Gemäß der jüngsten polnischen Bischofskonferenz gilt Homosexualität als unnatürlich und ungesund. Dabei wurde empfohlen, diese unter bestimmten Bedingungen mittels einer Therapie zu beseitigen. Die menschenfeindliche Einstellung, wonach Homosexualität heilbar sei, führt in Polen – befördert durch hochrangige Geistliche – auch weiterhin zu Stigmatisierungen, die die Psyche vieler Betroffener enorm belastet.
Unter anderem, um sich mit der kirchlichen Haltung zur Homosexualität zu befassen, wurde bei der letzten bischöflichen Vollversammlung ein 27 Seiten langes Dokument zur "LGBT+-Frage" verfasst. Darin geht es (vermeintlich) um die Anerkennung der Würde von lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Menschen, aber auch die Ablehnung des Genderns, die Nichtanerkennung des dritten Geschlechts und die sogenannten Konversionstherapien kommen darin zur Sprache.
Laut dem Weihbischof Jozef Wrobel, der gleichzeitig der Vorsitzende der Bioethik-Expertengruppe zur Konferenz war, können homosexuelle Neigungen überwunden und die Träger dieser im Zuge einer Therapie seelisch gestärkt werden. Auch ein Leben ohne Ehe und in Keuschheit für Homosexuelle müsse ihm zufolge angestrebt werden, da diese in heterosexuellen Partnerschaften nicht glücklich werden können. Die Option, auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten zu lassen, kommt für ihn nicht in Frage. Dass damit Forderungen aufgestellt werden, die im Widerspruch zu ärztlichen Empfehlungen stehen und Homosexualität fälschlicherweise als Krankheit bezeichnet wird, wird an keiner Stelle im Papier reflektiert.
Die zwei Bedingungen, unter denen Homosexuelle eine Therapie erhalten sollen, sind zum einen die Freiwilligkeit, wonach also der Wunsch dazu bestehen müsse, und zum anderen dürfe die betreffende Person noch keine "sexuellen Erfahrungen homosexueller Art" gemacht haben.
Im Dokument finden sich noch weitere Standpunkte, die als reaktionär bezeichnet werden können. So wird darin die Ehe gleichgeschlechtlicher Paare als eine Schwächung der Institution Ehe interpretiert. Zwar bestreite die Kirche nicht, dass homosexuelle Menschen lieben können, aber dies könne nicht mit ehelicher Liebe gleichgesetzt werden. Auch sollen Paare, die nicht aus Mann und Frau bestehen, nicht die Möglichkeit haben, Kinder zu adoptieren. Ferner wird behauptet, dass Homosexualität ein "Symptom für Wunden an verschiedenen Ebenen der Persönlichkeit" sei. Außerdem sollen die Konversionstherapien und entsprechende Beratungen das Ziel haben, Menschen zu helfen, um "Gottes Willen in ihnen auszuführen". Hormonelle und operative Eingriffe in das Geschlecht, die einige Trans*-Personen vornehmen, seien zudem eine "Selbstverstümmelung".
Bereits seit längerem steht die polnische Kirche wegen eklatanten Fällen von Homophobie in der Kritik. Mehrere Priester haben die Bewegungen zur Stärkung der Rechte von LGBTIQ mit der Pest verglichen und als "Ideologie mit totalitären Merkmalen" diskreditiert. Während der polnischen Parlamentswahl 2019 hatten führende Politiker der PiS-Partei (sie erhielt 43,6 Prozent der Stimmen) im Einklang mit katholischen Geistlichen Kampagnen zur Abwertung sexueller Minderheiten gestartet. Der Erzbischof Marek Jedraszewski stellte sich auf die Seite der Regierungspartei und verkündete reichweitenstark in der Predigt zum Jahrestag des Warschauer Aufstandes, dass es eine neue Seuche in den Farben des Regenbogens gebe. In der aufgeheizten Stimmung kam es auch zu Angriffen auf Pride-Paraden mit mehreren Verletzten.
In Deutschland sind "Umpolungsversuche" an Minderjährigen bereits verboten. Ein in der zugehörigen Debatte vielfach ins Feld geführter Grund für das Verbot war die unnötige psychische Belastung, die von der Abwertung der Homosexualität herrührt. Es besteht unter den Mediziner*innen Konsens darüber, dass Depressionen, Angsterkrankungen und ein erhöhtes Suizidrisiko häufig direkte Folgen einer unterdrückten sexuellen Identität sind. Außerdem gibt es keine einzige Studie, die nachweist, dass die sexuelle Orientierung dauerhaft verändert werden kann. Diese Fakten vermögen viele polnische Geistliche offenbar nicht anzuerkennen.
10 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Die menschliche Sexualität unter gesellschaftliche Kontrolle zu bringen ist ein wesentlicher Zweck aller Kulturen. Insoweit sind Kulturen Zwangssysteme.
E. Steinbrecher am Permanenter Link
Tja - das sind die garantiert nicht wissenschaftlich fundierten "Wünsche" des Klerus. Die Frage ist nur, wer den Auftrag gab, derlei kund zu tun?
Der Nachfolger des polnischen Papstes, ein Herr Ratzinger mit bürgerlichen Namen, hatte einen Verbindungskaplan zur Kurie. Dieser äußerte laut, in nicht katholische Gehörgänge, das er sich frage, wie lange es dauert, bis er, neben päpstlich angeordneten Rüschensocken, auch noch Rüschenslip´s, auf ausdrückliche Anordnung seiner Heiligkeit wohlgemerkt, tragen sollte! Ferner war der Herr Kaplan der Ansicht, das seit der Barockzeit, nicht mehr soviele homosexuell veranlagte Priester in dem Kleinstaat tätig waren, wie zu Zeiten des Pontifkates des bayerischen Papstes.
Aber damit noch lange nicht genug: Wer mehr wissen will, dem empfehle ich das Buch
von Herrn Carmello Abbate, Sex und der Vatikan.
Sascha Larch am Permanenter Link
Guter Kommentar, aber muß der falsche apostroph unbedingt sein?
Roland Fakler am Permanenter Link
Die Lösung des Problems kann nur so aussehen, dass diesen Hinterwäldlern der Einfluss auf die Gesetzgebung vollständig verwehrt wird.
Karol Dittel am Permanenter Link
Manchen Menschen will man zwanghaft Heilung zukommen lassen die sie nicht brauchen, und manche Menschen denken nicht an mögliche Hilfen die sie dringend benötigen. Polnische Priesterschaft Beispielsweise.
Ein paar nette Impressionen und ein Blick in die andauernde mittelalterliche Vergangenheit ;)
"Księża na wojnie z koronawirusem, a dyrektor Rydzyk chce kasy" zu Deutsch "Priester im Krieg gegen den Corona Virus, und Rydzyk will Geld"
https://www.youtube.com/watch?v=IDFSnilyDfA
M. Landau am Permanenter Link
Dummheit und Ignoranz sind jedenfalls unheilbar.
Günter Rack am Permanenter Link
Religiöser Irrglaube offenbar auch nicht
M. Landau am Permanenter Link
Sag ich doch ;-)
Klaus Bernd am Permanenter Link
Man sollte nicht glauben, dass das ein Sonderweg der polnischen Bischöfe sei. Was Weihbischof Jozef Wrobel da von sich gibt ist nichts anderes als die offizielle Haltung der katholischen Kirche.
„ ungeordnet“, das impliziert ja nichts anderes, als dass das „geordnet“ werden könnte.
Für diejenigen, die sich den Text zur Gänze nicht antun wollen, hier die anmaßendsten Passagen (Ausrufezeichen von mir):
„Die Legalisierung von homosexuellen Lebensgemeinschaften würde deshalb dazu führen, dass das Verständnis der Menschen für einige sittliche Grundwerte verdunkelt (!?) und die eheliche Institution entwertet würde. Es gibt jedoch gute Gründe zur Annahme, dass diese Lebensgemeinschaften für die gesunde (!) Entwicklung der menschlichen Gesellschaft schädlich sind, vor allem wenn ihr tatsächlicher Einfluss auf das soziale Gewebe zunehmen würde.“
IV. VERHALTENSWEISEN DER KATHOLISCHEN
POLITIKER IN BEZUG AUF GESETZGEBUNGEN
ZU GUNSTEN
HOMOSEXUELLER LEBENSGEMEINSCHAFTEN (!)
Wenn sie mit Gesetzesvorlagen zu Gunsten homosexueller Lebensgemeinschaften konfrontiert werden, sind folgende ethische Anweisungen zu beachten. (!)
Wird der gesetzgebenden Versammlung zum ersten Mal ein Gesetzesentwurf zu Gunsten der rechtlichen Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften vorgelegt, hat der katholische Parlamentarier die sittliche Pflicht, klar und öffentlich seinen Widerspruch zu äußern und gegen den Gesetzesentwurf zu votieren. Die eigene Stimme einem für das Gemeinwohl der Gesellschaft so schädlichen (!) Gesetzestext zu geben, ist eine schwerwiegend unsittliche Handlung.
...
SCHLUSS
11. Nach der Lehre der Kirche kann die Achtung gegenüber homosexuellen Personen in keiner Weise (!) zur Billigung des homosexuellen Verhaltens oder zur rechtlichen Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften führen. Das Gemeinwohl verlangt (!), dass die Gesetze die eheliche Gemeinschaft als Fundament der Familie, der Grundzelle der Gesellschaft, anerkennen, fördern und schützen. Die rechtliche Anerkennung homosexueller Lebensgemeinschaften oder deren Gleichsetzung mit der Ehe würde bedeuten, nicht nur ein abwegiges (!) Verhalten zu billigen und zu einem Modell in der gegenwärtigen Gesellschaft zu machen, sondern auch grundlegende Werte zu verdunkeln (!?), die zum gemeinsamen Erbe der Menschheit (!) gehören. Die Kirche kann nicht anders, als diese Werte zu verteidigen, für das Wohl der Menschen und der ganzen Gesellschaft.
…
Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 3. Juni 2003, dem Gedenktag der heiligen Märtyrer Karl Lwanga und Gefährten.
Joseph Card. Ratzinger
Präfekt
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Liebe fragt nicht nach dem "Geschlecht" und die Kirchen wissen nicht was Liebe ist, diese kennen nur Machtausübung mit allen Mitteln, auch mit Gewalt, wie wir seit Jahrtausenden wissen.