Frankreich

Theologin bewirbt sich als Erzbischöfin

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Eine Frau auf dem erzbischöflichen Stuhl, das hat es in der katholischen Kirche noch nie gegeben. Das französische Bistum Lyon könnte jetzt den Anfang machen, wenn die Wahl auf die Bewerberin Anne Soupa fällt. Das freilich käme einer Sensation gleich. Die Stelle des Erzbischofs von Lyon ist unbesetzt, seit der letzte Amtsinhaber wegen des Vorwurfs der Vertuschung von sexuellem Missbrauch zurücktrat.

Anne Soupa will mit ihrer Bewerbung auf die mangelnde Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und den Ausschluss von Frauen aus bedeutenden Ämtern in der katholischen Kirche aufmerksam machen. In dieser Hinsicht kann sie die Aktion bereits jetzt als gelungenen Medien-Coup verbuchen. Dennoch bleibt fraglich, ob sie zur dringend notwendigen Beseitigung der Missstände in der katholischen Kirche beitragen wird.

Die eingereichten Bewerbungsunterlagen umfassten neben Lebenslauf und Glaubensbekenntnis auch ein Reformprogramm. Die 73-Jährige ist Bibelkennerin und studierte Theologin. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Veröffentlichungen als Journalistin und Schriftstellerin vorzuweisen. Nur eine einzige Qualifikation fehlt Anne Soupa, um das Anforderungsprofil für die Stelle zu erfüllen. "Na und?", mögen Bewerbungs-Profis nun schulterzuckend entgegnen. Wie oft kommt es denn schon vor, dass ein Bewerber hundertprozentig auf die Stellenausschreibung passt?

Anne Soupa, Foto: Gilou60, Wikipedia, CC BY-SA 3.0
Anne Soupa, Foto: Gilou60, Wikipedia, CC BY-SA 3.0

Doch was in weltlichen Personalabteilungen zum Alltagsgeschäft gehört, birgt in diesem Fall einen tiefgehenden Konflikt, der weit über die Karriereplanung der Bewerberin hinausreicht. Das kanonische Recht der Katholiken verbietet es, Frauen zum Priester zu weihen. Die Priesterweihe wiederum ist Voraussetzung für das Amt des Bischofs.

Vorschriften wie diese sind es, gegen die Anne Soupa ankämpft. Bestärkt sieht sie sich durch die Bibel. Schließlich seien auch die Jünger Jesu keine Priester gewesen, und die die antiken Bischöfe hätten ganz ohne Priesterweihe als Aufseher und Beschützer ihrer Gemeinschaft fungiert, warum also nicht auch heute?, argumentiert sie.

Für ein größeres Mitspracherecht von Frauen in der katholischen Kirche setzt sich Soupa auch als Mitbegründerin und Präsidentin des "Comitè de la Jupe" ein. So hielt sie mit dem "Komitee der Röcke" während der letzten Papstwahl eine ausschließlich mit Frauen besetzte Alternativkonklave ab.

Dass sich die Aktivistin ausgerechnet für das Erzbistum Lyon bewirbt, ist als Kritik an der Haltung der katholischen Machthaber im Missbrauchsskandal zu verstehen. "Lyon ist das Ergebnis einer Verwaltungsstruktur, die nicht mehr in diese Zeit passt", urteilt sie in einem Interview mit dem Medienportal kath.ch.

Der letzte Amtsinhaber, Kardinal Philippe Barbarin, war im März nach einem Skandal um die Vertuschung von sexuellem Missbrauch zurückgetreten. Barbarin hatte die Behörden nicht über die massiven Vorwürfe gegen einen Priester seiner Diözese informiert. Erst durch die Initiative von Betroffenen war ein Strafverfahren zustande gekommen. Das Gericht verurteilte den Priester zu fünf Jahren Haft, dieser hat inzwischen Berufung eingelegt.

Anachronistische Männerbünde, verkrustete Hierarchien, unter deren Schutz tausendfache Verbrechen wuchern – gegen all diese Missstände bezieht Anna Soupa mit ihrer Kandidatur Position. Damit sieht sie sich in einer Linie mit Papst Franziskus, der ebenfalls gegen Klerikalismus – also Herrschaftsbestrebungen des Priesteramtes gegenüber Staat und Laien – Position bezieht. Das Priesteramt für Frauen kommt jedoch auch für ihn nicht in Frage.

Die Forderungen nach einer offenen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals und der Priesterweihe für Frauen erinnern nicht nur Franziska Broich von der Katholischen Nachrichten-Agentur an die Initiative "Maria 2.0". So wünschenswert es ist, hier aufzuräumen, so sehr steht zu befürchten, dass Anne Soupas Vorstoß das Schicksal der deutschen Laien-Aktivistinnen teilen wird: hoch engagiert, viel beachtet – und bald wieder vergessen.

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