Einen längst überfällig gewordenen Schritt hat der Innenminister von Nordrhein-Westfalen getan: Er hat die Kooperation mit der von der Türkei geleiteten Ditib (Union der Anstalt für Religion) beendet. Der Auslöser dafür war ein Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet, in dem der Märtyrertod verherrlicht wird. Ditib war Träger des Präventionsprogrammes "Wegweiser", mit dem Jugendliche vor dem Abdriften in den gewaltbereiten Salafismus geschützt werden sollen.
Die Auflösung des Vertrages soll "von beiden Vertragsparteien einvernehmlich vereinbart" worden sein heißt es aus Regierungskreisen.
Das Ende der Kooperation wurde nach der Affäre um einen Comic der türkischen Religionsbehörde Diyanet beschlossen. Ditib untersteht dieser Behörde und wird vom türkischen Staat finanziert. Deshalb werfen Kritiker der Organisation immer wieder vor, als "verlängerter Arm Erdogans" in Deutschland zu wirken. Etliche Politiker und mehrere Bundesländer stellten deshalb bereits die Kooperation mit Ditib infrage. Ditib selbst hat sich gegen den Vorwurf der fehlenden Neutralität gewehrt.
Das Innenministerium des Landes hatte den Landesverband von Ditib in Nordrhein-Westfalen zu einer Stellungnahme aufgefordert, weshalb in dem Comic der Märtyrertod verherrlicht wird und angemahnt, dass sich die Ditib davon distanzieren solle. Das ist nicht geschehen und so bescheinigte NRW-Innenminister Ralf Jäger der Ditib das Fehlen der "notwendigen klaren Neutralität und ausreichenden Distanz" zum Thema Märtyrer-Tod.
Dadurch steht auch die Rolle von Ditib als Berater von NRW-Schulen auf der Kippe. Die Organisation ist über einen Beirat an der Erarbeitung von Vorlagen für den Islamunterricht in NRW beteiligt. Denn es dürfte unwahrscheinlich sein, dass sich eine Organisation, "die sich aus Sicht der Landesregierung als Träger eines staatlichen Präventionsprogramms disqualifiziert hat, trotzdem weiterhin Einfluss auf den Schulunterricht haben darf" schreibt rp-online.
2 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Die Mühlen der Politik mahlen in gemächlichem Trott. Die Merkelitis hat inzwischen das ganze Land erfasst.
Das war kein böser Akt, den mir der Teufel eingepflanzt hat, sondern die Erkenntnis aus Informationen, die man sich problemlos beschaffen kann. Auch von Politikern, bzw. deren Referenten erwarte ich dieses Maß an Neugier und daraus folgender Informiertheit. Und dann erwarte ich gerade von Politikern entschlossenes Handeln. Oder sollen Bürger das in die eigene Hand nehmen?
Nun, die Folgen dieses zögerlichen Vorgehens kann man überdeutlich am Rechtsruck in Deutschland erkennen. Sicher gibt es wohl immer einen gewissen Anteil an rechten Spinnern, die per se nationalistisch und fremdenfeindlich eingestellt sind. Doch wenn die genau zu diesem Zweck gewählten demokratischen Politiker nicht rechtzeitig auf deutlich sichtbare Negativentwicklungen in der Gesellschaft reagieren, dann wenden sich Wählern denen zu, die zumindest behaupten, sie würden etwas gegen die Missstände unternehmen.
Die momentane Stärke der AfD repräsentiert in keiner Weise den rechtsradikalen Gesinnungsanteil Deutschlands. Sie wurde stark, weil viele Bürger "Denkzettel" verteilen wollten, damit "die da oben" aufwachen.
Doch warum braucht es erst solche Beinahekatastrophen, wie die AfD in solcher Stärke in Landesparlamenten, bis die etablierten Parteien aufwachen, etwas tun und dann nur noch auf Normalisierung der Kräfteverhältnissen bei der nächsten Wahl hoffen können?
Politische Probleme oder gesellschaftlich Fragen haben sich durch Aussitzen noch nie von selbst gelöst. Auf was hatte man also bei der Ditib gehofft? Dass dort plötzlich ein moderater Islam gelehrt wird (Khorchides "humanistischer" Islam)? Hat man nicht mit Sven Kalisch oder gerade mit Prof. Khorchide darüber gesprochen, wie die Ditib den ersten erfolgreich und den zweiten bisher erfolglos aus Münster mobben wollte? Oder hätte man nicht wenigstens eine der vielen Zeitungen lesen können, in denen dieses Drama lang und breit dargestellt wurde? Oder hätte man nicht die peinlichen Auftritte Zerkeriya Altugs (Vorstandsmitglied der Ditib in NRW) in öffentlichen Medien (z.B. bei hart aber fair) sehen können?
Ist denn wirklich so schwer zu verstehen, dass die Ditib einen konservativen, rückwärtsgewandten, Geschlechterapartheit-Islam propagiert und in die Schulen trägt? Die Abhängigkeit von Euer Ungnaden Erdogan ist dabei gar nicht das zentrale Problem, sondern dies zeigt nur, welche Art von Islam in der Türkei auf dem Vormarsch ist.
Warum fällt es deutschen Politikern so unendlich schwer, dies a) zu erkennen und b) die richtigen Schlussfolgerungen daraus abzuleiten. Dies ist eben nicht eine "Abschaffung" des Islams, gar der Muslime, sondern ein Entfernen konservativ-religiöser Organisationen aus Machtpositionen.
Die Ditib hat die Ziele ihrer Arbeit hinlänglich und ohne jedes schlechte Gewissen (Überzeugungstäter) seit Jahren bewiesen. Auch wenn ich die jetzige Maßnahme in NRW für viel zu spät halte, könnte es - wenn das bundesweit Schule macht - zu einem Umdenken auf politischer Seite führen. Dann könnten Bürger, die aus Protest die AfD gewählt haben, wieder Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der großen demokratischen Parteien gewinnen und diesen wieder ihre Stimme leihen.
Das würde Politik in Deutschland einfacher gestalten. Doch dabei, ob es soweit kommt, haben die demokratischen Politiker die Wahl...
Ilse Ermen am Permanenter Link
Die Kündigung des Vertrags mit DITIB ist ein Fortschritt, wenn auch nur ein kleiner. Dass der Verein weiterhin ratgebende Funktion haben darf, ist bedauerlich.