DGHS informierte in Oldenburg über selbstbestimmtes Sterben

"Der Entschluss muss fest und von Dauer sein"

dghs_oldenburg_titel.jpeg

Etwa 120 Personen besuchten den Vortrag des Arbeitskreises Selbstbestimmtes Sterben in Oldenburg
Etwa 120 Personen besuchten den Vortrag

dghs_oldenburg_2.jpeg

Referentin Ulla Bonnekoh von der DGHS war per Zoom zugeschaltet
Referentin Ulla Bonnekoh war per Zoom zugeschaltet

dghs_oldenburg_3.jpeg

Etwa 120 Personen besuchten den Vortrag des Arbeitskreises Selbstbestimmtes Sterben in Oldenburg
Etwa 120 Personen besuchten den Vortrag

Regelmäßig organisiert der Arbeitskreis Selbstbestimmtes Sterben Oldenburg Veranstaltungen für Menschen, die an der Selbstbestimmung am Lebensende interessiert sind. Bei der jüngsten Veranstaltung berichtete Ulla Bonnekoh von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) über den Ablauf einer Freitodbegleitung sowie rechtliche Rahmenbedingungen eines selbstbestimmten Lebensendes in verschiedenen Staaten der Welt.

Am 25. März fanden sich etwa 120 Personen im Oldenburger Kulturzentrum PFL ein, um dem Vortrag von Ulla Bonnekoh, Schatzmeisterin der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), zu folgen. Die Referentin wurde über Zoom zugeschaltet und war auf der Leinwand der Bühne zu sehen. Sie berichtete von ihrer Arbeit, dem Ablauf einer Freitodbegleitung sowie den rechtlichen Rahmenbedingungen eines selbstbestimmten Freitods in einigen Staaten Europas und der Welt im Vergleich zu jenen in Deutschland und Österreich. In Deutschland und Österreich sei das Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende ein Grundrecht und nicht an eine schwere, schmerzhafte Krankheit geknüpft, was in vielen anderen Ländern der Fall sei, so die Referentin. Dieses Recht gelte auch in Alten- und Pflegeheimen.

Die DGHS bringt sterbewillige Mitglieder und Freitod begleitende Ärzte miteinander in Kontakt – in einem kontrollierten, für alle Seiten sicheren Rahmen, unterstützt durch Juristen. Im Jahr 2021 gab es bundesweit 120 Vermittlungen. Die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben selbst bietet keine Suizidbegleitungen an, erläuterte Bonnekoh. Sie gab Auskunft über die Vorraussetzungen einer Vermittlung: Um über den regulären Weg an einen begleitenden Arzt zu kommen, muss man seit mindestens sechs Monaten Mitglied der DGHS sein und einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser Antrag werde geprüft und es fänden mehrere Gespräche mit Juristen und Ärzten statt – nicht, um Menschen von ihrer Entscheidung abzubringen, sondern um etwaige Zweifel an der Freiverantwortlichkeit und Freiwilligkeit zu überprüfen.

Die Entscheidung zu einem selbstgewählten Tod treffen zu können, sei zwar ein Grundrecht, sie könne und dürfe aber nur unter gewissen Bedingungen wirksam werden, so die Referentin. Vor allem müsse die Tragweite der Entscheidung verstanden werden, was beispielsweise bei Demenz nicht möglich sei, der Entschluss müsse fest und von Dauer sein, dürfe also keinen Spontansuizid darstellen, und dürfe nicht durch Einwirkungen Dritter beeinflusst sein.

Am Tag des Freitods werde noch einmal alles mit dem Sterbewilligen und etwaigen anwesenden Angehörigen durchgesprochen, der intravenöse Zugang durch den Arzt gelegt und anschließend erklärt, was sich in den Infusionslösungen befindet. Dann werde der Suizident gefragt, ob er sich darüber bewusst sei, was es bedeutet, wenn die Infusion eingeleitet wird. Und schließlich müsse die Infusion durch den Sterbewilligen selbstständig geöffnet werden.

Das hierbei eingesetzte Mittel ist üblicherweise ein Narkotikum, welches bis vor einigen Jahren noch regulär zur Narkose-Einleitung verwendet wurde, dessen Einsatz heute aber nicht mehr üblich ist – wegen seiner blutdrucksenkenden Wirkung, die hier (im Gegensatz zu einer Narkose, aus der der Patient wieder erwachen soll) ein gewünschter Nebeneffekt ist. Nach wenigen Minuten kommt es durch die tiefe Narkose zu einem Atem- und nach einigen weiteren Minuten zu einem Herzstillstand. Anschließend, so Ulla Bonnekoh, müsse der Kriminalpolizei ein unnatürlicher Todesfall gemeldet werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass diese bei Übergabe der ordentlichen Unterlagen zunehmend wohlwollend reagiere und den Beteiligten keine unnötigen Probleme bereite.

Es gab während der Informationsveranstaltung die Möglichkeit Fragen zu stellen, teils per Chat, aber auch über Fragekarten oder Wortmeldungen. Die Stimmung war durchgehend ruhig und interessiert. Ein Wermutstropfen blieb jedoch: Das Publikum, das einen Altersdurchschnitt von rüstigen 60 Jahren hatte, bestand aus Menschen, denen es (noch) möglich ist, eine solche Veranstaltung zu besuchen. Um die Teilnahme auch jenen zu ermöglichen, die nicht mehr fit genug für einen Besuch des Kulturzentrums sind, sollen demnächst hybride Strukturen geschaffen werden, die auch eine digitale Teilnahme erlauben.

Die nächste Veranstaltung des Arbeitskreises Selbstbestimmtes Sterben Oldenburg findet am 21.04.2023 um 19 Uhr erneut im Kulturzentrum PFL Oldenburg, Peterstraße 3, 26121 Oldenburg, statt. Hier wird Olaf Sander, der Sohn von Frau Sander aus dem Film "Frau S. will sterben", von seinen Erfahrungen berichten. Weitere Informationen gibt es hier.

Unterstützen Sie uns bei Steady!