Polen: Streit um den Religionsunterricht eskaliert

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Barbara Nowacka (2. von links, vorne) mit dem jetzigen polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk (2. von rechts, vorne) 2023.
Barbara Nowacka mit Donald Tusk

In Polen hat das neue Schuljahr gerade begonnen – und mit ihm eine weitere Runde im Konflikt zwischen säkular-liberalen Kräften und konservativen Seilschaften aus Politikern und Kirche.

Die linksliberale Bildungsministerin Barbara Nowacka hatte den Religionsunterricht an öffentlichen weiterführenden Schulen per Verordnung von zwei auf eine Wochenstunde gekürzt. Doch das polnische Verfassungsgericht erklärte die Maßnahme im Juli für rechtswidrig. Die Richter betrachten die Kürzung als unvereinbar mit der Verfassung und dem Gesetz über das Bildungswesen. Weiterhin vertreten sie die Ansicht, die Bildungsministerin habe den Inhalt der angefochtenen Verordnung willkürlich gestaltet. Sie sei verpflichtet, im Einvernehmen mit Vertretern von Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften zu handeln, habe aber deren Einwände ignoriert.

Unterstützung erhält das Gericht von der Polnischen Bischofskonferenz. Deren Sprecher, Leszek Gesiak, bezeichnete das Vorgehen von Nowacka als "rechtswidrig" und forderte das Bildungsministerium auf, "das Gesetz einzuhalten". Zudem kündigte Gesiak weitere rechtliche Schritte an – "auch bei internationalen Institutionen".

Barbara Nowacka hingegen wies das Urteil entschieden zurück. Sie erkenne die Entscheidung des Gerichts nicht an, erklärte die Ministerin. Sie vertritt die linksliberale Partei iPL und gehört der Regierung des liberalen Premierministers Donald Tusk an. Diese hatte im Jahr 2023 die rechtskonservative PiS-Regierung abgelöst. Nowacka verwies darauf, dass das Parlament dem Verfassungsgericht im März 2024 die Legitimität abgesprochen hat, weil die alte Regierung mehrere Richter rechtswidrig ernannt habe.

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, der Europarat, die EU-Kommission und der US-Kongress hatten damals die Gerichtsreform der PiS-Partei scharf kritisiert.

Trotz des Regierungswechsels haben rechtskonservative Kräfte in Polen noch immer großen Einfluss. Das jetzige Urteil sei ein "Versuch, das Bildungssystem zu destabilisieren", so die Bildungsministerin im Interview mit dem Nachrichtenportal Onet. Weiter sagte sie: "Eine Gruppe, die sich als Gericht ausgibt, untergräbt gemeinsam mit Bischöfen das Handeln der Regierung."

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