MIZ 3/15 erschienen

Wider die fromme Propaganda

BERLIN. (hpd) Mit Perspektiven und Grenzen einer säkularen Gegenöffentlichkeit befasst sich das soeben erschienene Heft 3/15 der MIZ im Titelthema. Daneben geht es um kirchlichen Lobbyismus, das neue Gesetz zur Suizidhilfe, den Dayton-Prozess und Islamisches Recht.

Auf der Rückseite der Zeitschrift ist ein Beispiel für Gegenöffentlichkeit abgebildet, das außerhalb der Medien stattfindet: Die Briefmarken-Serie der Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) lässt Humanismus und Kirchenkritik sichtbar werden, während die Deutsche Post sich hier unterm Strich eher als Kirchenpropagandistin verhält. So stehen GBS-Briefmarken mit Karlheinz Deschner und Giordano Bruno dem "deutschen Papst" Benedikt XVI. gegenüber, der 2007 als Wert für den Standardbrief ausgegeben wurde. (Im Heft findet sich dazu auch ein kurzer Betrag, der eine Serie zum Thema Briefmarken als Mittel religiöser Propaganda ankündigt.)

Briefmarken

Selbsteinschätzungen säkularer Medienmacher

Herzstück des Titelthemas bildet eine Umfragen unter fünf Chefredakteuren säkularer Medien. Christoph Lammers (MIZ), Frank Nicolai (hpd), Arik Platzek (diesseits), Valentin Abgottspon (frei denken.) und Patrick C. Kloiber (freidenker) geben Auskunft über säkulare Medienarbeit, Zielgruppen und Öffentlichkeitsanspruch. Flankiert werden die Antworten durch einen Aufsatz von Christoph Lammers, der die drei Hörfunkprogramme des Deutschlandradios kritisch unter die Lupe genommen hat. Dabei zeigt sich eine kirchenfreundliche Schlagseite des Senders, wenn es um gesellschaftliche Themen geht, die sich unter anderem in der Wahl der Interviewpartner deutlich erkennbar niederschlägt. Besondere Aufmerksamkeit widmet Lammers dem Deutschlandfunk-Redakteur Jürgen Liminski, der immer wieder Positionen der religiösen Rechten ein Podium gebe.

Christlicher Lobbyismus

Gewissermaßen einen "Nebenschwerpunkt" bildet das Thema "Christlicher Lobbyismus". Gunnar Schedel berichtet von der Pressekonferenz, die anlässlich des Erscheinens des Buches "Kirchenrepublik Deutschland" in Berlin stattgefunden hat. Mit auf dem Podium saß auch die Rechtsanwältin Jacqueline Neumann. Deren Statement ergänzt, in einer erweiterten Fassung, den Bericht.

Neumann sieht unter anderem verfassungsrechtliche Probleme. So scheint ihr die Transparenz des Gesetzgebungsverfahrens durch das kirchliche Einwirken auf die Ministerialbürokratie in Frage gestellt. Der frühe und umfassende Informationszugang für kirchliche Büros verstoße zudem gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Schließlich wäre zu klären, wie gewährleistet werden kann, dass sich gläubige Staatsdiener oder Abgeordnete nicht unter Druck gesetzt fühlen, wenn ihre dienstlichen oder politischen Entscheidungen gegen kirchliche Dogmen verstoßen.

Rechtsfragen

In den weiteren Artikeln geht es, auf die eine oder andere Weise, um Rechtsfragen. Der Philosoph Dieter Birnbacher erörtert im Interview, wie das neue Gesetz gegen die "geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" zu bewerten ist. Er sieht darin eine "schlimme Niederlage für das Selbstbestimmungsrecht", verweist aber zugleich darauf, dass die deutsche Regelung im europäischen Vergleich immer noch als relativ liberal gelten muss.

Thomas Waschke wirft einen Blick zurück auf den berühmten "Affenprozess" von Dayton aus dem Jahr 1925. Er zeigt die Konfliktlinien zwischen Evolutionsanhängern und religiös motivierten Evolutionsleugnern und kommt zu dem Fazit, dass der Prozess zwar die Öffentlichkeit für die Evolutionstheorie mobilisierte, in der Praxis hingegen keines der Schulgesetze aufgehoben wurde, die in mehreren Bundesstaaten gegen die Lehre von der Entwicklung des Menschen aus dem Tierreich eingeführt worden waren.

Die Religionswissenschaftlerin Assia Maria Harwazinski fasst die Diskussionen einer Tagung zusammen, auf der es um eine Reform des Islamischen Rechts ging. Obwohl dort eher "liberale" Positionen zu Wort kamen, bleiben der Autorin Zweifel, ob es gelingen kann, Islamisches Recht in Übereinstimmung mit europäischem Recht zu bringen. Denn "die historisch gewachsene Systematisierung und Kodifizierung des Islamischen Rechts" sei nicht so einfach vom Tisch zu wischen, da Gesellschaften wie Individuen davon kulturell bzw. erzieherisch geprägt seien.

Daneben gibt es die Glosse "Neulich… in Kentucky" von Daniela Wakonigg, Berichte über säkulare Veranstaltungen und Publikationen, Buchbesprechungen sowie die Internationale Rundschau mit einschlägigen Kurzmeldungen aus aller Welt. In einem kleinen Fälscher-Quiz schließlich werden zehn Fragen gestellt, die sich mit der Wahrheitsliebe christlicher Geschichtsschreibung auseinandersetzen.

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