Der polnische Pfadfinderverband möchte Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihren eigenen weltanschaulichen Weg zu finden. Darum ist es nicht mehr notwendig, dass sie sich im Pfadfinderversprechen auf Gott verpflichten. Diese Entscheidung begrüßen nicht alle. Kritiker warnen vor einer gottlosen Welt.
Jeder Pfadfinder muss ein sogenanntes Pfadfinderversprechen ablegen. Das Versprechen variiert leicht von Verband zu Verband, üblicherweise verpflichtet er sich aber dabei, das Pfadfindergesetz zu erfüllen, anderen Menschen jederzeit zu helfen und seine Pflicht gegenüber Gott und dem eigenen Land zu tun.
Der polnische Pfadfinderverband Związek Harcerstwa Polskiego, kurz ZHP, hat bei seinem 42. nationalen Kongress beschlossen, dass das Pfadfinderversprechen in Zukunft nicht mehr das Versprechen zum Dienst an Polen und Gott umfassen muss, sondern auch Polen allein gelten darf. Nachdem Versprechen ohne die Nennung Gottes bei anderen Pfadfinderorganisationen bereits üblich sind und eine Änderung auch beim polnischen Verband schon seit 2014 diskutiert wurde, hat man bei der diesjährigen Konferenz demokratisch entschieden, sich dem anzuschließen.
Die Organisation begründet die Entscheidung damit, dass sie Jugendlichen die Möglichkeit geben will, ihren eigenen Weg zu finden. Mit dem zwingenden Versprechen, auch Gott dienen zu wollen, verschlösse man sich denjenigen, die noch nicht bereit seien, ihren Glauben zu definieren, jedoch auf der Suche danach seien. Mit der Entscheidung respektiere man Themen, die den Mitgliedern wichtig seien. Auch verweist man auf die Praktiken in anderen Ländern, in denen die Verpflichtung zum Versprechen an Gott von Verband zu Verband variiert. In Deutschland verwenden nicht religiös orientierte Verbände natürlich Pfadfinderversprechen ohne Gott. In Dänemark und Schweden wird versprochen, sich an die Pfadfinderregeln zu halten. In der Schweiz ist Gott optional.
Dass die Entscheidung gegen das Pflichtversprechen an Gott auf reichlich Kritik stoßen würde, war abzusehen – auch da der Verband ZHP selbst Mitglied religiöser Organisationen ist, wie zum Beispiel der Internationalen Katholischen Konferenz des Pfadfindertums. Der aus sieben Geistlichen bestehende Pastoralrat des ZHP warnte deshalb umgehend, dass die Entscheidung, das Pfadfinderversprechen nicht mehr zwingend auf Gott ablegen zu müssen, sowohl dem Atheismus als auch einer Entchristianisierung Auftrieb geben könne. Christliche Werte sowie die Identität polnischer Pfadfinder und ihre über hundert Jahre umfassende Tradition könnten ebenfalls untergraben werden.
Der Kritik schließt sich der polnische Politiker der rechten PiS-Partei und Minister in der Kanzlei des Ministerpräsidenten Jan Dziedziczak an. Dziedziczak, selbst Mitglied beim ZHP, hält die Entscheidung der Konferenz für eine schlechte Idee. Er hält den Wegfall der Pflicht, auf Gott zu schwören, gar für eine Ideologie. Ideologische Neutralität kann es nach Dziedziczak nicht geben, weswegen er im Verzicht auf den verpflichtenden Schwur auf Gott den Versuch sieht, eine atheistische Ideologie zu implementieren und eine Welt ohne Gott zu schaffen.
7 Kommentare
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
In den Kritiken an diesem Beschluss tauchen ein paar verräterische Formulierungen auf:
- „Atheismus“ auch dieses Wort ein Kampfbegriff, der in gewissen Kreisen synonym für „das Böse“ gebraucht wird. Vor 80 Jahren rechtfertigte er die stillschweigende Zustimmung des Papstes zum Überfall auf die Sowjetunion. Und heute den Überfall Putins auf die Ukraine.
- „Entchristianisierung“ als ob das per se etwas schlimmes sei; wo bleiben da Religionsfreiheit und Wertschätzung anderer Religionen ?
- „christliche Werte“ das was da gemeint ist christlich zu nennen ist ein Hohn; die wichtigsten christlichen Werte sind hingegen nmM Unterwürfigkeit und Bigotterie; die Unterwürfigkeit des gemeinen Volkes und die Bigotterie von Geld- Blut- Polit- und Kleriker-Adel
- „Identität“ über Kern und Schadenspotential „identitärer“ Bewegungen braucht man hier nicht mehr zu referieren
- „Tradition“ als heilige Kuh, an der man nichts verändern darf. Sie ist auch eine Säule der „Christlichen Kultur“ und der Religion. Ich erinnere mich an die Aussagen Kölner Kirchenfürsten zum „Dreikönigsfest“. Sinngemäß hieß es da, dass in dem unglaublich kostbaren Schrein die Gebeine der Heiligen Drei Könige ruhten sei „der Tradition nach wahr“.
„weswegen ... eine Welt ohne Gott zu schaffen.“
wie ärmlich muss es um den Glauben an Gott bestellt sein, wenn man auch nur ansatzweise glaubt, es sei möglich eine Welt ohne Gott zu schaffen ?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Eine Welt ohne Gott schaffen, das wäre der Weg Frieden zu schaffen, Selbstbestimmtheit statt Unterwerfung, Freiheit des Denkens statt Indoktrination.
Was sind die christlichen Werte ? Hexenverbrennung, Mörder und Kinderschänder decken, Reichtümer anhäufen mit Lügen und Betrug, Erpressung und Schwindeln.
Kein Mensch braucht wirklich einen erfundenen Gott, ausser jene, welche davon profitieren, das ist der einzige Grund, weshalb diese uns ständig einreden ohne Gott wären wir verloren.
Dr. Jochen Lengerke am Permanenter Link
Ich hoffe sehr, dass die Kritiker recht behalten. Etwas Besseres könnte den Pfadfindern nicht passieren.
Roland Fakler am Permanenter Link
Vielleicht sollten sie da mal ihren Herrn Jesus befragen, der meinte: „Ich aber sage euch, daß ihr überhaupt nicht schwören sollt,…“Math. 5:34
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Kritiker warnen..." - ja, wo kämen wir denn da auch hin!?!
A.S. am Permanenter Link
In einer Welt ohne Gott hätten Priester/Mullahs/Rabbiner nichts mehr zu sagen.
Wäre das nicht fein?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Na na, liebe Anja - wo kämen wir denn da hin?!?