Kommentar

Corona-Pandemie: Rechtspopulisten haben keine Antworten

Politiker können sicherlich für vieles kritisiert werden. Dass eindämmende Maßnahmen nicht früh genug eingeleitet wurden, dass entsprechende Materialien nicht stärker auf Vorrat vorhanden waren oder aber, dass ernsthaft mit dem Gedanken gespielt wurde, eine große Zahl der Krankenhäuser zu schließen. Doch eines geht gewiss nicht: die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie als übertrieben darstellen. Aber genau das macht die AfD.

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat ein ambivalentes Verhältnis zur Religion. Einerseits gibt sie gerne vor, das Sprachrohr für konfessionsfreie Menschen zu sein und steht etwa in Bayern offen für die Auflösung der Staatskirchenverträge ein oder aber spricht von Amtskirchen als Lobbygruppen. Andererseits verkünden hochrangige Funktionäre wie Alice Weidel, dass ihre Partei die einzig christliche sei und tatsächlich lässt sich auch eine Vernetzung bis hin zu christlich-fundamentalistischen Organisationen feststellen. Zu nennen wäre dabei unter anderem die "Initiative Familienschutz" oder die "Demo für alle". Die stellvertretende Bundessprecherin der AfD, Beatrix von Storch, war regelmäßig bei letzterer zugegen und agitiert zusammen mit anderen christlichen Hardlinern in diesem Zuge gegen die Ehe für alle.

Nur zu gut ins Bild passt dabei der neuste Vorstoß der AfD, die Kirchen sowie weitere kontaktreiche Orte zu Zeiten einer Pandemie wieder für die Allgemeinheit zu öffnen. Volker Münz, der kirchenpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, setzt sich sogar mit Nachdruck dafür ein, dass es umgehend wieder Gottesdienste gibt und verweist dabei auf eine Wichtigkeit des Begehens hoher Feiertage sowie den Umstand, dass es ein entsprechendes Verbot weder zu Diktatur- noch zu Kriegszeiten je gegeben habe. Dabei kommt es gerade jetzt mit der hohen und weiterhin steigenden Zahl von Infizierten darauf an, dass wir vernünftig handeln. Und es gibt eben Zeiten, zu denen die Gesundheit aller wichtiger ist als die Befriedigung religiöser Bedürfnisse. Andernfalls müssen alle, also auch all die vielen Menschen, die sich in den letzten Tagen und Wochen mit Bravour an die Vorgaben gehalten haben, im Zweifelsfall unnötig länger anhaltende Beschränkungen aufgrund des Fehlverhaltens von einigen wenigen hinnehmen. Ebenso kann auch eine Überlastung des Gesundheitswesens keinesfalls ausgeschlossen werden, wenn nun unbedacht, wie von der AfD gefordert, Freizeitaktivitäten wie Gottesdienste wieder erlaubt werden.

Die bestehenden Beschränkungen als unverhältnismäßig zu bezeichnen sowie deren Auflösung zu fordern, ist ein verantwortungsloses Gebaren. Hier zeigt sich ein weiteres Mal in voller Blüte die fachliche Unzulänglichkeit der AfD, für reale Probleme adäquate Lösungen vorzuschlagen. Wie eindeutig eine Regierung bestehend aus Rechtspopulisten das Wohl der Allgemeinheit aus dem Blick verliert und wie folgenschwer dies ist, zeigt sich traurigerweise aktuell am Beispiel der USA, welche aufgrund der fortwährenden Relativierungen der Gefahr von höchster politischer Stelle aus nun besonders schwer betroffen sind.

Wenn Deutschland hingegen wie bisher mit einem blauen Auge davonkommen möchte, ist es notwendig, sich die fatalen Folgen, die vom exponentiellen Wachstum der Zahl der Überträger*innen ausgehen, vor Augen zu führen und die Maßnahmen, die, wie erste Untersuchungen zeigen, auch wirksam sind, aufrechtzuerhalten. Nur schrittweise und im Einklang mit den wissenschaftlichen Empfehlungen können diese zurückgefahren werden – und Freizeitaktivitäten wie Gottesdienste stehen dabei gewiss nicht weit oben auf der Prioritätenliste.

Doch nicht nur bei der Frage der Kontaktsperren positioniert sich die AfD antiwissenschaftlich. Wenn eine in hiesigen Parlamenten vertretene Partei mit der systematischen Verbreitung von Verschwörungstheorien auffällt, dann ist es die AfD samt ihrer Wählerschaft. Folgerichtig verkünden ihre Funktionäre auch, dass es sich beim Coronavirus um eine gezielt gestreute "Hysterie" handele, um der Wirtschaft im Auftrag einer "Finanz-Oligarchie" zu schaden oder aber, dass die Statistiken aus Italien gefälscht seien.

Die Studienlage sowie der gesunde Menschenverstand strafen diese Ansichten eindeutig Lügen. Immerhin scheinen das perfide Spiel der AfD, mit Un- und Halbwahrheiten auf Stimmenfang zu gehen, immer mehr Menschen zu durchschauen. Die Partei ist in jüngsten Umfragen ob ihres Mangels an sinnvollen Lösungsstrategien stark abgestürzt. Hoffentlich erinnern sich die Wähler*innen auch beim nächsten Gang zur Urne noch an das Verhalten der AfD in Sachen Corona, an ihre Verteufelung der Wissenschaft und ihr im Zweifel vehementes Einstehen für die Kirchen.

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