Neun Jahre brauchten die Mühlen der bayerischen Justiz um ein Urteil zu christlichen Symbolen in staatlichen Gymnasien zu verkünden. Jetzt stellt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in seiner Urteilsbegründung fest, dass vorliegend die missionarische Wirkung des streitgegenständlichen Kruzifixes, insbesondere aufgrund seiner Größe und Positionierung, nicht ausgeschlossen werden kann. Der bfg Bayern begrüßt das Urteil.
Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg hatte seit 2016 die Eltern der betroffenen Schülerinnen des Gymnasiums in Wolnzach rechtlich unterstützt. In einem ersten Schritt erreichten sie, dass das Kreuz im Klassenzimmer abgehängt werden musste. Aber das dominante Kreuz im Eingangsbereich der Schule wurde nicht entfernt. Gespräche mit der Schulleitung blieben folgenlos. Im September 2020 entschied das Verwaltungsgericht in München, dass das Kreuz bleiben kann. Dieses Urteil hat jetzt der BayVGH aufgehoben und den Klägerinnen in diesem Punkt recht gegeben.
Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern begrüßt das Urteil und fordert die bayerische Staatsregierung auf, die Schulleitung in Wolnzach zu veranlassen, im Sinne dieser Entscheidung des BayVGH zu handeln. Der Vorsitzende des bfg Bayern Frank Riegler stellt fest: "Es kann nicht sein, dass das Gericht feststellt, dass das Kreuz dort nicht hängen darf und die bayerische Staatsregierung das Urteil zu einer Einzelfallentscheidung herunterstuft. Damit missachtet sie die Entscheidung des Gerichtes und stellt ihre persönliche Einstellung zum christlichen Glauben über die Normen geltender Gesetze."
Artikel 4, Absatz 1 Grundgesetz garantiert die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses. Demnach gibt es das Recht, an einen Gott oder an eine höhere Macht zu glauben oder auch nicht. Der Staat hat sich neutral zu verhalten.
Der Bund für Geistesfreiheit Bayern (K.d.ö.R.) liegt seit Jahren mit dem Freistaat Bayern im Streit um die Verwendung christlicher Symbole in öffentlichen Gebäuden. Dabei geht es um den auch von den Kirchen kritisch gesehenen Kreuzerlass der bayerischen Staatsregierung aus dem Jahre 2018. Dagegen haben der bfg München und der bfg Bayern geklagt und jetzt eine Verfassungsbeschwerde anhängig gemacht. Hatte die Staatskanzlei bisher das Kreuz als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns definiert, hat Staatsminister Florian Herrmann auf eine Anfrage von Grünen und SPD im März dieses Jahres geantwortet: "Das Kreuz ist ein Symbol des Friedens und in der christlichen Theologie eng verknüpft mit Schuld, Sühne und Versöhnung."
Die Bedeutung der christlichen Kirchen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. In Deutschland sind nur noch etwas mehr als 50 Prozent der Bevölkerung Mitglied in einer der großen christlichen Kirchen. Bürgerlich-freiheitliche Moralvorstellungen haben in vielen Bereichen die christlichen Moralvorstellungen vom Rollenbild der Familie, der gelebten Sexualität und des Jenseitsglaubens abgelöst.
Die bayerische Staatsregierung ist aufgefordert, die negative Religionsfreiheit auch an den Schulen und in ihren Ämtergebäuden zu respektieren.
Hintergrundinformationen:
- hpd-Artikel vom 29.06.2018 "Hexenjagd in der Hallertau"
- Hier das aktuelle Urteil des BayVGH






