BERLIN. (hpd) Am Samstag gab es die erste einer geplanten Serie von Veranstaltungen, mit der die Macher hinter dem Goldenen Aluhut über Verschwörungstheorien aufklären wollen. Das wird nicht bierernst vorgetragen – auch wenn das Thema sehr ernst ist – sondern eher mit dem Ansatz der Science Busters: "Lachen hilft beim Denken."
Der Heimathafen Neukölln platze aus allen Nähten: Mit diesem Ansturm hatten wohl weder Veranstalter noch Besucher gerechnet. Es mussten gar Interessenten weggeschickt werden. Die Webseite und vor allem die Facebookseite und der Twitter-Account der Gruppe um Giulia Silberberger ist vielen Skeptikern und Aufgeklärten wohlbekannt. Denn gerade auch in den sozialen Netzwerken toben sich Verschwörungstheoretiker aller Couleur herum und aus. Gegen diesen Unfug, der von viel zu vielen geglaubt wird, sind die "Goldenen Aluhüte" angetreten.
Den ersten Vortrag der ersten Veranstaltung hielt Tobias Geissler. Der Facebook-Chef des Aluhuts sprach über Reptiloide, wer das ist, wie man sie erkennt und was die mit der Hohlerde und den Nazis zu tun haben. Geissler kennt sich in den Verschwörungstheorien sehr gut aus, fast zu gut: Er könnte – wenn der Rahmen ein anderer wäre – selbst als deren Vertreter durchgehen, so ernsthaft bringt er den hanebüchensten Unfug herüber.
Der Physiker Hans Pfeufer hingegen war ernsthafter und erklärte mit ein bisschen Mathematik, dass und wieso die Erde weder flach noch hohl sein kann. Interessant übrigens, dass diese Thema viele im Saal umtreibt: Beim abschließenden Podiumsgespräch musste er die meisten Publikumsfragen beantworten.
Leider ein wenig zu lang geriet der Vortrag von Eric Siegert. Er sprach über die Gefahren der "Filter Bubble", die sich aus den Algorithmen der sozialen Netzwerke, insbesondere Facebooks, ergeben. Man meint, weil man nur das Zeug liest, dass einem genehm ist, dass die Welt so ist, wie man sie von Facebook vorgezeigt bekommt. Wer einmal in dieser Filterblase verschwunden ist, findet nur schwer wieder heraus. Das betrifft auch Menschen, die sog. "Alternativmedien" für seriöse Nachrichtenquellen halten und so Kopp-Verlag, rt-deutsch oder Ken-FM auf den Leim gehen.
Genau diesem Thema hat sich auch die "Besorgte Bürgerin" Franziska von Kempis verschrieben. Sie zeigte ein paar Methoden auf, wie Facebook-User mit dem Netzwerk umgehen können: Nicht jeden Mist glauben und teilen. Man nennt, was sie vorstellte, auch Recherche. Und – als selbst Facebook-Nutzer weiß ich, wie bitter nötig es wäre – wenn sich jede und jeder an die einfachsten Grundregeln halten würde, die von Kempis aufstellte: Schaut auf die Quellen, checkt, ob irgend ein anderes Medium das Gleiche meldet. Prüft, wie alt die Nachricht ist und lest – verdammt noch mal – auch die verlinkten Artikel!
Ihr Vortrag wurde von den rund 400 Gästen wohl am deutlichsten gefeiert und beklatscht. Alle im Saal schienen diese Probleme zu kennen. In der abschließenden Diskussion mussten sie und Eric Siegert dann aber leider bekennen: wer einmal in einer Bubble gelandet ist, ist da kaum wieder herauszubekommen und Hate-Speech, dämliche Kommentare und Trollen ist kaum beizukommen. Es sei denn, mit Humor. So wie an diesem Abend im Heimathafen Neukölln.
Der Abend wurde von der Amadeu-Antonio-Stiftung unterstützt, die darauf hinwies, dass sich unter dem Deckmantel der Verschwörungstheorien oft auch Rassismus und Antisemitismus verbirgt. Darauf ging auch Eric Siegert ein, der aufzeigte, dass mit dem Begriff der "Elite" unter Verschwörungstheoretikern häufig das "internationale Judentum" gemeint ist.
19 Kommentare
Kommentare
Hubert Burghardt am Permanenter Link
Mit diesem Bericht scheint Ihr auf eine ziemlich unqualifizierte Veranstaltung reingefallen zu sein, denn wenn neben Chemtrail-Unsinn ein Vortrag über "Filter-Bubble" den rechtslastigen Kopp-Verlag mit RT-De
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nikolai, wenn Sie "Alternativmedien" für
aber verfolge ich seit einiger Zeit und habe noch keine Aussage von Herrn Jepsen als falsch, ungenau oder frisiert
erkannt. Bitte benennen Sie unseriöse Äußerungen dieses
Herrn in seinem Portal präzise oder nehmen Sie Ihre Äußerung als üble Nachrede zurück! Johannes Gerdes
Frank Nicolai am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Gerdes,
ich werde meine Aussage sicherlich nicht zurücknehmen. Schon allein aus dem ganz einfachen Grund, als dass ich in meinem Artikel über eine Veranstaltung berichtet und zitiert habe.
KenFM ist aber tatsächlich nicht als angemessene Quelle anzusehen. Wenn Sie das anders sehen ist das Ihr gutes Recht. So wie es meines ist, meine Haltung zu dieser Frage ebenfalls öffentlich zu machen.
Mit freundlichem Gruß
Frank Nicolai
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nicolai!
Danke für die Anleitung zum Weiterleiten!
Auf die Aussage zu KenFM möchte ich etwas ausführlicher antworten: Ich habe die abfällige Bemerkung über die drei
ich nichts Falsches, Ungenaues oder Frisiertes wahrgenommen. Es kann ja sein, dass er schon vorher Derartiges gesendet hat. Deshalb wiederhole ich höflich meine
Frage: Woraus schließen Sie, dass sein Portal als Quelle für meine Information nicht seriös sei?
Mit freundlichem Gruß Johannes Gerdes
Frank Nicolai am Permanenter Link
Lesen Sie bitte hier nach: https://de.wikipedia.org/wiki/KenFM#Einordnung
Und schauen Sie sich die Webseite https://kenfm.de/ einmal genauer auf Signalworte wie "Elite" an... die Artikel sind schon deutlich tendenziös - doch wie gesagt: wer's mag...
Rob am Permanenter Link
Hallo Frank,
könnten Sie darauf genauer eingehen? Bei KOPP kann ich dies gut nachvollziehen. Dort werden allerlei Ressentiments genutzt, um hohe Klickzahlen und Buchverkäufe zu erreichen. Doch wo genau liegt das Unseriöse bei RT Deutsch und KenFM? Haben Sie genauere Beispiele? Irgendwelche Artikel oder Direktlinks?
Die häufige Nutzung des Wortes "Elite" als Signalwort abzutun finde ich ehrlich gesagt ziemlich lächerlich. Bei allen Zeitungen wird dieser Begriff genutzt. Wie z.B. Die Welt: https://www.ecosia.org/search?q=site%3Awelt.de+"die+Elite"
Weiterhin ist es üblich, dass es in allen Gesellschaften gewisse elitäre Strukturen gibt: https://de.wikipedia.org/wiki/Elite
Johannes Gerdes am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nicolai, ich habe die drei Artikel des Herrn Linden tatsächlich gelesen. Sie sind zwar nicht ganz so primitiv wie das Totschlagkeulen-Schwingen des Herrn Huber
Argument gegen die Glaubwürdigkeit des Herrn Jepsen gelten zu lassen. Als Chefredakteur des HPD tragen Sie doch die Verantwortung für all dieses Gezänk. Davon bin ich sehr enttäuscht. Johannes Gerdes
Reinhard Knittel am Permanenter Link
Wikipedia ist bei naturwissenschaftlichen und technischen Artikeln meist sehr gut und kompetent; nicht aber bei einigen Personen.
Manfred am Permanenter Link
Warum sollte Wikipedia bei Artikeln zu Personen weniger gut sein als bei anderen Artikeln?
Was konkret ist an dem Artikel über Ganser zu beanstanden?
Reinhard Knittel am Permanenter Link
Meine begründete Antwort auf Ihre Frage bringt folgender Link (wikimannia.org) http://de.wikimannia.org/Daniele_Ganser
Manfred am Permanenter Link
Vielen Dank für den Link, denn ich hatte bislang keine Ahnung, dass es auch ein WikiMANNia, also eine Alternative zu Wikipedia gibt. Daher möchte Ich Ganser zunächst außen vor lassen.
Ich habe mir jetzt einfach mal den Eintrag „Wikipedia“ in WikiMANNia angesehen, um einen Eindruck zu gewinnen und möchte Sie persönlich auf ein paar Punkte ansprechen.
Unter Punkt 2 „Anspruch und Wirklichkeit“ werden die Leitsätze von Wikipedia kritisiert. Namentlich „neutraler Standpunkt“, „Sekundärquellen“, „Respektvoller Umgang“. Spontan würde ich sagen, wenn ich derartige Dinge nicht zur Bedingung mache – was dann?
Unter Punkt 3 folgt eine Auflistung der Unterwanderung von Wikipedia. Wikipedia ist offenbar unterwandert von einer Feministen-Lobby, einer Gender-Lobby, einer Pharma-Lobby, einer Schwulen- und Lesben-Lobby sowie einer Klima- und Treibhaus-Lobby (selbstredend sind diejenigen die Unredlichen, die für Mäßigung im Energieverbrauch plädieren – also nicht etwa die großen Energiekonzerne, die ein monetäres Interesse am hohen Energieausstoss haben) .
Selbstverständlich weist ein Projekt in der Größenordnung von Wikipedia von der Konzeption her zwangsläufig Schwachstellen auf, wobei ich aber nicht wüsste, wie diese zu vermeiden wären (Sollten Sie wie ich selbst Mitglied in einem oder gar mehreren Vereinen sein, werden Sie mir sicher beipflichten. Fast zwangsläufig tauchen Exzentriker auf, die mehr oder weniger zu Dauerquerulanten mutieren und die gesamte Vorstandsarbeit lahmzulegen drohen).
Daher meine Frage: Halten Sie WikiMANNia tatsächlich für eine seriösere Quelle als Wikipedia?
Reinhard Knittel am Permanenter Link
Wie seriös Wikimannia ist kann ich nicht beurteilen.
Manfred am Permanenter Link
Jedenfalls vielen Dank für Ihre Antwort.
Den Film habe ich mir bislang nicht angesehen, dafür aber das Porträt von Fiedler auf WikiMANNia und außerdem das Interview auf KenFM.
Ich fasse jetzt einfach mal meine zusammen:
Auslöser des Ganzen ist, dass Markus Fiedler (ein Diplombiologe, der als Biologie- und Musiklehrer arbeitet) mit einem Wikipedia-Eintrag über Daniele Ganser nicht einverstanden ist. Er stört sich vor allem an diesem Satz: „Er greift Verschwörungstheorien zum 11. September 2001 auf und stellt sie als diskutable wissenschaftliche Erklärungen dar“. Begründung: „Der Begriff „Verschwörungstheorie“ ist dabei vollkommen unsachlich und diffamiert Dr. Ganser als Spinner.“
Das ist eigentlich schon alles.
Dazu zwei Bemerkungen:
1. Ich persönlich halte den kritisierten Satz für ausgewogen. Es handelt sich m.E. um eine eher zurückhaltende Formulierung, an deren faktischer Korrektheit es überhaupt keinen Zweifel gibt.
2. Die Idee, Dr. Ganser würde damit als Spinner diffamiert, scheint mir doch reichlich dick aufgetragen und weit hergeholt zu sein. Ich habe in meinem Bekanntenkreis mehrere Homöopathen, Anthroposophen, mein Nachbar ist Zeuge Jehovas, und alle hängen irgendwelchen kruden Vorstellungen über Engel, Karma, ewiges Leben im Paradies oder sonst was nach. Trotzdem käme ich nicht im Traum auf die Idee, sie als Spinner zu bezeichnen. Ich würde sie exzentrisch nennen, aber dieses Attribut trifft wohl in gewissem Sinne auf uns alle zu.
Das Interview auf KenFM über fast zwei Stunden war dann eine harte Herausforderung. Das für einen Humanisten interessanteste kam dann buchstäblich zum Schluss (nach 1h:28): Fiedler krönte seine Forderung, Wikipedia müsse alle unterschiedlichen Meinungen gleich behandeln, mit dem Beispiel des Kreationismus! Ein Artikel über Evolution müsse auch die Schöpfungsgeschichte beinhalten! Begründung: Die Wissenschaft über vergangene Erdepochen sei ja so im Labor nicht überprüfbar und daher letztlich auch nicht mehr als eine Glaubenssache! Worauf Ken Jebsen noch den furchtbar intelligenten Satz anbrachte: „Die Erde ist eine Scheibe – das war auch mal Wissenschaft!“ (Der nächste Schritt wäre konsequenterweise, den Kreationismus auch im Biologieunterricht an der Schule zu verankern. Religionsunterricht wäre natürlich erst recht legitimiert. Überhaupt kann ich mir dann als Humanist in Zukunft eigentlich jegliche Religionskritik schenken).
Mein Fazit: Fiedler spart zwar nicht mit Kritik und Polemik, aber ich sehe wenig konstruktives. Vor allem für einen Menschen mit humanistischer Gesinnung ist der von ihm propagierte unkritische Relativismus m.E. völlig inakzeptabel.
Ulf am Permanenter Link
Wenn man als öffentliche Person eine solche Behauptung aufstellt, sollte man sie auch begründen können. Begründung, Argumente und empirische Beweise sind der Kern einer Debatte.
blindes Vertrauen in Medien welcher Art auch immer, am ehesten auf einen falschen, ja gefährlichen Weg führt.
Grüße
Frank Nicolai am Permanenter Link
"Was bitteschön ist nun die Diskrepanz von meinetwegen FAZ, Süddeutsche, Spiegel und Ken FM, DWN und RT?"
Wer in diesem Land von einer "Systempresse" spricht, kennt keine gleichgeschaltete Presse, wie es sie z.B. in der DDR gab. Jede Zeitung, jede Webseite "verkauft" die Wahrheit, die sie für richtig hält. Wenn nun drei Zeitungen die gleiche Meinung vertreten bedeutet das nicht unbedingt, dass die "gekauft" sind - sondern, dass sie die gleichen Tatsachen als wahr bewerten. RT, KenFM und Ähnliche verkaufen auch Wahrheiten - ihre eigenen. Die sich mit ein wenig geistiger Anstrengung häufig als falsch herausstellen.
Ulf am Permanenter Link
Sehr geehrter Herr Nicolai,
Grüße
Reinhard Knittel am Permanenter Link
Ich verfolge RTdeutsch regelmäßig.Die Meldungen sind seriös und es wird das berichtet, was die Mainstreammedien auslassen bzw. verfälschen.Auch Kopp-aktuell ist als ergänzende Informationsquelle wichtig.
Thomas Nieße GB... am Permanenter Link
Lieber Frank Nicolai, liebe HPD Redaktion,
wenn man sich mal den seltsamen Beitrag des "Bonner Snowden" Eric Siegert im Video zum Goldenen Aluhut anschaut... und danach den aufklärerischen Inhalt seines Beitrages mit bspw. den Videohinweisen (INKLUSIVE guter Beiträge von Jebsen und dem RTDeutsch Team(!) der NDS
http://www.nachdenkseiten.de/?p=33000
kontrastiert, dürfte eigentlich recht klar werden, wer denn EIGENTLICH für Aufklärung im humanistischen und medienkritischen Sinne steht...
Die Nachdenkseiten sind mit dem HPD meine täglichen sehr geschätzten Hauptquellen im Mediendschungel und werden von mir als Studienrat auch regelmäßig im Oberstufenunterricht eingesetzt... wobei ich seit einiger Zeit leider eine gewisse Engstirnigkeit und gewisse Denk-Veröffentlichungsverbote aufgrund bestimmter leidiger Querfront-Kampagnen (?) fest stellen muss... Passt das zu einem Anspruch auch "freigesitige" Positionen zu veröffentlichen? Und nur weil der von mir auch (zum Teil ;-) geschätzte Henrik Broder Ken Jebsen nicht mag, sollte man nicht seine zum Teil sehr wichtigen - und in der Tat investigativen, aufklärerischen Beiträge - gänzlich unter den Tisch fallen lassen, ebenso wenig wie die oftmals - mit Ausnahmen, natürlich... wo gibt es die den nicht? - wichtigen Ergänzungen (fehlenden Parts) von RTDeutsch
Mit besten Grüßen aus Hamburg!
Thomas Nieße
Reinhard Knittel am Permanenter Link
HerrKollege Nieße hat völlig recht, auch für mich sind die Nachdenkseiten und die Interviews von Ken Jebsen unverzichtbar.