Noch müssen katholische Religionslehrerinnen und -lehrer um ihre Stelle fürchten, wenn sie sich als Angehörige der LGBTI-Community zu erkennen geben. Auch eine erneute Heirat nach der Scheidung kann sie den Job kosten. Das soll sich künftig ändern, wie die Deutsche Bischofskonferenz vergangenen Dienstag bekannt gab.
Bereits Ende Januar hatte der Ständige Rat der Bischofskonferenz die neue "Musterordnung für die Erteilung der Missio canonica" beschlossen. Diese Richtlinie bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Lehrkräfte katholischen Religionsunterricht an Schulen erteilen dürfen. Zu ihren Aufgaben gehört es laut Präambel, "ein Zeugnis des christlichen Lebens in Schule und Unterricht zu geben". Weiter heißt es in dem Papier: "Zu einem solchen Zeugnis christlichen Lebens sind alle Religionslehrkräfte aufgefordert, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrer Behinderung, ihrer persönlichen Lebenssituation, ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität." Auch "theologisch begründete Kritik und Zweifel" sollen den Unterrichtenden künftig erlaubt sein.
Damit unterscheidet sich die neue Richtlinie erheblich von der strengen, derzeit noch gültigen Vorschrift aus dem Jahr 1973. Diese fordert von den Lehrerinnen und Lehrern eine Beachtung der "katholischen Grundsätzen in der persönlichen Lebensführung".
Beobachter sehen die Lockerungen in Zusammenhang mit einer unzufriedenen Stimmung innerhalb der Lehrerschaft. In einer Befragung von 2.300 Religionslehrkräften an Gymnasien und Berufsschulen im vergangenen Jahr sahen 91 Prozent der Befragten große Differenzen zwischen ihrer persönlichen Überzeugung und lehramtlichen Themen wie Sexualität, Frauen in Ämtern und Machtstrukturen. 81 Prozent gaben an, dass ihre Identifikation mit der Amtskirche in den letzten Jahren gesunken sei. 34 Prozent trugen sich gelegentlich mit dem Gedanken, aus der Kirche auszutreten, 9 Prozent erwogen sogar ernsthaft den Austritt.
Noch stehen die Lockerungen aber nur auf dem Papier. Sie werden nicht flächendeckend für ganz Deutschland eingeführt, sondern von jedem einzelnen Bischof für die eigene Diözese umgesetzt.