Regelmäßig werden in Pakistan Menschen wegen angeblicher Blasphemie zum Tode verurteilt oder Opfer von Lynchmorden. Nun hat der Blasphemie-Vorwurf Wikipedia getroffen. Die Internet-Enzyklopädie wurde wegen der Verbreitung blasphemischer Inhalte landesweit gesperrt.
Laut dem pakistanischen Nachrichtenportal Tribune Express ist die Internet-Enzyklopädie Wikipedia seit vergangenem Freitag in Pakistan landesweit gesperrt. Grund für die Sperrung durch die Telekommunikationsbehörde des Landes ist die angebliche Verbreitung blasphemischer Inhalte durch die Enzyklopädie. Die Zensur sei in Kraft getreten, nachdem Wikipedia der Aufforderung nach Entfernung der beanstandeten Inhalte innerhalb eines gesetzten Ultimatums von 48 Stunden nicht nachgekommen sei, berichtet das Nachrichtenportal. Die Wikimedia Foundation habe Pakistan dazu aufgefordert, den Zugang umgehend wieder freizuschalten.
Pakistan ist berühmt berüchtigt für seinen Umgang mit "Blasphemie". Die Anti-Blasphemie-Gesetze des mehrheitlich muslimischen Landes sehen Gefängnisstrafen plus Geldstrafen bis hin zu lebenslänglicher Haft oder gar dem Tod für Personen vor, die religiöse Gefühle verletzen sowie den Propheten oder den Islam herabwürdigen. Erst im Januar hatte das pakistanische Parlament für eine weitere Verschärfung der Blasphemie-Gesetzgebung gestimmt. Die neuen Regeln sehen nun auch mindestens zehn Jahre Gefängnis für jeden vor, der die Ehefrauen, Freunde und Familienmitglieder des Propheten Mohammed beleidigt.
Eine Anschuldigung wegen Blasphemie ist in Pakistan jedoch nicht nur aufgrund der Gesetzgebung problematisch, sondern auch, weil eine solche Anschuldigung nicht selten zu Lynchmorden führt. Opfer von willkürlichen Blasphemie-Anschuldigungen werden oft Angehörige nicht-muslimischer Weltanschauungen. Weltweit bekannt wurde 2010 der Fall der pakistanischen Christin Asia Bibi. Blasphemie-Beschuldigungen werden jedoch auch genutzt, um missliebige Personen mit religiöser Begründung aus dem Weg zu räumen. So wurde im vergangenen Jahr eine Lehrerin ermordet, weil einem 13-jährigen Mädchen im Traum der Prophet Mohammed erschienen sei, der die Lehrerin der Blasphemie bezichtigt und ihre Tötung gefordert haben soll.
Die aktuelle Sperrung der Online-Enzyklopädie ist nicht der erste Versuch Pakistans, Internetprojekte wegen des Vorwurfs der Blasphemie zu reglementieren. Durch die landesweite Sperre von Wikipedia bekommt der pakistanische Blasphemie-Fetisch jedoch eine neue Dimension: Das fundamentalistisch-islamische Land möchte nicht mehr nur über Blasphemie innerhalb der eigenen Grenzen urteilen und den Umgang damit festlegen, sondern der ganzen Welt vorschreiben, was als Blasphemie zu betrachten und wie mit ihr umzugehen sei.
6 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ein deutliches Zeichen von Größenwahn in diesem muslimischen Land. Pakistan ist noch 400 Jahre entfernt vom Großteil der Welt, wenn sich dort nicht grundlegend etwas ändert, wird das Land im Chaos versinken.
Helmut-Otto Manning am Permanenter Link
Zensur ist immer Mittel der Tyrannei, egal ob politisch oder religiös!
Antimodes am Permanenter Link
Ihre Aussage ist so allgemein wie falsch.
Die Vorzensur ist sehr wohl beliebtes Mittel von Despoten aller Coleur.
Außerdem wird Hassrede, Aufrufe zu Gewalt und die Verbreitung bestimmter Urheberrechtsverstöße zensiert.
Angelika Wedekind am Permanenter Link
Gerade habe ich als Vorsitzende der Säkularen Flüchtlingshilfe Hamburg mit einem Pakistani zu tun, der als Islamkritischer Menschenrechtsaktivist eigentlich in Deutschland Asyl beantragen wollte und es nun doch lieber
Beckert Rudolf am Permanenter Link
es zählt nur der Machterhalt für Religion.
wolfgang am Permanenter Link
Die Macht der Angst und die macht angst.