Kein Gesichtsschleier, keine ungewöhnlichen Bärte

China verabschiedet "Anti-Islam-Gesetz"

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"Ungewöhnliche Bärte" sind in Xinjiang nicht mehr erlaubt
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Laut der staatlichen chinesischen Zeitung China Daily wurde in dem autonomen Gebiet Xinjiang "Chinas erste Anti-Extremismus-Gesetzgebung" verabschiedet. In der westlichen Presse wird das Gesetz "Anti-Islam-Gesetz" genannt, da es sich vor allem gegen die muslimischen Einwohner der Region richtet, die dort rund die Hälfte der Bevölkerung stellen.

Das vom Kongress des Autonomen Gebiets Xinjiang verabschiedete Gesetz, das Anfang April in Kraft trat, sieht insgesamt 15 Verbote vor. Laut China Daily verbietet das Gesetz "Verhaltensweisen, die auf Extremismus hinweisen". Unter anderem ist es verboten, bei Anderen den Kontakt mit Angehörigen anderer ethnischer Gruppen zu unterbinden, sowie das Halal-Konzept der islamischen Speisevorschriften auf etwas anderes als Essen anzuwenden.

Laut dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN beinhaltet das Gesetz darüber hinaus folgende Verbote:

- Das Befürworten und Propagieren von extremistischen Gedanken

- Das Tragen von Gesichtsschleiern

- Andere dazu zu zwingen, einen Gesichtsschleier zu tragen

- Das Anfachen von religiösem Fanatismus durch das Wachsenlassen von ungewöhnlichen Bärten oder das Annehmen ungewöhnlicher Namen

- Kindern keine staatliche Erziehung zu erlauben oder die staatliche Erziehung zu behindern

- Die gezielte Be- oder Verhinderung der Durchführung der Familienplanungspolitik

- Das Veröffentlichen, Downloaden oder Lesen von Artikeln, sonstigen Publikationen oder audiovisuellem Material extremistischen Inhalts

- Das Ablehnen von staatlichen Produkten und Diensten inklusive des Radio- und Fernsehprogramms

Andere Medien berichten unter Berufung auf den vatikanischen Pressedienst AsiaNews, dass durch die neue Gesetzgebung auch religiöse Hochzeits- und Beerdigungszeremonien verboten seien, dass Muslime erst ab dem 18. Lebensjahr die Moschee besuchen dürften und Imame ihre Predigten Regierungsstellen zur Überprüfung vorlegen müssten.

Während Menschenrechtler das neue Gesetz des Autonomen Gebiets Xinjiang als Verstoß gegen die Religionsfreiheit betrachten, feiert die staatliche Zeitung China Daily es als "Anti-Extremismus-Gesetzgebung, um zu verhindern, dass sich der Terrorismus in der Region weiter ausbreitet".

Das neue "Anti-Islam-Gesetz" in Xinjiang ist die jüngste Eskalationsstufe eines ethnisch-religiösen Konflikts, der in der Region bereits seit Jahrzehnten schwellt. Da China das Gebiet als ursprünglich chinesisch betrachtet, erklärte es die Region Xinjiang 1949 zum Teil der Volksrepublik China. Die dort lebenden Angehörigen der Uiguren und anderer muslimischer Turkvölker hingegen, die damals die Bevölkerungsmehrheit in der Region stellten, sahen in dem Land jedoch ihr ureigenes Stammesgebiet und waren wenig erfreut darüber, dass mehr und mehr Han-Chinesen dort angesiedelt wurden. Heute stellen die muslimischen Turkvölker nur noch rund die Hälfte der Bevölkerung in der Region, die reich an Bodenschätzen ist. Separatistische Bestrebungen werden von der chinesischen Regierung seit Jahren mit scharfen Maßnahmen gegen den muslimisch-turkstämmigen Bevölkerungsteil beantwortet.

Tatsächlich kommt es in Xinjiang auch regelmäßig zu Terrorakten mit vielen Toten – durchgeführt von muslimischen Separatisten. Ob die Anschläge in erster Linie einen religiösen Hintergrund haben, darf jedoch bezweifelt werden. Vielmehr scheint Xinjiang Vorzeigebeispiel für einen primär ethnisch und wirtschaftlich motivierten Konflikt zu sein, bei dem durch die Religion Öl ins Feuer gegossen wird.