, dass die russische Regierung ein Problem mit Menschen hat, die nicht heterosexuell sind. Selbst eine LGBTQI-freundliche Meinung in der Öffentlichkeit zu äußern steht seit 2013 unter Strafe. Nun hat das Justizministerium die Vereinigung "LGBT-Network" als "ausländischen Agenten" eingestuft – ein Stigma, das der Gruppe ihre aktivistische Arbeit beinahe verunmöglichen wird. Das polnische Parlament arbeitet derweil an einem Gesetz, das geschlechtliche und sexuelle Diversität unsichtbar machen soll.
Trotz zahlreicher Großproteste in Polen und auch im Ausland wurde dort Ende 2020 ein noch strikteres Abtreibungsverbot erlassen, das selbst die Entfernung lebensunfähiger Föten verbietet. Jetzt hat diese Entscheidung womöglich der 30-jährigen Izabela das Leben gekostet, weil ihre Ärzte, statt den nicht lebensfähigen Fötus zu entfernen, auf dessen Tod warteten. Izabela starb an einer Sepsis. Ihr Tod löst weltweit Trauer und Wut aus, die sich besonders in Polen wieder in Form von Demonstrationen gegen das religiös motivierte Abtreibungsgesetz richtet.
Weil er im Jahre 2019 auf einem Bild der Jungfrau Maria gestanden hatte, war Adam Darski, Sänger und Gründungsmitglied der polnischen Metalband "Behemoth" wegen Blasphemie verklagt worden. Nach einer ersten Verurteilung zu einer Geldstrafe hatte Darski sich an die nächste Instanz gewendet und war freigesprochen worden – für den Musiker ein Sieg für die Meinungsfreiheit. Um Fans und Fundamentalisten gleichermaßen bei Laune zu halten, gibt's pünktlich zu Halloween das Stream-Event "XXX Years Ov Blasphemy".
"Homofobia zabija – Homophobia kills – Homophobie tötet": Unter diesem Motto machte im Juni eine zweiwöchige Plakataktion auf die unzumutbaren Lebensbedingungen für Lesben, Schwule, Transpersonen und andere aufmerksam. Mit 25 Plakaten in 19 Städten war es die größte Kampagne dieser Art, die das erzkatholische Land jemals erlebt hat.
Die Kommission der Europäischen Union leitet rechtliche Schritte gegen seine Mitgliedsstaaten Polen und Ungarn ein. Beide sollen die Rechte von nicht-heterosexuellen Menschen missachten und mit Warnhinweisen vor nicht-stereotypen Geschlechterrollen sowie "LGBT-ideologiefreien Zonen" gegen die menschenrechtliche Charta der EU verstoßen.
In den letzten Tagen wurden die Ergebnisse des Wettbewerbs um Zuschüsse aus dem Patriotischen Fonds (Fundusz Patriotyczny) bekannt gegeben. Dabei zeigte sich, dass nationalistische und profaschistische Organisationen bevorzugt werden. Dagegen protestiert die polnische Bürgerrechtsorganisation "Frauen von der Brücke" mit einem Offenen Brief.
Die katholische Kirche in Polen ist LGBT-feindlich und unterstützt das weitgehende Abtreibungsverbot. Kein Wunder, dass ihr die Schäfchen scharenweise davonlaufen. Nicht nur die Kirchenaustritte häufen sich, auch die junge Generation kehrt dem Kreuz den Rücken. In der Stadt Krakau hat sich laut einer aktuellen Befragung fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen vom katholischen Katechismus-Unterricht abgemeldet, Tendenz steigend.
Am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte steht die Neubesetzung des polnischen Richterpostens an. Polen hat hierfür den Gründer eines konservativ-katholischen Juristenbundes nominiert. Sollte die EU ihn in diesem Amt bestätigen, könnte das ungeahnte Auswirkungen auf künftige Urteile des Gerichts im Bereich der Religionsfreiheit und der sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung haben.
Immer mehr Menschen in Polen kehren der katholischen Kirche den Rücken. Anders als in Deutschland zählt jedoch niemand offiziell mit, wie viele Menschen jährlich austreten. Um die Apostat:innen sichtbar zu machen, haben drei linke Politiker:innen daher einen digitalen "Apostasiezähler" eingerichtet.
Am Rosenmontag fuhren pandemiegerecht acht gewohnt provokante Mottowagen diesmal ohne jubelndes Publikum und einzeln durch Düsseldorfs Straßen. Einer davon thematisierte die De-facto-Abschaffung des polnischen Abtreibungsrechts, was eine Beschwerde des polnischen Konsulats nach sich zog. Wagenbaukünstler Jacques Tilly verteidigt sein Werk.
In einem Offenen Brief wendet sich der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) gemeinsam mit anderen Organisationen an die Bundesregierung, um auf die sich verschlechternde Situation der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte in Polen aufmerksam zu machen.