Nur eine Minderheit bekennt sich zum Glauben

Leben ohne Gott in Frankreich

Religiöser Glaube und konfessionelle Bindung verlieren in westlichen Gesellschaften zusehends an Bedeutung. In Deutschland stellen die Konfessionsfreien mit 41 Prozent bereits den größten Bevölkerungsanteil und selbst die USA verzeichnen seit Jahren eine steigende Quote von Agnostikern, Atheisten und Personen ohne konfessionelle Bindung. Dass sich auch Frankreich in diese Entwicklung einreiht, belegt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IFOP. Demnach leben 51 Prozent der Französinnen und Franzosen ohne jeden Gottesglauben, gleich welcher Religion oder Konfession. Befragt wurden im August 1018 repräsentativ ausgewählte Erwachsene.

Der Glaubensschwund vollzieht sich offenbar langsam, aber stetig. 1947 hatten sich noch 66 Prozent als gläubig bezeichnet, 2004 und 2011 war die Quote bereits auf 56 Prozent gesunken, 2021 erreicht sie den bisherigen Tiefstand. Dies spiegelt sich laut Umfrage auch bei privaten Gesprächen wider. So unterhielten sich 2009 noch 58 Prozent der Franzosen in der Familie über religiöse Angelegenheiten, heute sind es nur noch 38 Prozent. Die Quote derer, die das Thema im Freundeskreis besprechen, sank im gleichen Zeitraum von 49 auf 29 Prozent.

Die Pandemie hat an alldem nur wenig geändert. Zwar geben 9 Prozent der Befragten an, dass sie sich in dieser Krisenzeit der Religion angenähert hätten, die meisten waren jedoch schon vor Corona praktizierende Katholiken oder Gläubige anderer Konfessionen. Vergleichbare Tendenzen zeigten sich auch bei Befragungen in Deutschland und anderen Staaten. Auch der Brand der Kathedrale Notre Dame löste bei einer klaren Mehrheit von 79 Prozent keinerlei spirituelle oder religiöse Gefühle aus.

Papst Franziskus hat ebenfalls bei seinen Schäfchen an Wertschätzung eingebüßt. Noch 2016 fand die Mehrheit der französischen Katholiken, dass ihr Oberhirte die Werte der Konfession "eher gut" vertrete, nun sind es nur noch 41 Prozent. 44 Prozent schätzen seine Leistung in dieser Hinsicht als "weder gut noch schlecht", 15 Prozent als "eher schlecht" ein.

Ein ambivalentes Bild zeigt sich bei der Beurteilung der Religionen als ethische Richtschnur. Zwar glauben immerhin 68 Prozent der Befragten, dass diese zur Vermittlung von Werten wie Respekt, Toleranz, Großzügigkeit und Verantwortungsbewusstsein beitragen könnten. Trotzdem traut nur eine Minderheit von 47 Prozent den Religionen einen positiven Beitrag zu bedeutenden gesellschaftlichen Debatten zu, etwa in Fragen der Bioethik, Wirtschaftsethik und Familie.

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