Demonstration heute

Missbrauchsbetroffene tragen symbolisch Kirchenakten zum Kölner Landgericht

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Das Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen protestiert vor dem Kölner Landgericht
Das Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen vor dem Kölner Landgericht

Anlässlich des Strafverfahrens am heutigen 18. Januar gegen Pfarrer Bernhard Ue. wegen sexuellen Missbrauchs demonstriert das Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen vor dem Kölner Landgericht gegen die unzureichende Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals durch Staat und Justiz.

Um ihren Protest auszudrücken, türmen die Betroffenen symbolisch mehrere Ordner vor dem Landgericht auf. Die Ordner tragen Aufschriften wie "Geheim-Archiv", "Brüder im Nebel" und "Pflichtverletzungen" – diese beschönigenden Bezeichnungen finden sich immer wieder in Berichten. Auch mehrere Bischöfe haben eigene Ordner bekommen, darunter Woelki, Ackermann, Marx, Janssen, aber auch der ehemalige Papst Benedikt XVI.

Jens Windel von der Betroffeneninitiative Hildesheim erklärt hierzu für das Aktionsbündnis: "So begrüßenswert es auch ist, dass sich endlich mal ein Täter vor Gericht verantworten muss, so erschreckend ist es doch, wie selten dies insgesamt geschieht. Es ist mit der Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaften nicht zu vereinbaren, dass diese blauäugig darauf vertrauen, dass die Kirchen alle relevanten Akten schon von alleine an die Ermittler übergeben würden. Wenn die Staatsanwaltschaften nicht die Kirchenarchive durchsuchen und die zahlreichen Akten beschlagnahmen, dann bringen wir eben die Akten zum Gericht."

Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung hatten bereits im November 2018 alle Generalstaatsanwälte im Bundesgebiet verabredet, die Kirchenarchive nicht zu durchsuchen, sondern lediglich "allen 27 Bischöfen in der Republik einen persönlichen Besuch abzustatten". Im Oktober hatten bereits sechs renommierte Juraprofessoren in Verbindung mit dem Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) Strafanzeigen eingereicht. In ihrer elfseitigen Begründung legen die Rechtsexperten dar, dass ein zwingender Anlass zur Einleitung von "Ermittlungsmaßnahmen zur Überführung der Täter" besteht, "etwa für eine Durchsuchung von Archiven und die Beschlagnahme der vollständigen, nicht anonymisierten Akten." Dies ist bis heute in keinem einzigen Bundesland geschehen. Auch die zahlreichen Appelle der Betroffenenorganisationen an die Politik (u. a. eine Petition mit rund 29.000 Unterschriften!) blieben bislang wirkungslos.

Karl Haucke vom Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen: "Tatsächlich dauert diese unheilvolle Allianz von Kirche, Justiz und Politik schon mehrere Jahrzehnte an. Dies hatte und hat immer noch zur Folge, dass (Geheim-)Akten über schlimmste Verbrechen und Verbrecher angelegt, geführt, verwahrt und gegebenenfalls vernichtet werden konnten, ohne dass die Täter Konsequenzen zu befürchten hatten und die Opfer Gerechtigkeit erhoffen konnten. Weitere Opfer wurden so wissentlich hingenommen."

Zeichnung Justiz, Politik und Kirche
Die Protestierenden präsentieren eine Zeichnung über das Verhältnis von Justiz, Politik und Kirche beim Thema Missbrauch (Bild: © Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen).

Um dies darzustellen, präsentiert das Aktionsbündnis auf einem großen Banner eine Zeichnung. Darauf ist in der Mitte ein Bischof zu sehen. Rechts von ihm steht Justitia mit der bekannten Waage in der Hand. Die Waagschale mit der "Schuld" wird vom Bischof angehoben, so dass die Waage nicht zu Lasten der Schuldigen ausschlägt. An seiner linken Hand führt der Bischof einen Politiker, der desinteressiert zur Seite schaut und ein Liedchen pfeift, anstatt sich für die Betroffenen kirchlichen Missbrauchs einzusetzen. Darunter steht der Titel: "Die Gerechtigkeit & Moral von Justiz, Kirche und Politik."

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