Spätestens mit dem Fall Asia Bibis, deren Verurteilung zum Tode wegen Blasphemie weltweit für Bestürzung und Empörung gesorgt hatte, ist die strenge Anti-Blasphemiegesetzgebung Pakistans bekannt. Obwohl diese Gesetze immer wieder missbraucht werden, um unliebsame Menschen hinter Gitter zu bringen, wurden sie nicht den Forderungen von Menschenrechtsorganisationen entsprechend gestrichen, sondern jetzt sogar noch verschärft.
Die pakistanische Nationalversammlung hat einstimmig beschlossen, den Anwendungsbereich der Anti-Blasphemiegesetzgebung zu erweitern und die Strafen für verurteilte Personen noch einmal zu erhöhen. Das Strafgesetzbuch Pakistans sah mit den Paragraphen 295 und 298 bereits vor dem Beschluss hohe Strafen für Blasphemie vor. Geld- und Gefängnisstrafen bis hin zu lebenslänglicher Gefangenschaft und sogar die Todesstrafe für die Beleidigung Mohammeds oder anderer Propheten drohten bei Verurteilung. Lynchjustiz bis hin zur Ermordung bedrohte außerdem diejenigen, die beschuldigt wurden und wütenden Mobs zum Opfer fielen.
In Zukunft reicht es bereits aus, der Beleidigung der Ehefrauen, Begleiter oder Verwandten des Propheten Mohammed beschuldigt zu werden, damit zehn Jahre bis lebenslange Haft und eine Geldstrafe von einer Million pakistanischen Rupien (etwa 3.500 Euro) drohen. Hinzu kommt, dass eine Entlassung gegen Kaution bei Blasphemie-Anschuldigungen nicht mehr möglich sein wird.
Eine Situation, die extrem religiöse Kräfte in ihrer Wut auf alle ihrer Sicht nach un- oder falschgläubigen noch unterstützt und bekräftigt, dass vermeintliche Gottheiten und ihre Vertreter*innen auf Erden in ihren erfundenen Befindlichkeiten zu schützen seien.
Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und vor allem die pakistanische Nichtregierungsorganisation Human Rights Commission of Pakistan (Menschenrechtskommission Pakistan), fordern seit langem die Abschaffung der Anti-Blasphemiegesetze, da diese religiöse Minderheiten, wie zum Beispiel die christliche, zu der auch Asia Bibi gehörte, gefährden. Neben religiösen Minderheiten, zu denen im überwiegend muslimischen Pakistan auch Sekten gehören, können auch muslimische Gläubige ins Visier von Justiz und oder Lynchmobs geraten. Wer als ungeliebte Konkurrenz wahrgenommen wird, kann sich nicht sicher sein, nicht blasphemische Aussagen in den Mund gelegt zu bekommen.
Dafür reicht bisweilen, nur von einem Traum zu berichten. Im November 2022 wurde ein Mann freigesprochen, der der Blasphemie bezichtigt worden war, weil er vor anderen Menschen angab im Traum geflogen zu sein sowie Allah und einige Begleiter des Propheten Mohammed gesehen zu haben. Richter Tariq Saleem Sheikh vom Obersten Gerichtshof in Lahore hatte den Beschuldigten freigesprochen. Den Freispruch begründete er damit, dass die Polizei keine Beweise für Blasphemie vorlegen könne. Zudem könne dem Beschuldigten keine Absicht zur Beleidigung religiöser Gefühle nachgewiesen werden. Der Richter erklärte zudem, dass die Polizei nicht überprüft habe, ob der Beschuldigte an einer mentalen Erkrankung leide. Sei dies der Fall, müsse er eine Behandlung erhalten und vor Bestrafung geschützt werden.
Ob Richter und Beschuldigter sicher vor religiösen Eiferern sind, ist nicht bekannt.
Zusatz der Redaktion: Auch der Zugriff auf Wikipedia wurde in Pakistan wegen angeblicher Blasphemie gesperrt.