Kommentar

Trumps Sieg – Niederlage für die Aufklärung

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Trump und seine dritte Ehefrau Melania Trump bei einem Wahlkampfauftritt 2016
Trump und seine dritte Ehefrau Melania Trump bei einem Wahlkampfauftritt 2016

Die Wahl von Donald Trump erscheint unglaublich. Nahezu alle Fakten lagen auf dem Tisch. Es ist bekannt, dass er lügt; es ist bekannt, dass er betrügt, sich in Prozessen verzettelt, Arbeiter nicht bezahlt, Menschen beleidigt. Die Aufklärung hat in diesem Rennen verloren.

Für mich ist das alles so unglaublich frustrierend. Es spielt alles keine Rolle. All die Mühen und Recherchen. Das Gefühl der Menschen, es denen da oben, es Hillary zeigen zu wollen, war stärker als alle Fakten. Sie haben Trump gewählt. Warum und wieso im Detail werden wir in den nächsten Tagen zumindest ansatzweise erfahren.

Alles ist nun denkbar: Die Wiedereinführung der Folter in den USA. Außenpolitische Spannungen. Wirtschaftliche Krisen. Das Welt-Klimaabkommen ist wahrscheinlich für die nächsten Jahre am Ende. Wir gehen auf schwierige Zeiten zu.

Ich möchte hier untersuchen, wie sich das Wahlergebnis aus der Warte der Aufklärung darstellt. Unsere Überzeugung ist: Wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, können sich die Menschen selbst ein Bild machen und werden die richtige Entscheidung treffen.

Durch die Wahl Trumps haben wir nun gelernt: Sie können auch die falsche Entscheidung treffen. Die Veröffentlichung der Emails von Hillary Clinton wog schwerer – obwohl darin nichts besonders Schwerwiegendes geschrieben stand – als alle nachgewiesenen Betrügereien, Steuerminimierungen und Lügen von Donald Trump.

Weil die Emails von Hillary Clinton zu einem Riesenskandal aufgebauscht wurden. Von Trump-nahen Sendern, von Radiostationen, von Stimmungsmachern in den Sozialen Medien. Es ging nicht um die Inhalte der Emails, die teilweise haarsträubend belanglos waren. Es ging um die Art und Weise der Skandalisierung. Und wie jede Skandalisierung brauchte auch diese einen wahren Kern. Den, dass Hillary Clinton Emails über ihre privaten Server laufen ließ und Tausende vernichtet hatte. Was für ein dramatischer Fehler von Clinton.

Die Skandalisierung

Zum Skandal gehörte die Inszenierung der Enthüllung, die Veröffentlichung der Clinton-Emails durch Wikileaks. Hier wurden Belanglosigkeiten hochgejazzt, die von Trump-nahen Leuten leicht instrumentalisiert werden konnten. Für die Inhalte der Emails, für ihre Bedeutung, interessierte sich das Publikum gar nicht. Nur dafür, dass da etwas geleakt wurde.

Das FBI, eine Behörde, fing an zu ermitteln. Das passiert regelmäßig. Damit erhält die eigene Empörung über den angeblichen Skandal neue Nahrung. Dass die Ermittlungen des FBI nichts mit den Wikileaks-Emails zu tun hatten, spielte keine Rolle. Dass das FBI die Ermittlungen wegen Belanglosigkeit wieder einstellte, spielte keine Rolle. Die Empörung war gefühlt bestätigt worden.

Ein Desaster.

Was lernen wir für Deutschland daraus, wenn im kommenden Jahr im Bundestagswahlkampf auch bei uns Interna geleakt werden?

Vorsicht bei Leaks

Ich zumindest rechne fest damit, dass die gehackten Emails des Bundestages aus dem letzten Herbst ab kommenden Frühjahr über so genannte "Leaks" nach Deutschland gespült werden.

Ich lerne daraus, dass wir sehr viel verantwortungsvoller mit Leaks und Skandalen umgehen müssen. In der Einordnung, in der Auswertung, in der Veröffentlichung. Wir dürfen nicht Leaks um der Leaks willen veröffentlichen.

Ich lerne daraus, dass wir Lügen viel deutlicher machen müssen. Und wir müssen sie so veröffentlichen, dass sie auch von Leuten verstanden werden, die AfD-Thesen nahestehen.

Ich lerne daraus, dass wir Reichsbürger, Nazis und Populisten jeder Farbe nicht nur verspotten dürfen. Wir müssen sie ernst nehmen. Weil ihre gefühlten Wahrheiten im Transport über soziale Medien zu gefühlten Fakten gerinnen, die Menschenmassen für die Wahrheit blind machen. Wir müssen falschen Fakten immer wieder und sofort entgegentreten. Und zwar so, dass die Menschen sie sehen können.

Gleichzeitig dürfen wir nicht aufgeben. Wir müssen auf die Aufklärung setzen. Wir müssen die Mechanismen der Demokratie erklären. Immer wieder. Jeden Tag. Wir dürfen nicht darauf setzen, dass die Leute es schon verstehen, wenn sie die Fakten sehen. Das ist mühsam und nervig. Aber es ist der einzige Weg.

Die Aufklärung hat dieses Mal verloren. Sie wird weiter bedroht. Sie kann nur durch mehr Aufklärung gerettet werden. Es geht jetzt um die Zukunft von Deutschland, von Europa. Wir müssen zusammenstehen.