Offener Brief von Terre des Femmes

An der Uni das Binden des Kopftuches lehren?

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Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin
Hauptgebäude der Technischen Universität Berlin

Der hpd berichtete bereits darüber, dass bei der "Langen Nacht der Wissenschaften" an diesem Wochenende in Berlin tatsächlich die "Technik des Kopftuchbindens" erlernt werden konnte. Die Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes hat sich deshalb mit einem Offenen Brief an den Direktor der Technischen Universität gewandt.

Im Anschluss an eine Podiumsdiskussion über das "Kopftuchverbot für Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen Berlins", bei dem das Podium ausschließlich von Sprechern besetzt werden sollte, die das Neutralitätsgesetz in Berlin abschaffen bzw. aufweichen wollen1 wurde das Fastenbrechen gefeiert und anschließend ein Workshop "Technik des Kopftuchbindes erlernen" angeboten.

Terre des Femmes schreibt dazu: "Diese Art von Umgang mit Religion hat mit Wissenschaft nichts zu tun" und weist darauf hin, dass "die Verschleierung im Islam unter anderem Ausdruck von Diskriminierung und Sexualisierung der Frauen" ist. "Dass diese patriarchalen Strukturen durch das Angebot eines Kopftuchbindekurses von einer staatlichen Universität gefördert werden, kann gerade in einem Bundesland, in welchem es ein Neutralitätsgesetz gibt, nicht geduldet werden."

Unabhängig davon, dass die Technische Universität mit einer solchen sehr parteiischen Veranstaltung schon gegen den Gedanken des Neutralitätsgesetzes verstoßen dürfte, ist die Unterstützung religiös-orthodoxer Kräfte kaum mehr mit dem wissenschaftlichen Anspruch einer Universität zu vereinen. "Mit dem Kopftuch zieht in die Universitäten und Ausbildungsstätten eine Weltanschauung ein, in der Frauen von Männer in erster Linie als Sexobjekte wahrgenommen werden. Um sich vor den lüsternen Blicken der Männer zu schützen, wird von den Frauen erwartet sich zu verschleiern. Ein solches Geschlechterverständnis darf in öffentlichen Bildungseinrichtungen eines säkularen Staates nicht gefördert werden."

Weiter heißt es: "Sie, als Präsident der Technischen Universität Berlin, sollten sich dazu verpflichtet fühlen an Ihrer Universität eine neutrale Atmosphäre schaffen, in denen Frauen und Männer gleichberechtigt miteinander lernen und lehren können. Terre des Femmes fordert Sie dazu auf, Religion im Sinne der Aufklärung kritisch zu hinterfragen und die Neutralität Ihrer Universität zu schützen. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie keine Weltanschauung unterstützen, welcher überholte Rollenzuschreibungen von Frauen und Männern zugrunde liegen."

Leider hat der Offene Brief vom 08.06.2018 an den Präsidenten der Technischen Universität Berlins, Prof. Dr. Christian Thomsen, keine Wirkung gezeigt: Das Kopftuchbinden wurde am Freitag an der Universität gelehrt.


  1. Nur wegen einer Intervention von der Initiative "Pro Neutralitätsgesetz" wurde kurzfristig noch ein Befürworter des Berliner Neutralitätsgesetzes eingeladen. ↩︎