In Großbritannien hat der ehemalige Vorsitzende eines Rabbinatsgerichts seine Glaubensgenossen aufgefordert, lieber ihr Leben zu lassen als staatlichen Anforderungen für den Unterricht über Homosexualität Folge zu leisten.
Dayan Gavriel Krausz ist der ehemalige Vorsitzende des Rabbinatsgerichts von Manchester. Sein Wort hat unter orthodoxen Juden in Großbritannien Gewicht. Laut The Jewish Chronicle nutzte Krausz das Gewicht seines Wortes jüngst, um Partei zu nehmen gegen eine vom Parlament mit großer Mehrheit verabschiedete neue Richtlinie. Die sogenannte "RSE policy" besagt, dass Kinder vor dem Abschluss an einer weiterführenden Schule darüber aufgeklärt werden müssen, dass es gleichgeschlechtliche Beziehungen gibt. Das gilt auch für auch orthodoxe jüdische Schulen.
Derzeit zirkulieren an diesen Schulen laut Jewish Chronicle Zettel mit Aussagen, die Rabbi Krausz jüngst auf Protestveranstaltungen gegen die neue Richtlinie getätigt haben soll. "Wir sind dazu verpflichtet, eher unser Leben zu geben, als hier nachzugeben – so wie es unsere Vorfahren über Generationen getan haben", sagte Krausz danach. "Selbst, wenn Schulen geschlossen werden und Menschen, die dem Gesetz trotzen, ins Gefängnis kommen, ist es uns nicht erlaubt, auch nur einen Iota nachzugeben", teilte Krausz seinen Glaubensgenossen mit. "Wenn wir aufgeben und einlenken, können wir uns von den kommenden Generation verabschieden", schließt er.
Ob die Glaubensgenossen von Rabbi Krausz tatsächlich gewillt sein werden, ihr Leben und ihre Freiheit zu opfern, damit ihre Kinder nicht erfahren, dass es homosexuelle Beziehungen gibt, wird sich im September nächsten Jahres herausstellen. Dann tritt die neue Richtlinie nämlich in Kraft.
7 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Das ist eine Anweisung an die ultraorthodoxen Juden, die eine absolute Minderheit unter den Juden darstellen. Selbst in Israel.
Das macht die Aussagen nicht besser, zeigt aber, dass es sich um eine Sondermeinung im breiten Spektrum des Judentums handelt. Diese Gruppe der charedischen Juden sieht z. B. die Shoah als gerechte Strafe Gottes für zu laxes Leben der Juden in Deutschland. Alle 613 Regeln des Judentums müssen penibel eingehalten werden.
Das zeigt uns allerdings, wie Religion ihre Anhänger fanatisiert und völlig lebensfremd macht, wenn sie in ihrer reinen, ursprünglichen Form auftritt. Nur die Distanzierung von religiösen Inhalten macht Menschen lebensfähig im Sinne einer friedlichen, freien und offenen Gesellschaft. Daher brauchen wir überall nicht mehr, sondern weniger Religion.
Religion geißelt Menschen und verführt sie, sich selbst und andere zu geißeln...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Wie weltfremd und verklemmt muss man sein um sich derartig zu äussern!
Ludwig A. Minelli am Permanenter Link
Da kann man nun mit Fug und Recht Arthur Schopenhauer (aus seinem Religionsdialog) zitieren:
"So stark ist die Gewalt früh eingeprägter religiöser Dogmen, dass sie das Gewissen und zuletzt alles Mitleid und alle Menschlichkeit zu ersticken vermag. Willst du aber, was frühe Glaubenseinimpfung leistet, mit eigenen Augen und in der Nähe sehn, so betrachte die Engländer. Sieh diese von der Natur vor allen andern begünstigte und mit Verstand, Geist, Urteilskraft und Charakterfestigkeit mehr als alle übrigen ausgestattete Nation; sieh sie, tief unter alle andern herabgesetzt, ja, geradezu verächtlich gemacht durch ihren stupiden Kirchenaberglauben, welcher zwischen ihren übrigen Fähigkeiten ordentlich wie ein fixer Wahn, eine Monomanie, erscheint. Das haben sie bloss dem zu danken, dass die Erziehung in den Händen der Geistlichkeit ist, welche Sorge trägt, ihnen sämtliche Glaubensartikel in frühester Jugend so einzuprägen, dass es bis zu einer Art partieller Gehirnlähmung geht, die sich dann zeitlebens in jener blödsinnigen Bigotterie äussert, durch welche sogar übrigens höchst verständige und geistreiche Leute unter ihnen sich degradieren und uns an ihnen ganz irre werden lassen."
(Aus Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena II, Kapitel 15, Über Religion; detebe Klassiker 20430, S. 362 f.)
Hans Trutnau am Permanenter Link
Nicht unflott.
Daher stammt also die häufig zitierte "Art partieller Gehirnlähmung".
Pseudonym am Permanenter Link
Ich finde es sehr beeindruckend und lehrreich, wie man sich beim Frontalangriff als bedroht und unterdrückt inszenieren kann.
Die Generationen alte Tradition der Unterdrückung vom Minderheiten und das Bekenntnis, dass ohne diese der eigene Lebenssinn verschwindet, legen allerdings bei genauerer Betrachtung dann doch den Schluss nahe, dass es höchste Zeit wird, sich von allen kommenden Generationen umgehend zu verabschieden.
David Krause am Permanenter Link
"Wenn wir aufgeben und einlenken, können wir uns von den kommenden Generation verabschieden"
Hat er gut erkannt. Umso mehr Rechte den Unterdrückten zugesprochen werden, desto offensichtlicher wird, dass Religion auf Angst und Hass baut. Die junge Generation möge den Schatten des Aberglaubens verlassen und ins Licht der Vernunft treten.
Stefan Stolle am Permanenter Link
so sieht man mal wieder, wie religionsführer für intoleranz und unfrieden in der welt agieren. wenn man jüdische theologen darüber befragt, gibt es keine gründe, welche homosexualität als verboten brandmarken.