Kirchen wollen keine Staatsleistungen mehr erhalten

"Das können wir mit unserer christlichen Überzeugung nicht vereinbaren"

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Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender der EKD und Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Ökumene

Die beiden christlichen Amtskirchen wollen mit sofortiger Wirkung auf die Staatsleistungen verzichten, das gaben Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt. Damit kommen sie den deutschen Gesetzgebern zuvor. Doch damit nicht genug: Sie wollen sogar etwas zurückbezahlen.

"Die auf Gesetz, Vertrag oder auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften werden durch die Landesgesetzgebung abgelöst. Die Grundsätze hierfür stellt das Reich auf", heißt es in Artikel 138 Weimarer Reichsverfassung, der ins Grundgesetz übernommen wurde. Demnach sollten die Staatsleistungen, die die beiden christlichen Großkirchen aus allgemeinen Steuermitteln erhalten, seit genau 100 Jahren schon nicht mehr bezahlt werden. Aber sie werden weiter gezahlt, Jahr für Jahr. Und sie steigen parallel zur Beamtenbesoldung an: 2018 waren es 538 Millionen Euro, so viel wie nie zuvor. Die evangelische Kirche erhielt davon 314 Millionen, die katholische 224 Millionen Euro. Die Staatsleistungen waren als Ausgleich für die Enteignungen der Kirchen während der Säkularisation gedacht. Diese sind aber längst abgegolten.

Zwar gab es immer wieder vereinzelte Vorstöße von Politikern, diese nicht zweckgebundenen Zahlungen zu beenden, sie wurden aber nie in geltendes Recht umgesetzt. Kurz vor dem Jubiläum "100 Jahre Verfassungsbruch", das am 14. August, dem Tag des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung stattgefunden hätte, haben die beiden deutschen Kirchen jetzt die Initiative ergriffen. Nach einem gemeinsamen Gottesdienst am Sonntagvormittag gaben Bedford-Strohm und Marx in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt, dass sie ab sofort auf die illegalen Zahlungen verzichten wollen. Auch die oft geforderte, einmalig zu zahlende finale Ablösesumme wollen sie nicht.

"Eigentlich wäre es ja Aufgabe der Politiker gewesen, diesen Verfassungsauftrag endlich umzusetzen. Da es aber nicht danach aussieht, als hätten sie die Absicht, dies in absehbarer Zeit zu tun, haben wir das jetzt übernommen", so der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). "Es wäre ja auch peinlich gewesen, diese Zahlungen weiter anzunehmen. Gerade mal knapp über die Hälfte der Deutschen sind noch Mitglied in einem unserer Vereine, 37 Prozent gehören gar keiner Religion an. Es wäre doch unverhältnismäßig, diese Menschen unsere beiden Kirchen jedes Jahr mit Millionenbeträgen mitfinanzieren zu lassen", fügte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hinzu. Somit steht dem Staat nun ein dreistelliger Millionenbetrag mehr pro Jahr zur Verfügung, um seinen Aufgaben nachzukommen.

Doch damit nicht genug: Die beiden Kirchenmänner wollen sogar etwas zurückzahlen: Jahr für Jahr hätten die katholische und die evangelische Kirche Zahlungen erhalten, die ihnen gar nicht zugestanden hätten. "Das können wir mit unserer christlichen Überzeugung nicht vereinbaren. 'Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt', so steht es schließlich in der Bibel", sagte der Münchner Kardinal. Und sein Kollege ergänzte: "Unsere Kirchen erfreuen sich eines enormen Reichtums. Wir wollen dem Auftrag, den uns Jesus Christus gegeben hat, nachkommen und Gutes tun. Wir werden dem deutschen Steuerzahler also künftig jährlich etwas zurückbezahlen. Der Staat weiß sicher etwas damit anzufangen."

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zeigte sich hocherfreut: "Somit können wir sicher sein, dass wir die 'schwarze Null' auch in den kommenden Haushaltsjahren werden halten können." Daneben bleibt vielleicht noch Geld übrig für marode Schulen, die Renovierung baufälliger Brücken, den Glasfaserausbau, den sozialen Wohnungsbau oder andere wichtige Themen, für die der Staat bisher nie ausreichend Mittel zur Verfügung hatte.

Unsere aufmerksamen Leser haben es bemerkt: Die Meldung, dass die Kirchen freiwillig auf die Staatsleistungen verzichten (und Geld zurückzahlen) war - natürlich - ein Aprilscherz.