Stelle frei: Exorzist für das Bistum Chur gesucht

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Chur im Jahr 1655 – für die katholische Kirche hat sich seitdem nicht viel verändert.
Chur im Jahr 1655

Einer der bekanntesten Exorzisten Europas, der Schweizer Christoph Casetti, ist verstorben. Doch der Glaube an Dämonen und Besessenheit lebt weiter. Bischofsvikar Casetti, der am 9. Februar verstarb, war seit 1982 für das Bistum Chur tätig und trieb dort seit 2014 den Teufel aus. Momentan ist die Stelle des Exorzisten vakant, wie der Medienbeauftragte des Bistums mitteilt.

Teufelsaustreibung – das klingt nach Geschichtsbuch oder Kinofilm, ist für viele Gläubige jedoch auch heute noch Realität. In Freikirchen ebenso wie bei Papst Franziskus. In der Schweiz verzeichneten die Kirchen in den letzten Jahren sogar eine gestiegene Nachfrage nach Exorzisten. Der evangelischen Informationsstelle Relinfo zufolge hat sich die Anzahl der Anfragen zwischen 2012 und 2017 verdreifacht. Etwa 1.300 Menschen suchen nach Angaben des SRF jährlich bei den Schweizer Kirchen die Hilfe von Teufelsaustreibern (Stand 2017).

Offenbar sind nicht allein Schweizer Gläubige darunter. In einem Interview sprach Christoph Casetti von vielen Anfragen, unter anderem aus Deutschland. Dort seien die Diözesen zurückhaltender mit dem, was der Exorzist "Befreiungsdienst" nannte.

Casettis langjährige Wirkungsstätte, das Bistum Chur, gilt bei Kennern wie Georg Schmid von Relinfo als "Eldorado des Exorzismus". Schätzungen zufolge wurden dort in den letzten zehn Jahren fünf bis zehn sogenannte große Exorzismen durchgeführt, ein bis zwei davon will Casetti selbst vollzogen haben. Doch woran erkennt man Besessenheit? Die Kriterien dürften wohl nur diejenigen überzeugen, die ohnehin an böse Mächte glauben: Wer plötzlich fließend fremde Sprachen beherrscht, Ereignisse aus Vergangenheit oder Zukunft offenbart, extreme Körperkräfte entwickelt und ablehnend auf geweihte Gegenstände und Orte reagiert, zappelt höchstwahrscheinlich in den Klauen der Dämonen.

Das Ritual ist ausgewählten Priestern vorbehalten und muss vom Diözesanbischof genehmigt werden. Erst wenn Fachleute aus Medizin und Psychiatrie bestätigen, dass keine psychische Erkrankung vorliegt, darf der Exorzist dem Bösen mit Gebeten, Liturgien und Weihwasser-Spritzern zu Leibe rücken. In der Praxis sei es jedoch unrealistisch, jedes Mal eine psychiatrische Bescheinigung einzuholen, räumte Casetti einmal in einem Interview mit der katholischen Tagespost ein. "Wenn Menschen zu mir kommen, die schon durch die ganze psychiatrische Mühle durch sind, bei Psychiatern und in Kliniken waren und nichts geholfen hat, kann ich sagen, die sind therapieresistent – oder es ist doch etwas anderes. Ich fange dann mit einfachen Befreiungs- und Heilungsgebeten an und beobachte, wie es den Menschen damit geht. Mit der Zeit wächst dann die Erkenntnis und unter Umständen sage ich dann, jetzt bete ich einen Großen Exorzismus." Neben diesen "großen" gibt es "kleine Exorzismen", deren Anzahl statistisch nicht erfasst wird.

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet im erzkonservativen Bistum Chur der Satan so gewaltig durch die Köpfe spukt. Daran wird sich wohl auch in naher Zukunft wenig ändern. Nach Rücktritt des forschrittsfeindlichen Bischofs Vitus Huonder im vergangenen Jahr werden als Nachfolger vier Kandidaten diskutiert, alle mit ähnlich rückschrittlicher Agenda wie der letzte Oberhirte. Einem Nachfolger Casettis dürfte somit eine gute Karriere offen stehen.

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