Der Politikwissenschaftler Hajo Funke und die Journalistin Christiane Mudra legen mit "Gäriger Haufen. Die AfD: Ressentiments, Regimewechsel & völkische Radikale" ein Buch zu der Partei vor. Zwar erhält man auf engem Raum eine informative und kritische Darstellung, die aber hinsichtlich der Einordnungen oberflächlich bis widersprüchlich ist.
"Gäriger Haufen", so nannte Alexander Gauland, immerhin einer von zwei Parteivorsitzenden, selbst die "Alternative für Deutschland" (AfD). Er betonte mit dieser Formulierung die Irrungen und Wirrungen seiner Partei, die von ideologischen Orientierungsproblemen, politischen Spannungen und persönlichen Streitereien geprägt ist.
"Gäriger Haufen" lautet auch der Titel eines Buchs, das der Politikwissenschaftler Hajo Funke und die Journalistin Christiane Mudra mit dem Untertitel "Die AfD: Ressentiments, Regimewechsel & völkische Radikale" vorgelegt haben. Bereits in der Einleitung beschreiben die Autoren die Partei von ihrer Herkunft her als "eine nationalrevolutionär ausgerichtete Bewegungspartei im Sinne Björn Höckes" (S. 8). Für die AfD werde die extreme Rechte immer mehr zum ideologischen Stichwortgeber. Dies soll in fünf Kapiteln mit unterschiedlichen Schwerpunkten thematisiert werden, wobei sich das mit 131 Seiten eher knapp gehaltene Buch als "Handreichung zum demokratischen Widerstand" versteht.
Zunächst geht es um "Die Radikalisierung von Partei und Bewegung", wobei der AfD-Aufstieg in der Folge der Globalisierungskrisen gesehen wird. Ausführlich gehen die Autoren auf die "Radikalisierung in vier Stufen" (S. 18) ein. Dabei wird deutlich, dass es eine immer stärkere Rechtsentwicklung von dem Sturz des Parteimitbegründers Bernd Lucke bis zum letzten Parteitag im Dezember 2017 gab. Einschlägige Aussagen von führenden Repräsentanten von Gauland über Höcke bis Weidel veranschaulichen dies. Dem folgen Ausführungen zu den "Identitären", einer Bewegung eher von Jüngeren im Umfeld der Partei. Anschließend behandelt man die Gewaltwelle, die in Deutschland ab 2015 gegen Flüchtlinge losbrach. Und dann nehmen die Autoren auch noch einmal die Gründe für das Wahlverhalten in den Blick, wobei sie auch auf den Einflussfaktor der sozialen Ungerechtigkeit abstellen. Das Buch endet mit Einschätzungen zu den "Grenzen und Gefahren der AfD", wobei in einem Mehr an sozialer Demokratie ein Gegenmodell gesehen wird.
Das Urteil über das Buch hängt von der Erwartungshaltung ab: Wer eine erste Einführung zum Thema AfD auf engem Raum wünscht, wird mit einem leicht verständlichen und überaus informativen Werk bedient. Darin betonen die Autoren auch anschaulich den Gegensatz vieler Stellungnahmen von hohen Funktionsträgern zu den Normen und Regel demokratischer Verfassungsstaaten. Sie erklären auch die Wahlerfolge der Partei nicht monokausal, sondern verweisen auf unterschiedliche Wirkungsfaktoren. Wer aber mehr als eine doch inhaltlich etwas oberflächlich und allzu schnell geschriebene Einführung erwartet, wird dann doch eher enttäuscht. Insbesondere dann, wenn es um ein Mehr als nur eine Beschreibung von kritikwürdigen Positionen aus der AfD geht, hätte man sich schon etwas mehr erwartet. Gerade definitorische und theoretische Zuordnungen sind problematisch. So ist die AfD bestimmt keine "nationalrevolutionäre" Partei, meint doch die Bezeichnung eine ganz andere Ideologiefamilie im "rechten" politischen Spektrum.
Bereits zu Beginn nehmen Funke und Mudra einige Definitionen von Rechtsextremismus bis Rechtsradikalismus vor. Dabei stützen sie sich auf andere Politikwissenschaftler, merken aber nicht, dass deren Ausführungen bei ihnen nicht zusammenpassen. So heißt es etwa, dass die "rechtsradikale Haltung" (S. 60) seit 2017 die Oberhand habe. Weiter vorn wird aber eine Differenzierung von "Rechtsextremismus" und "Rechtsradikalismus" vorgenommen (vgl. S. 14f.), wobei der demokratietheoretische Aspekt eher diffus bleibt. Später heißt es dann: "Die Partei greift inzwischen Kernelemente des Grundgesetzes und damit die Basis der Bundesrepublik an" (S. 113). Dann würde es sich aber um eine rechtsextremistische Partei handeln. Kurz danach wird von den "Gefahren eines Extremismus der Mitte" (S. 116) gesprochen, wobei aber mit einem schiefen Bezug auf einen klassischen Ansatz aus der Politikwissenschaft eine politische und soziale Mitte verwechselt werden. Immer wieder geraten leider die Begriffe und Ebenen durcheinander.
Hajo Funke/Christiane Mudra, Gäriger Haufen. Die AfD: Ressentiments, Regimewechsel & völkische Radikale, Hamburg 2018 (VSA-Verlag), 131 S., ISBN 978-3-89965-821-7, 10,80 Euro
1 Kommentar
Kommentare
Peter Bordych am Permanenter Link
Wenn die Autoren das Buch als "Handreichung zum demokratischen Widerstand" verstehen, dann werden wohl die hier skizzierten Unstimmigkeiten eher das Gegenteil erreichen, als eine argumentative Schützenhilfe