Eine Frau auf dem erzbischöflichen Stuhl, das hat es in der katholischen Kirche noch nie gegeben. Das französische Bistum Lyon könnte jetzt den Anfang machen, wenn die Wahl auf die Bewerberin Anne Soupa fällt. Das freilich käme einer Sensation gleich. Die Stelle des Erzbischofs von Lyon ist unbesetzt, seit der letzte Amtsinhaber wegen des Vorwurfs der Vertuschung von sexuellem Missbrauch zurücktrat.
Anne Soupa will mit ihrer Bewerbung auf die mangelnde Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und den Ausschluss von Frauen aus bedeutenden Ämtern in der katholischen Kirche aufmerksam machen. In dieser Hinsicht kann sie die Aktion bereits jetzt als gelungenen Medien-Coup verbuchen. Dennoch bleibt fraglich, ob sie zur dringend notwendigen Beseitigung der Missstände in der katholischen Kirche beitragen wird.
Die eingereichten Bewerbungsunterlagen umfassten neben Lebenslauf und Glaubensbekenntnis auch ein Reformprogramm. Die 73-Jährige ist Bibelkennerin und studierte Theologin. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Veröffentlichungen als Journalistin und Schriftstellerin vorzuweisen. Nur eine einzige Qualifikation fehlt Anne Soupa, um das Anforderungsprofil für die Stelle zu erfüllen. "Na und?", mögen Bewerbungs-Profis nun schulterzuckend entgegnen. Wie oft kommt es denn schon vor, dass ein Bewerber hundertprozentig auf die Stellenausschreibung passt?
Doch was in weltlichen Personalabteilungen zum Alltagsgeschäft gehört, birgt in diesem Fall einen tiefgehenden Konflikt, der weit über die Karriereplanung der Bewerberin hinausreicht. Das kanonische Recht der Katholiken verbietet es, Frauen zum Priester zu weihen. Die Priesterweihe wiederum ist Voraussetzung für das Amt des Bischofs.
Vorschriften wie diese sind es, gegen die Anne Soupa ankämpft. Bestärkt sieht sie sich durch die Bibel. Schließlich seien auch die Jünger Jesu keine Priester gewesen, und die die antiken Bischöfe hätten ganz ohne Priesterweihe als Aufseher und Beschützer ihrer Gemeinschaft fungiert, warum also nicht auch heute?, argumentiert sie.
Für ein größeres Mitspracherecht von Frauen in der katholischen Kirche setzt sich Soupa auch als Mitbegründerin und Präsidentin des "Comitè de la Jupe" ein. So hielt sie mit dem "Komitee der Röcke" während der letzten Papstwahl eine ausschließlich mit Frauen besetzte Alternativkonklave ab.
Dass sich die Aktivistin ausgerechnet für das Erzbistum Lyon bewirbt, ist als Kritik an der Haltung der katholischen Machthaber im Missbrauchsskandal zu verstehen. "Lyon ist das Ergebnis einer Verwaltungsstruktur, die nicht mehr in diese Zeit passt", urteilt sie in einem Interview mit dem Medienportal kath.ch.
Der letzte Amtsinhaber, Kardinal Philippe Barbarin, war im März nach einem Skandal um die Vertuschung von sexuellem Missbrauch zurückgetreten. Barbarin hatte die Behörden nicht über die massiven Vorwürfe gegen einen Priester seiner Diözese informiert. Erst durch die Initiative von Betroffenen war ein Strafverfahren zustande gekommen. Das Gericht verurteilte den Priester zu fünf Jahren Haft, dieser hat inzwischen Berufung eingelegt.
Anachronistische Männerbünde, verkrustete Hierarchien, unter deren Schutz tausendfache Verbrechen wuchern – gegen all diese Missstände bezieht Anna Soupa mit ihrer Kandidatur Position. Damit sieht sie sich in einer Linie mit Papst Franziskus, der ebenfalls gegen Klerikalismus – also Herrschaftsbestrebungen des Priesteramtes gegenüber Staat und Laien – Position bezieht. Das Priesteramt für Frauen kommt jedoch auch für ihn nicht in Frage.
Die Forderungen nach einer offenen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der Priesterweihe für Frauen erinnern nicht nur Franziska Broich von der Katholischen Nachrichten-Agentur an die Initiative "Maria 2.0". So wünschenswert es ist, hier aufzuräumen, so sehr steht zu befürchten, dass Anne Soupas Vorstoß das Schicksal der deutschen Laien-Aktivistinnen teilen wird: hoch engagiert, viel beachtet – und bald wieder vergessen.
10 Kommentare
Kommentare
Petra Pausch am Permanenter Link
Das ist wieder so ein hilfloser und von vornherein zu Scheitern verurteilter Versuch, die verkrustete kath. Kirche zu modernisieren. War nett, davon gehört zu haben; bringen wird es nichts.
David See am Permanenter Link
super, freu ich mich, Patriarchat ade`
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Der Glaube stirbt zuletzt? Nein, er ist schon tot...
Rene Goeckel am Permanenter Link
Nein, bitte nicht. Was wird denn sonst aus meinem Feindbild?
A.S. am Permanenter Link
Mal wieder eine Frau, die nicht verstanden hat wozu "Gott" erfunden wurde: Als Autoritäts-Beschaffungs-Bluff.
Werner Helbling am Permanenter Link
Vorher geht ein Kamel durch das Nadelöhr, bevor es eine katholische Bischöfin geben wird.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Naja, es ist ja schön, dass auch eine Frau einmal Bischöfen werden will, aber selbst wenn dies so kommen sollte, wird sie auch weiterhin zum Erhalt der Macht der Kirchen beitragen
Ansonsten kein weiterer Fortschritt in Kirchenkreisen.
Kathi am Permanenter Link
Missbrauch kann die Dame auch auf andere Weise betreiben. Was Gewalt betrifft hat der Laden genug pervertierte Fantasien.
Kathi am Permanenter Link
Kann man der Dame nur viel Glück wünschen. Die Rente hat sie bestimmt schneller als den Arbeitsbeginn. Da muss sie wohl noch ein Jahrhundert warten.
Es hilft nur der Austritt aus dem Laden, wenn man sich nicht weiter verarschen bzw diskriminieren lassen will. Austritt und Entzug der finanziellen Unterstützung sind die einzige Möglichkeit, solche Unternehmen vom Markt der Angebote verschwinden zu lassen. Und seien wir ehrlich, was hat sich bisher, in Bezug nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle verändert? Nichts. Selbst die zurücktreten, tauchen in anderen Positionen in dem Laden wieder auf. Siehe Bischof von Limburg. Es wird weiter geschwiegen, vertuscht, gelogen und hingehalten.
Daran wird weder Maria 2.0 noch Maria 3.0 demnächst etwas ändern.
Joachim Nowak am Permanenter Link
Die Dame hat nicht kapiert, auf was es ankommt, nicht auf Mann oder Frau, sondern auf die falschen Glaubensinhalte. Zu feige, um aus dieser Kirche auszutreten, ebenso wie Küng oder Drewermann.