Schottland erlaubt den Hijab als Polizistinnen-Uniform. In Deutschland glaubt ein Redakteur der Süddeutschen Zeitung, dass eine Richterin mit Kopftuch eine notwendige Zumutung sei. Er hat Recht, es wäre eine Zumutung. Eine notwendige keinesfalls.
Im Gerichtssaal hat das Kopftuch nichts zu suchen, andere religiöse Zeichen wie die Kreuze sollten ebenfalls entfernt werden.
Beamte verkörpern den Staat. Sie stehen in einem besonderen Näheverhältnis zum Staat und haben ihm gegenüber Dienstpflichten. Richter sind aufgrund ihrer Weisungsfreiheit, die für ihre Rechtssprechung gilt, keine Beamte. Ihnen ist die rechtssprechende Gewalt anvertraut, welche sie im Rahmen der Gerichte ausüben. Das Urteil, also die Entscheidung eines Richters im Gerichtsverfahren, ist ein staatlicher Hoheitsakt.
Wer deshalb in dem Beamten oder Richter primär den Grundrechtsträger sieht und die Freiheitsansprüche eines Grundrechtsträgers auf den Beamten oder Richter in seiner beamtenrechtlichen Funktion und Stellung 1:1 übertragen sehen will, verkennt grundlegende Aussagen der Verfassung zum Verhältnis von Gesellschaft und Staat.
Der Staat ist Grundrechtsverpflichtet und nicht Grundrechtsberechtigt. Das heißt, er muss für die Gewährleistung der Grundrechte gegenüber dem Bürger Sorge tragen. Das Beamtenverhältnis als besondere Nähebeziehung zwischen Bürger und Staat ist gerade keine vom Grundrechtsanspruch des Beamten geprägte Rechtsbeziehung. Ebensowenig dasjenige der Judikative, welche eine der Teilgewalten des Staates ist.
Der Grundrechtsschutz für Richter und Beamte ist funktionell begrenzt. Funktionell begrenzt aus ihrer jeweiligen Stellung heraus, z.B. Dienstpflichten des Beamten, Neutralitätspflicht für Richter und Beamte, welche sich aus der Verfassung selbst ergeben. Wer Richter oder Beamter wird, stellt sich in freier Willensentschließung auf die Seite des Staates. Beamte genießen in Folge dessen bereits vom Ansatz her nicht den selben Grundrechtsschutz wie der Bürger dem sie gegenübertreten: Sie sind vielmehr an Grundrechte gebunden, weil sie an der Ausübung öffentlicher Gewalt teilhaben.
Es ist ein Irrtum die Freiheit des Bürgers 1:1 auf den Richter oder Beamten zu übertragen und damit zu argumentieren, dass er seine grundrechtliche Freiheit so weit wie irgend nur möglich mit in seine beamtenrechtliche oder richterliche Funktion und Stellung hineinnehmen müsste. Wer so argumentiert, verkürzt im Ergebnis lediglich die Freiheit des Bürgers und weicht zu seinem Nachteil die funktionellen Grenzen auf, die dem Verhältnis von Gesellschaft und Staat entspringen. Die Neutralität, die Unabhängigkeit, die Unparteilichkeit, die sich in Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten ausdrückt, ist die Kehrseite der Freiheit desjenigen Bürgers, dem die öffentliche Gewalt in der Person des Richters gegenübertritt. Gleiches gilt für die Dienstpflichten sowie das Mäßigungs- und Neutralitätsgebot des Beamten. Ist es vorstellbar, dass ein Schiedsrichter im Trikot seiner Lieblingsmannschaft mit auf das Spielfeld läuft?
31 Kommentare
Kommentare
Helene am Permanenter Link
Eine Person, die mit religiösen Zeichen als Richter*in agiert, macht ausserdem das Urteil leicht angreifbar.
Kay Krause am Permanenter Link
Diesen Kommentar - liebe Helene - könnte man a) typisch weiblich, und b) pauschal urteilend einordnen.
An den Haaren herbeigezogen? Nein, alles selbst erlebt!
Ihre Argumentation ist für mich nicht nachvollziehbar, liebe Helene!
So wie der Kapitän eines 200.000t Tankers letztlich auch nur ein Mensch mit großer Verantwortung ist, so ist es auch der / die Richter-in. Und so, wie Menschen in allen Bereichen nicht perfekt sind und Fehler machen, so sind auch Richter-innen nicht unfehlbar, ja sogar beeinflußbar. Vor Gericht bekommen Sie nicht automatisch Ihr Recht, sondern ein Urteil. Das habe ich aus meiner Erfahrung gelernt und von meinem jüngst verstorbenen Freund - einem Richter - bestätigt bekommen. Bei dieser ganzen - von Ihnen angesprochenen Problematik geht es nicht um die religiöse oder weltliche Prägung eines Richters, sondern um das Mensch-Sein an sich.
libertador am Permanenter Link
Ihr Beitrag ist typisch männlich, dass er typische Weiblichkeit unterstellt.
Da Sie gerne Fragen stellen: Wieso unterstellen Sie dem vorherigen Kommentar, dass dies anders gesehen würde?
Nur weil dort dem Vater das einfach zugesprochen wurde. Das wäre im islamischen recht so vorgesehen. Dies wird dort angesprochen. Ich denke Sie habe aufgrund Ihrer Erlebnisse den Kommentar deswegen falsch eingeordnet und so das Thema gewechselt, zu den Schwierigkeiten die Väter vor deutschen Gerichten haben. Dies hat aber mit dem Thema dieses Artikels nur insofern zu tun, dass hier eine andere Befangenheit vorliegen könnte. Doch kann man durch andere Befangenheiten nicht schließen, dass das thematisierte Bekenntnis zu einer Partei in Ordnung wäre.
Kay Krause am Permanenter Link
Nein, ich habe lediglich zu einem gegebenen Beispiele erwähnt. Außerdem habe ich bewußt geschrieben: "Man könnte.......!"
Ihr Kommentar Frau / Herr Liberator besteht aus Unterstellungen.
valtental am Permanenter Link
Danke für die rechtlichen Erläuterung, die für juristische Laien immer ein Gewinn sind!
Was den kritisierten Beitrag der SZ anbelangt: Nun ja, Herr Matthias Drobinski hat u.a. katholische Theologie studiert, was mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen religiösen Hintergrund schließen lässt. Das er als (vermutlicher) Katholik so schreibt, zeigt einmal mehr, dass die wirkliche Gefahr einer weiteren Aufweichung von säkularem Neutralitätsverständnis für Saatsdiener nicht eigentlich von streitbaren Kopftuchträgerinnen ausgeht, sondern vielmehr von den ihre religiösen Ansprüche sekundierenden Christen. Klar, wer gern ein Kreuz im Gerichtssaal sieht, wird kaum ein Kopftuch dort kritisieren.
Oliver am Permanenter Link
Wenn schon Kruzifix und Kopftuch, dann aber bitteschön auch Nudelsieb. Als Zwangskopfbedeckung für Anwälte, Staatsanwälte und jeden Zeugen.
KDL am Permanenter Link
Mukeba Muamba
Diesen "gerichtsspezifisch-beamtenrechtlichen" Einzelaspekt der in Rede stehenden Problematik "Persönlichkeitsrechte" (mit Bezug: Religionsfreiheit) übergreifend, steht das für europäische Gesellschaften essentielle Öffentlichkeitsnarrativ.
Die Frage ist: Will man eine religiös orientierte Sonderrechtsordnung für muslimische Persönlichkeitsrechte etablieren - jenseits eines europäisch - aufklärerischen Öffentlichkeitsdiskurses, der zwingend die physiognomische Sichtbarkeit des Anderen fordert? Letztere schließt auch wechselseitige argumentative Sanktionsfähigkeit ein. Gegen die Sonderrechtsregelung für Muslime spricht, dass damit Illusionen gefördert werden, Muslime könnten sich von der allgemein gültigen Überzeugung, der auch in Europa späten Errungenschaft, verabschieden, dass nicht nur Männer, sondern ebenso Frauen in der Öffentlichkeit ihr Recht auf Teilnahme an politisch- gesellschaftlichen Fragen als Gleichberechtigte in westlichen Gesellschaften in Anspruch nehmen.
Muslime müssen zuerst einmal erkennen, dass es im Wesentlichen an ihnen selbst liegt, was sie aus ihrer Organisationsfreiheit, die hier zu Lande herrscht, machen. Im Rahmen der Religionsfreiheit können die Muslime unter dem geltenden Recht sehr vieles gestalten: Der Zentralrat der Muslime hat bereits 2005 einen wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Er hat eine Grundsatzerklärung mit einem deutlichen und uneingeschränkten Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Ordnung des Grundgesetzes vorgelegt, einschließlich der Freiheit zum Glaubenswechsel. Zu erweitern ist dieses Bekenntnis auf das Gebot der Nicht-Verschleierung als Zeichen erheblicher Integrationsstörung im öffentlichen Leben westlicher Gesellschaften. Dieser Schritt ist aktuell dringend nötig - für sozialen Frieden und den Zusammenhalt europäischer Gesellschaften. Die Muslime haben sich seit vielen Jahrzehnten selbst entschieden in Europa zu leben. Jene wussten und die Neu-Migranten wissen, dass Europäer nicht muslimischen Glaubens sind. Aber ihn tolerieren.
Asinello am Permanenter Link
@ KDL
Es gilt hier, "Mäßigungsgebot" gegen "Bekenntnisfreiheit" abzuwägen. Ich vermute mal, Grundrecht steht über Dienstrecht.
Wozu der Hinweis auf geforderte "physiognomische Sichtbarkeit des Anderen"? Die Frau trägt Kopftuch, nicht Schleier.
Was meint das Wortungetüm "Sonderrechtsordnung für muslimische Persönlichkeitsrechte"? Kannst Du mir bitte mal die Tabelle/Liste posten, nach der Grundrechte nach Religionen (und/oder anderen Merkmalen) gestaffelt sind? Ich finde die irgendwie nicht.
Was soll das Geschwurbel um Muslime und dass hier "Frauen in der Öffentlichkeit ihr Recht auf Teilnahme an politisch- gesellschaftlichen Fragen als Gleichberechtigte in westlichen Gesellschaften in Anspruch nehmen"? Es geht hier doch um eine Frau, eine Muslima zudem, die ganz selbstverständlich von ihrer Gleichberechtigung Gebrauch macht und sogar das Richteramt anstrebt! Eine 1A-Vorzeige-Frau!
Es hat was mit der Pointe am Schluss zu tun, richtig? "... dass Europäer nicht muslimischen Glaubens sind. Aber ihn tolerieren."
Ah-ja. Und die Grenze der Toleranz ist erreicht, wenn eine Frau ganz selbstverständlich ins Richteramt will - und ebenso selbstverständlich von ihrem Grundrecht auf Bekenntnisfreiheit Gebrauch macht? Stimmt. Genau das war der hochoffizielle Grund, ihr eine Ausbildung zu verweigern, mit anderen Worten: sie wegen ihres Bekenntnisses zu benachteiligen. Ausgerechnet in einem Bundesland, dessen Verfassung Gottlosigkeit geißelt, und in dem an Krizifixen in Amtsstuben und Gerichten wahlich kein Mangel herrscht.
Von daher bin ich etwas überrascht, dass ich beim Lesen den Eindruck hatte, zwischen den Wortstrudeln schaue die Aussage hervor, das sei schon ganz richtig so.
Um ehrlich zu sein, mir ist schon etwas unbehaglich, wenn jemand so großen Wert auf die eigene Religiosität legt, dass es niemandem entgehen kann. Unabhängig davon, welche Religion es sei, wenn sie jemand schon in oder an der Kleidung herumzeigt, wird mir etwas ungemütlich.
Aber ich verstehe, was der Sinn unserer Werte- und Rechtsordnung ist. Die spiegeln die wertvollen Errungenschaften der Aufklärung und des Humanismus. Ich nehme Demokratie auch dann noch ernst, wenn ein Herr Steinmeier sagt, man könne die auch überbewerten. Und ich nehme Grundrechte ernst. Die sind hier nun mal keine Frage der Toleranz, kein Good-Will und kein Appeasement. Es sind einklagbare Rechte. Und das ist gut so.
Es geht nun mal nicht an, einer beliebigen Gruppe (sagen wir mal, anhand ihrer Hautfarbe, Herkunft oder Religion) vorzuschreiben, was sie (nicht) anziehen dürfen. Pflicht-Markierungen mit gelben Kreisen, Hüten und schließlich Sternen hatten wir hier mehr als lange genug, gut dass das vorbei ist. Da können wir das Negativ-Bild des selben Musters - Verbot von Kleidungsstücken - wirklich nicht brauchen.
Kay Krause am Permanenter Link
Lieber Mukeba Muamba! Ihr Artikel spricht mir aus der Seele, danke dafür!
Ein Haar in der Suppe habe ich allerdings gefunden (wer sucht, der findet!):
Hier hätte ich aufgrund des Inhaltes Ihres Artikels das Wort "WELTANSCHAUUNGSWECHSELS" gerne plaziert. Insofern - das gebe ich gerne zu - ist auch die im deutschen Grundgesetz gewählte Formulierung der "Religionsfreiheit" zu eng und mißverständlich gewählt (möglicherweise bewußt vom damaligen Gesetzgeber?). Richtig wäre z.B. "Religions- Weltanschauungs- und Geistesfreiheit" oder ähnlich. Zur Religionsfreiheit gehört m. E. auch dazu, dass man sich von jeglicher Art des lebensbestimmenden Geisterglaubens distanziert, und sich bemüht, sich bewußt der Lebensrealität zu stellen, ein sozial verträgliches Leben zu führen, sich selbst zu nutzen und niemandem zu schaden. Dadurch, dass es mir vom großzügigen Gesetzgeber gestattet ist, mir aus den weltweit propagierten hunderten von Göttern und Religionen einen / eine auszusuchen, werden wir ein friedliches Zusammenleben auf diesem Globus niemals erreichen. Religionen sind beratungsresistent, egoistisch und eifersüchtig. Religionen und die sie lehrenden Kirchen sind mit demokratischen Regeln nicht vereinbar. Trotzdem: danke für Ihren Artikel. Letztlich geht es ja nur um ein kleines Wort!
libertador am Permanenter Link
Ich denke die Möglichkeit der religiösen Symbole bei Amtsträgern ist eine Abwägung zwischen verschiedenen Gütern. Deswegen könnte dies für jede Gruppe von Staatsbediensteten jeweils andere Ergebnisse haben.
Im Falle von Richter_innen ist die Neutralität in der Tat sehr wichtig. Deswegen würde ich hier zustimmen, dass religiöse Symbole problematisch sind. Schwierig ist es aber in diesem Fall mit der persönlich Freiheit in Einklang zu bringen. Eine Möglichkeit könnte darin bestehen, das Haar zu bedecken, durch eine nicht traditionell islamische Kopfbedeckung. Ich bin selber unschlüssig, inwieweit das möglich ist. Dadurch könnte vielleicht die kritisierte Parteinahme verhindert werden.
Nebenbei zeigt das Aufkommen der gesellschaftlichen Diskussionen aber auch Fremdenfeindlichkeit, da die Kreuze zumindest weitestgehend akzeptiert wurden und nur von einer Minderheit stark kritisiert wurden, die religiöse Symbole des Gerichts allgemein ablehnt. Ich denke diese allgemeine Kritik sollte immer betont werden.
Kay Krause am Permanenter Link
Hallo Libertador! "Eine-e Sachbearbeiter-in im Finanzamt kann gerne ein Kopftuch tragen". ??? Also - wenn Sie mir freundlicherweise gestatten, Ihren Gedankengang fortzuführen - auch eine Burka?
Wenn Sie das eine religiöse Symbol an einer oder mehreren Stellen/Orten respektieren/akzeptieren, das andere aber nicht wo wollen Sie dann bitte die Grenzen setzen? Wer soll die Grenzen setzen? Wer soll sie überwachen? Welche Strafen gibt es für Übertretungen? Was geschieht mit unverbesserlichen Wiederholungstätern???
Asinello am Permanenter Link
Grundrechte sind Schutzrechte. Sie schützen Bürger vor staatlichem Zugriff.
Standesrechtliche Gepflogenheiten bei Richtern bzw. das dienstrechtliche Zwitterverhältnis im Beamtentum besagen übrigens nicht, dass diese Menschen sich ihrer Grundrechte begeben, nur weil sie den Rechtsstaat verkörpern. Gerade diesen Menschen ist der Staat besonders verpflichtet. Ich weiß, so mancher Richter dürfte bei solchen Worten milde und wissend lächeln. Dresscode am Arbeitplatz ist eben ein extrajuristisches Terrain, und Standesregeln weisen ein erstaunliches Beharrungsvermögen auf. Und doch bin ich zuversichtlich, dass Karlsruhe dort "hineinpfuschen" würde, wenn nur jemand stur genug wäre, auch diese Frage bis zu den roten Roben zu tragen. (So jemand hätte auch das Zeug, später selbst rot zu tragen.)
So eindeutig, wie der Autor es darstellt, ist die Angelegenheit auch schon deshalb nicht, weil - wie er auch anmerkt - in so manchen deutschen Gerichten Kreuzchen hängen. Dieser sichtbare Gottesbezug (in einigen Landesverfassungen enthalten) wird durch ein Kopftuch bestätigt. Das partout zu verweigern, könnte - im Rahmen der Rechtsgleichheit - letztlich nur um den Preis der Kreuze durchsetzbar sein. Es sind ja gerne mal beiläufige Kleinigkeiten, die bei großformatigen Grundsatz-Entscheidungen den Ausschlag geben.
Ob diese Frage jemals juristisch geklärt wird, ob dann des Autors oder mein (oder ein dritter) Standpunkt die Grundrichtung höchstrichterlicher Rechtsprechung dominiert, bleibt abzuwarten. Hier entschied ein VG, bis nach Karlsruhe ist es ein weiter Weg, für den Schulbereich wurde dort erst 2015 befunden. Ich merke mir das mal zum Abwarten vor.
Mukeba am Permanenter Link
Es geht nicht nur um Standesregeln, sondern um die Stellung von Richtern, aus der Verfassung heraus.
Das dürfte ziemlich unstreitig sein. Der Staat kann sich auf Grundrechte nicht berufen. Der Richter als Privatperson ist natürlich Grundrechtsfähig, übt er sein Richteramt aus, werden seine Grundrechte überlagert durch seine richterliche Stellung und Funktion. Eine Begrenzung von Verfassungswegen. Die Frage ist, wie weit man diese Grenzen aufweichen möchte.
M.M
Asinello am Permanenter Link
Pardon, natürlich habe ich nichts gegen eine nostalgische Amtstracht.
Indes, meiner bescheidenen Auffassung nach geht es hier nicht vordringlich um Standesfragen und auch nicht um die Verfassung. Danke für die neuerliche Erwähnung, damit wäre das größte Geschütz nun endlich auf allen Seiten mehrfach aufgefahren - eine Charta kommt zum Erschlagen des Aufmüpf wohl nicht in Frage - ohne dass jemand bisher das einschlägige Gesetz wider das widerwärtige Tuch zitert hätte. Das ginge auch nicht, denn dieses Thema steht irgendwo beiläufig und unspektakulär in einer Dienstanweisung, wie in anderen Verwaltungen auch. Im Prinzip wird da recht lapidar auf eine saubere, gepflegte, unaufdringliche Erscheinung abgestellt, das war's. Dafür braucht man keine Paragraphen aufzuzäumen (mal davon abgesehen, dass diese junge Dame diese Kunst gut genug beherrscht, um noch Prinzipien draufzusatteln).
Es geht um Betonung von Religiosität, die nicht mit Glockenklang und Kruzifix einherkommt, sondern die ihr zustehende Selbstverständlichkeit einfordert, wo sie verweigert wird. Ich habe mal gelernt, Religion sei Privatsache. Von einem Kopftuch geht weder eine Gefährdung der inneren Sicherheit aus noch gefährdet, bedrängt, bedroht, nötigt oder belästigt es jemanden.
Und um Dresscodes kümmern sich naturgemäß die lieben Kollegen jeglichen Standes. Die junge Frau wird ihr Recht bekommen, wo immer sie danach fragt. Nur sollte sie nicht allzu ehrgeizig sein, denn im Kreise des ehrbaren Richterstandes wird sie damit nicht weit kommen. Wenn es Neuerungen gibt, zahlen die ersten Mutigen einen hohen Preis. Das war vor hundert Jahren beim Korsett so, das war in den 70ern beim Beinkleid nicht anders. Gewöhnung braucht Vorreiter und Zeit. Anderswo wird gerade befunden, ein Kopftuch passe selbst zur Uniform kanadischer Mounties.
Das Ganze ließe sich also recht entspannt betrachten, wenn sich nicht zeitgleich schrille Stimmen als Vertreter unserer nicht-muslimischen Mehrheitsgesellschaft aufspielen würden und bemüßigt sähen, Muslimen vorzuschreiben, was die gefälligst (nicht) anziehen sollen.
Letzteres bringt mich in die Lage, sowohl eine eher distanzierte Haltung gegenüber Religionen, Tüchern und Schleiern zu pflegen als auch jegliche Diskriminierung abzulehnen. Zu Letzterer gehört auch Bevormundung in Kleidungsfragen, die uns - mit Verlaub - einfach nichts angehen.
Ämter, deren Zweck es ist, bekleidet zu werden, prunken mit Titeln, nicht mit dem Gewande. Und üblicherweise sind Ämter zum Ausüben da. Das ist eine Tätigkeit. Ob aber ausgerechnet die traditionell gehaltene gerichtliche Amtstracht vonnöten (unf geeignet) sei, die gebotene Ehrfurcht zu fördern und Feierlichkeit zu verstömen, wird seit über sechzig Jahren diskutiert. Nicht, dass es mir an Geduld ermangelt, nur würde ich einen Fortschritt auf diesem Gebiete gerne noch erleben. Ich sehe hier daher einen güstigen Anlass, das Thema auch mal wieder aus dieser Warte zu betrachten. Allzu standesgemäßes Beharren könnte womöglich die Wiedereinführung der Perücke bewirken.
Mukeba Muamba am Permanenter Link
"Beamte sind, wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch, Träger von Grundrechten.
Meine Argumentation folgt diesem Grundsatz. Es geht also nicht um, standesrechtliche Gepflogenheiten, sondern um die verfassungsrechtliche Stellung von Richtern und auch Beamten. Sicherlich wird man bei den verschiedenen Gruppen nocheinmal differenzieren können, jedoch wollte ich den Grundsatz in Erinnerung rufen. Gerade bei der Ausübung des Richteramtes erscheint mir hier eine enge Grenzziehung besonders nötig.
Axel am Permanenter Link
Anstelle der Webseite des Beamtenbundes würde ich empfehlen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum pauschalen Kopftuchverbot bei Lehrerinnen aus 2015(?) anzuschauen.
Entsprechend hat das BVerfG auch das pauschale Kopftuchverbot bei Lehrerinnen kassiert. Mit dessen Begründung, warum sich eine Beamtin hierbei auf ihre Grundrechte berufen kann, müssten Sie sich auch auseinander setzen.
Schließlich ist es mir noch eine Begründungslinie wenig verständlich: Wenn bei kopftuchtragenden Richterinnen "falsche" Urteile befürchtet werden, werden diese doch nicht "richtiger", wenn sie gezwungen wird ohne Kopftuch zu verhandeln. Es geht dann also doch darum, den Menschen draußen zu halten. Dann sollte man das auch so nennen: "Wir wollen keine Muslime mit diesen und jenen Ansichten als Richter." Deshalb ging es bei den Kopftuch-Urteilen des BVerfG auch nicht um die möglichen falschen Unterrichtsinhalte, die ein Mensch mit Kopftuch lehren *könnte* (diese Gefahr besteht ja beim jedem Lehrer), sondern um den Eindruck den ein Kopftuch bewirkt und die Signale, die es aussendet.
Und bei aller Diskussion um Integration, Gleichberechtigung der Geschlechter und vielleicht auch Skepsis gegenüber der Präsenz der Religionen hielte ich es für ein schönes Zeichen der Integration und Gleichberechtigung, wenn eine Muslima in Deutschland ein Studium absolviert und einen, noch dazu verantwortungsvollen, Beruf ergreifen kann. Dies dürfte muslimischen Mädchen viel mehr ein Vorbild sein, als das Signal: Wer Kopftuch trägt, gehört bei uns in Deutschland nicht dazu.
Mukeba Muamba am Permanenter Link
Es ist angemessen die Website des Beamtenbundes zu verlinken, weil hier auch juristische Laien mitlesen und die Information verständlich und sachlich nicht falsch ist.
M.M
Jana Richter am Permanenter Link
Wenn wir also über Signale sprechen:
Das einzige Signal, das von einem Kopftuch in einem Gerichtssaal ausgeht, ist:
Bzw. auf die von Ihnen in so irrtümlicher Weise angeführten, vorbildsuchenden muslimischen Mädchen:
"Egal wo du hingehst, überall bist du dem erniedrigenden Diktat der Unkenntlichmachung deiner Persönlichkeit unterworfen, sogar der deutsche Staat macht artig den Buckel angesichts des gebieterischen Auftretens der frech die Religionsfreiheit missbrauchenden Frauenhasser."
Das Kopftuch ist die Uniform der Geschlechterapartheit und somit ein verfassungsfeindliches Symbol.
Es spaltet die Gesellschaft. Es sagt: "Du bist eine Schlampe, du bist weniger wert, du bist selbst schuld, wenn man dir nicht mit Respekt begegnet." Solches Gedankengut sickert in die Köpfe. Steter Tropfen höhlt den Stein.
Bitte ersparen Sie mir hier einen Vortrag zum Thema Selbstbewusstsein. Das ist hier überhaupt nicht der Punkt.
Das Kopftuch ist DAS Symbol für die qualvolle, erniedrigte Existent von Abermillionen von Frauen über Jahrhunderte hinweg, Ausdruck der Degradierung von Frauen zum Eigentum und Anhängsel von Männern, der Definition ihrer Persönlichkeit über ihre(n) "Eigentümer", Ausdruck einer unerträglichen Gesellschaftsordnung, die hier erneut angestrebt wird. Ein Vergleich mit dem Judenstern hinkt in keiner Weise. Denn wer ihn zieht, relativiert nicht die Judenvernichtung. Im Gegenteil: Wer ihn sich verbittet, relativiert die Frauenvernichtung!
In beiden Fällen heißt es vollkommen zu Recht: Wehret den Anfängen!
Und zwar nicht, indem man auf Nebenstrecken irgendeinen Kurs herbeischlingert, sondern indem das Kind beim Namen genannt wird!
Es würde auch niemandem erlaubt, in einer schicken, sauberen, frisch aufgebügelten SS-Uniform im Gerichtssaal zu erscheinen. Kein Richter dürfte sich auf seine Grundrechte berufen, wenn er im Amt ein Stirnband mit der Aufschrift "Kinderficken ist geil!" trüge (Meinungsfreiheit, na?). Aber das Äußern einer frauenverachtenden Auffassung geht in Deutschland irgendwie immer. Man ist eben nicht nur auf dem rechten Auge blind.
Stellen Sie sich mal vor, eine Religion würde festlegen, dass alle dunkelhäutigen Mitglieder sich in der Öffentlichkeit das Gesicht weiß anmalen müssen. Wäre das nicht ein toller Akt der Befreiung für alle Farbigen, die nun gar nicht mehr über ihre Hautfarbe definiert werden?
Unsere Grundrechte werden vom Staat immerfort eingeschränkt. Alle möglichen Gründe gelten dabei als plausibel. Jeder, der am 1. Mai schon mal einen roten Wimpel in die Hand genommen hat, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Das ist alles ganz, ganz bedrohlich!
Aber wenn die Ideologie bloß frauenverachtend ist - meine Güte, immer gleich diese Paranoia, diese Hysterie...
P.S.
Zu den Frauenhassern dürfen Sie getrost all die eifrigen, naiven bzw. vorauseilend gehorsamen Damen rechnen, die in solchen Verfahren als Hauptdarstellerin dienen.
Wer sein Leben lang zum Selbsthass, zur Selbstverachtung erzogen wurde, der hat es eben gelernt.
Hinzu kommt, dass die meisten Damen, die sich da mit so romantisch verklärtem Blick für ihren eigenen Untergang ins Zeug werfen, die realen Lebensumstände in der von ihnen angestrebten Gesellschaftsordnung noch nie wirklich erlebt haben. I
n Deutschland könnten sie ja jederzeit einen Rückzieher machen.
Noch.
Asinello am Permanenter Link
Jana Richter:
> Das Kopftuch ist die Uniform der Geschlechterapartheit
Das Posting erscheint mir als Patriarchats-Kritik am Beispiel Islam. Die Kritik ist berechtigt, ein forschender Blick auf partiarchalische Strukturen, Mechanismen und Auswirkungen kann wütend machen.
Nun ist der Islam nicht die einzige Religion, die Frauen eine untergeordnete Position zuschreibt. Wer noch wütender werden möchte, schaue sich mal die Rolle der Frau in der indischen Kombination aus Patriarchat, Kastenwesen und Hinduismus an.
Wur ist ein schlechter Ratgeber. Sie verstellt den Blick auf die Situation, sie verleitet zu überzogenen Reaktionen, sie verbaut den Weg zu Lösungen.
Beispielsweise ist Aqilah Sandhu (die junge Juristin, um die es hier geht), offenbar älter als 13 (genauer gesagt 25), was ihr das Recht gibt, über ihre Religion selbst zu bestimmen.
Natürlich kann man darüber diskutieren, ob die Pubertät das richtige Alter für solch eine Entscheidung ist. Zumindest ist es das Alter, in dem Fragen entstehen und bedeutsam werden, auf die der Religionsunterricht üblicherweise seit acht Jahren Antworten anbietet. Der ist das einzige Schulfach, das von unserer Verfassung garantiert wird.
Man kann fragen, ob die Sozialisation in einem frommen (bzw. als Mädchen in einem patriarchalischen) Umfeld überhaupt eine freie Entscheidung ermöglicht. Die Frage nach dem Umfeld erfordert den Blick auf den Einzelfall. Der Lakmustest wäre hier die Frage: Hat die Tochter eines pakistanischen Vaters und einer deutschen Mutter, die in Bayern aufgewachsen ist, eine realistische Chance, sich auch gegen eine Religion zu entscheiden?
Wenn man das alles (und noch viel mehr) diskutiert, gehört zum Blick auf die Situation auch die Erkenntnis, welches Gewicht unsere Meinungen im Vergleich mit der geltenden Rechtslage - und der persönlichen Entscheidung der betreffenden Person - haben.
Frau Sandhu ist 25, volljährig, studierte Juristin. Es ist ihr Recht, über die Wahl ihrer Religion frei zu entscheiden, und es ist anzunehmen, dass sie die Rechstlage zu diesem Thema genauer kennt als die meisten von uns. Sie hat sich für den Islam entschieden. Das steht ihr zu. Sie trägt ihr Kopftuch aus Glaubensgründen. Das ist zu akzeptieren. Es gibt kein Gesetz, das ihr das verbieten würde. Punkt.
Nun trägt Frau Sandhu das Kopftuch offenbar nicht nur freiwillig, sondern willentlich. Das Posting geht auf diesen Umstand in besonderer Weise ein:
> P.S.
> Zu den Frauenhassern dürfen Sie getrost all die eifrigen,
> naiven bzw. vorauseilend gehorsamen Damen rechnen, die in
> solchen Verfahren als Hauptdarstellerin dienen. Wer sein
> Leben lang zum Selbsthass, zur Selbstverachtung erzogen
> wurde, der hat es eben gelernt. [...]
Die Darstellung im post scriptum spricht Frau Sandhu nicht nur pauschal die Befähigung ab, über die Wahl ihrer Religion frei zu entscheiden, sondern erklärt die Dame überdies zur (unfreiwilligen) Feindin ihrer selbst.
Die Protagonistin wird mit diesem rhetorischen Winkelzug mal eben entmündigt. So ein Kniff ist ja ganz nett, um den eigenen Standpunkt gegen Kritik zu immunisieren. Leider entwertet die Wahl dieses Kunstgriffs die gesamte Argumentation. Ich greife ihn aus zwei Gründen dennoch auf.
1. Diese unfaire Darstellung verfehlt ihr Ziel.
Selbst wenn die Betroffene nicht imstande wäre, die Tragweite der Angelegenheit zu ermessen: Es ist ihr Recht, sich für eine (oder keine) Religion zu entscheiden. Es ist ihr Recht, als Muslima ein Kopftuch zu tragen. Dieses Recht steht ihr seit ihrem 14. Lebensjahr zu.
2 Wut ist ein schlechter Ratgeber.
Hier wird in heiligem Zorn das Kind mit dem Bade ausgeschüttet und rhetorisch auf die losgegangen, die doch als das Opfer der Missstände identifiziert wird. Die Protagonistin wird grundlos dem Kreis der "Frauenhasser" - also den Tätern - zugerechnet.
Das nennt man Victim Shaming. Auch noch auf Opfer eintreten, das geht gar nicht.
Wo Opfer tatsächlich zu Tätern werden (zB indem sie an ihre Kinder weitergeben, was ihnen angetan wurde, zB indem sie anderen missgönnen, was ihnen selbst versagt blieb), ist Wut gegen (auch diese) Täter unangebracht. Auch Wut gegen "das System" ist nicht hilfreich, denn sie wirft Täter und Opfer in einen Topf ohne Entrinnen.
Was Opfer selbst dann dringend brauchen, wenn sie selbst zu Tätern werden, ist Solidarität in Form von Verständnis und Mitgefühl. Ohne dies, (oder noch schlimmer, wenn ihnen Zorn entgegengebracht wird) ist es kaum möglich, mit den Gefühlen von Ohnmacht und Scham fertig zu werden und es selbst besser zu machen.
Wut ist ein schlechter Ratgeber.
_____
P.S.
Ein Vergleich von Partiarchat und Judenvernichtung hinkt. Das eine ist eine Gesellschaftordnung, das andere ist Völkermord. Das eine zielt auf Unterjochung, das andere auf Vernichtung.
Kleiner Tip:
Sofern das Thema keinen direkten Bezug zum Dritten Reich hat, sind Nazi-Vergleiche bzw. -Bezüge in der deutschen Diskussionskultur ein Tabu. Wer so etwas trotzem einbringt, bringt meist sämtliche Anwesenden gegen sich auf. Deren Auffassung ist dann meist, man habe sich soeben selbst disqualifiziert, jeder weitere Versuch einer sachlichen Diskussion sei zwecklos.
Jana Richter am Permanenter Link
Sie unterstellen mir Wut und heiligen Zorn und sonst noch was und sprechen mir damit eine nüchterne Betrachtung der Sachlage ab (Frauen können üblicherweise beides gleichzeitig).
Ach ja, und natürlich steht der Täterschutz bei Ihnen ganz weit oben. Das kommt mir bekannt vor.
Das ist Argumentation vom linken Rand!
Man kann sich nicht immer nur die Rosinchen in Gestalt der Lieblingsparagraphen aus dem Lieblingsgesetzbuch rauspicken, daran sein Gutmenschenprofil schärfen, sich darauf zurückziehen, daran festbeißen und sich damit aus allem Unangenehmen raushalten.
Fahren Sie über die durchgezogene weiße Linie, wenn Sie ein Blaulicht überholen will? Tun Sie das auf keinen Fall, denn im Gesetz steht ganz klar, dass Sie das nicht dürfen!
Ihre Welt scheint einzig und allein aus der Religionsfreiheit zu bestehen, der sich alles andere unterzuordnen hat.
Die Religionsfreiheit ist aber nur e i n Grundrecht, und sie ist auch nur ein Schutzbrief gegen das Regieren des Staates in die Köpfe hinein. Der Staat soll mich nicht zwingen können, etwas Bestimmtes zu glauben. Der Staat soll mir nicht vorschrieben können, mit wem ich mich wo zu treffen habe, um was zu summen und zu brummen.
Die Religionsfreiheit ist aber k e i n Freibrief, unter ihrem Deckmäntelchen den Staat und die freiheitliche Grundordnung zu demontieren.
Sie verschließen offensichtlich ganz festen Willens die Augen davor, dass der politische Islam mit dem ihm eigenen Schlachtruf "Mit euren eigenen Gesetzen werden wir euch zerstören!" unsere Gesellschaftsordnung durch die bekannte ihm genehme ersetzen will und systematisch daraufhin arbeitet. Selbst seit langem hier lebende muslimische Türken geben bereits jetzt mehrheitlich offen zu, dass ihnen das Grundgesetz angesichts ihrer religiösen Gesetzgebung herzlich egal ist. (auch hier im hpd veröffentlicht)
Es ist an der Zeit, unsere Gesetze und deren Auslegung der Realität anzupassen, so wie in anderen Zusammenhängen auch. Wenn wir dies nicht zügig tun, werden wir hier sehr schnell gar keine Gesetze mehr erlassen, und Ihre heilige Religionsfreiheit können Sie sich dann auch in die Haare schmieren. Ein Blick in bereits konservativ-islamisch dominierte Länder gestattet eine kleine Vorausschau.
Das Bundesverfassungsgericht möge gern nochmal in seine eigenen Akten schauen, mit welcher Begründung vor 60 Jahren die KPD verboten wurde.
Mit welcher Begründung wollte es eine sowohl qualitativ als auch quantitativ wesentlich massivere Bedrohung unserer Gesellschaftsordnung durchwinken, nur weil sie (noch) nicht als Partei auftritt, sondern sich hinter unserem Grundrecht auf Religionsfreiheit verschanzt und sich - solange sich deutsche Gerichte davon blenden lassen - auf diesem Wege immunisiert?
Das Kopftuch ist die Uniform der Geschlechterapartheid.
Wenn eine 25jährige Juristin aus Bayern "freiwillig" (bitte die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung beachten) entscheidet, sich in diese Uniform zu kleiden, dann entscheidet sie sich, Apartheid zu betreiben.
Juristen sind auch nur Menschen und nicht vor Wahn- und Irrsinn geschützt. Nicht selten leben sie in einer ziemlich abgeschlossenen Welt mit sehr eingeschränktem Überblick über die Lebensrealität "normaler" Menschen. Es gibt keinen Grund, ihnen kritiklos nachzuplappern.
Nicht e i n Kopftuch, aber d a s Kopftuch ist für mich als Frau genauso wenig nur ein Stück Stoff, wie ein Maschinengewehr, in dessen Lauf ich schaue, nur ein Stück Stahl ist.
P.S. Der Vergleich von Frauenvernichtung (die Sie hier so vornehm unter dem Begriff "Patriarchat" verschwinden lassen wollen) und Judenvernichtung hinkt insofern, als dass in der Menschheitsgeschichte sicher wesentlich mehr Frauen an den Folgen von Männergewalt gestorben sind als Juden an den Folgen antisemitischer Gewalt. Nur weil sie eben auch in den Geschichtsbüchern keine Würdigung erfahren und nicht so gut durchgezählt wurden wie die jüdischen Opfer vernichtender Gewaltorgien und die Vernichtung nicht räumlich konzentriert stattfanden und -finden, ist uns das nicht bewusst. Hinzu kommen Schnittmengen, da ja auch das orthodoxe Judentum ein fürchterliches Problem mit Frauen hat und dadurch umgekehrt. Merken Sie sich: Auch wenn es hinter Wohnungstüren geschieht - es geschieht permanent!
Kleiner Tip:
Wer anderen in einer Diskussion Tabus, also Denk- und Sprechverbote auferlegen will, bringt meist sämtliche Anwesenden gegen sich auf. Deren Auffassung ist dann meist, man habe sich soeben selbst disqualifiziert, jeder weitere Versuch einer sachlichen Diskussion sei zwecklos.
Asinello am Permanenter Link
@ Jana Richter
Wird, wenn eine Referendarin (oder Richterin) aus religiösen Gründen ihr Haupthaar bedeckt, tatsächlich die "freiheitliche Grundordnung demontiert"? Wird damit diese Grundordnung mit ihren "eigenen Gesetzen zerstört"?
Grundrechte gelten nun einmal für alle.
Das unterscheidet unsere freiheitliche Grundordnung von der Sharia (die nicht Menschenrechte, sondern Wort und Vorbild des Propheten als oberstes Gesetz betrachtet und folglich für Moslems, Buchgläubige und Ungläubige unterschiedlichen Schutz vorsieht).
Der Vorschlag, "unsere Gesetze und deren Auslegung der Realität anzupassen" fordert nichts geringeres, als die Gewährung von Grundrechten von der Weltanschauung abhängig zu machen. Das hieße, den Standard unserer Gesetzgebung an den der Sharia anzugleichen - mithin genau das, was (wenn ich richtig verstanden habe) Ziel des politischen Islam ist.
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Sie bezeichnen das Kopftuch als "Uniform der Geschlechter-Apartheit". An dieser Polemik ist viel Wahres, sobald Mädchen/Frauen nicht wählen können.
Aber: Sich nicht kleiden dürfen, wie man möchte, Gebetshäuser nicht bauen zu dürfen - was wäre das denn anderes als religiöse Apartheit, als wiederum Unterdrückung einer Bevölkerungsgruppe zur Stärkung einer anderen?
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Ihre Kritik in allen Ehren, aber Verbote lösen das Problem nicht. Sie verschlimmern es nur.
Mukeba Muamba am Permanenter Link
Sehr geehrter Asinello, Sie haben ganz Recht, Grundrechte gelten für alle. Jedoch gelten sie nie schrankenlos und sind nicht abwägungsfest. Außer Art. I.
Asinello am Permanenter Link
Sehr geehrter Mukeba Muamba, hier sind wir uns einig: Gerichte stehen "über dem einfachen Bürger" und dienen dem Recht.
Das damit vermittelte Bild ist historisch gewachsen, hat seine Wurzeln in Zeiten von Zwei-Schwerter-Lehre und Gottgnadentum und betont den hohen eigenen Stellenwert (neben der Geistlichkeit):
Auch die weltliche Macht zelebriert ihre Hoheitsakte in einem Hochamt.
Die damit beabsichtigte Strahlkraft einer würdevollen Zeremonie hat das BVerfG 1970 für die feierliche Amtsracht der Robe bestätigt. Wer das Amt bekleiden will, kann sich Dresscode und Ritual nicht entziehen (wobei dies im Referendariat gerne auch mal auf "Betätigung mit Außenwirkung" wie zB Vorsitz etc beschränkt wird). Zur symbolisch dargestellten Bedeutung gehört ja schließlich, dass da nicht etwa private Bürger sondern Amtsträger als Diener einer höheren Ordnung die hohe Kunst der Rechtsfindung ausüben.
Die wesentliche Frage bei dieser weltlichen Symbolik scheint mir zu sein, ob die - geforderte und versinnbildlichte - Neutralität durch die Anwesenheit religiöser Symbolik beeinträchtigt wird, deren Wertvorstellungen im Einzelfall denen des Gesetzes entgegenstehen könnten.
Soweit ich mitbekam, lautet die entscheidende Rechtsauffassung, gerichtliche Neutralität werde durch die Anwesenheit eines christlichen Kreuzsymbols nicht in Frage gestellt. Dem entspräche auch die Praxis, die eine Kommilitonin von Frau Sandhu laut Pressebericht so beschrieb: "Ich trage immer eine Kreuzkette, auch während der Arbeit. Das Kreuz war immer sichtbar und nie hat jemand was gesagt."[*]
Wenn selbst ein am Körper getragenes Symbol christlichen Glaubens (als religiöses Bekenntnis, zusätzlich zur Amtstracht) nicht das "Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung beeinträchtigen"[*] kann, warum sollte dann das Bekenntnis zu einer anderen Religion mit einem anderen Symbol eine andere Wirkung haben?
Mir scheint es eher so, dass eine Haltung, die in der Duldung religiös-symbolischer Accessoirs zwischen der Mehrheits- und einer Minderheits-Religion unterschiede, das Vertrauen in die gerichtliche Neutralität weit stärker erschüttern könnte.
[*] http://www.sueddeutsche.de/bayern/kopftuch-verbot-jura-studentin-besiegt-den-freistaat-1.3056761#
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Überdies vermute ich, dass die Bedeutung religiöser Symbole stark überbewertet wird.
Schon des Kopftuchs vermeintliche Bedeutung einer konservativ-moralischen Werte-Orientierung erweist sich als eine Trüger-Ische: Wieviel davon ist (welche) Überzeugung, wieviel ist Appeasement, wieviel ist Trotzböckchen? Zudem kennzeichnen Verkündigung und Tradition, Bekenntnis und Umsetzung, ja selbst Schrift und Predigt in jeder Religion Bereiche von Theorie und Praxis, die individuell und situativ in sehr verschiedenem Maße - und auf sehr verschiedene Arten - übereinstimmen.
Im Alltag spielt Religion m.E. eine winzige Rolle, verglichen mit Tradition und Konvention. Gewiss, der gesellschaftliche Konsens darüber, was "anständig" sei, ist in Anatolien oder dem syrischen Hinterland ein anderer als in Nordrhein-Westfalen. Daran gemessen entsteht hier soziale Reibung an erstaunlich wenigen Fragen.
Ich meine, wer ein Kreuz oder Kopftuch trägt, outet sich als "konservativ", aber meistens war's das auch schon.
valtental am Permanenter Link
Allzu lange wird man da nicht warten müssen, den in Kürze wird der EGMR über die Zulässigkeit eines Kopftuchverbotes am Arbeitsplatz (sofern das Verbot sich auf alle religiösen Symbole bezieht) entscheiden.
Michael Paschko am Permanenter Link
Mir fällt dazu dazu ein, das zur Ausübung juristischer Tätigkeiten im Gerichtssaal das Verkleiden standardmäßig dazu gehört. Kein Anwalt oder Richter, keine Anwaltin oder Richterin kann sich dem entziehen.
Aus dieser Überlegung folgt, dass es für eine muslimische Richterin oder Anwältin, die es gewohnt ist, normalerweise ein Kopftuch zu tragen, eigentlich völlig selbstverständlich sein sollte das Kopftuch ab und den schwarzen Kittel anzulegen, wenn sie den Gerichtssaal betritt. Denn zur Verkleidung vor Gericht gehört sowohl das Abnehmen jeglicher Kopfbedeckung als auch das Verhüllen des Rumpfes mittels eines schwarzen Kittels.
Ganz offensichtlich kann kein Jurist sich im Gerichtsaal auf irgendwelche Grundrechte hinsichtlich seiner Bekleidung berufen. Deshalb sollte das Kopftuch gerade im Gerichtssaal eigentlich gar kein Thema sein. Jeder Richter muss auf sein Lieblingsbaseballkäppie verzichten oder die Kippa abnehmen. Jede Richterin den Hut oder das Kopftuch. Und dafür müssen sich alle diese komischen scharzen Kittel umhängen, in denen sie an jedem anderen Ort völlig bescheuert wirken würden.
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Auch wenn es nicht 100% hierher passt:
Ihre Antwort: "Nein! Nur die Männer, die ihn auslegen, sind frauenfeindlich!"
Jetzt kapiere ich, wie das Frauen meinen, wenn sie behaupten, der Islam sei nicht frauenfeindlich! Alles eine Frage des Standpunktes. Der Nationalsozialismus war dann wohl auch nicht judenfeindlich. Vielleicht nicht mal die Führungselite. Vermutlich waren es nur die Männer, die Zyklon-B in den Schacht über den Duschen warfen...
Hitler hatte in einem Recht: Religionen gründen tiefer...
Asinello am Permanenter Link
Das bislang stärkste Argument wider das Kopftuch scheint im Neutralitätsgebot zu liegen, dessen Verkörperung zum Verzicht auf Symbole verpflichte.
Mir will es scheinen, als sei Neutralität zunächst eine Frage der inneren Haltung und spätestens äußeren Handelns. Die notwendige Pflicht scheint mir die Anwendung juristischen Regelwerks zu sein, was den Verzicht auf Einflussnahme sachfremder Aspekte (wie Sympathien oder Beachtung gesellschaftlichen Ranges von Prozessparteien) bedingt. Symbolik ist meiner Meinung nach hierzu eigentlich nicht vonnöten.
Ob es zur Wahrheitsfindung und Rechtsprechung feierlicher Rituale (inclusive inclusive Aufstand und Wiedersetzen), seit 1811 zudem liturgisch anmutender Talare (allerdings ohne Beffchen) sowie des in manchen Gegenden obligatorischen Wandschmuckes eines stilisierten antiken Marterpfahls (zuweilen mit einem liebevoll geschnitzten Abbild eines zu Tode Gefolterten) wirklich dringend bedarf (als könnten heilsnotwendige Symbole und Kniebeugen auf magische Weise bewirken, was sie versinnbildlichen), halte ich für erwägenswert.
Genaugenommen betrachte ich die Lösung der Frage, ob es notwendig und/oder sachdienlich sei, bei Gericht den optischen Eindruck einer protestantischen Totenmesse zu pflegen, als Voraussetzung dafür, die aktuelle Frage konsistent beantworten zu können.
Derzeit jedenfalls sind Gerichte auch Orte, an denen Amtsausübung ohne Verwendung symbolischen Tuchwerks nicht denkbar ist. Von daher sollte man meinen, ein weiteres Stück symbolischen Kleidungs-Stoffes (auf Frauenhaupt zu tragen) könne kaum einen passenderen Ort finden. Indes, es verweist keck auf den höchsten Richter - und degradiert somit den anwesenden zur Zweitrangigkeit.
So sehr ich den schönen Sport des Paragraphen-Polo hier auch genieße, so wenig verlässt mich der Eindruck, es ginge im Kern des Disputes gar nicht um Grundrechte oder Standesrecht oder gar Neutralität, sondern ebenso schlicht wie profan darum, wer Chef ist.
Jana Richter am Permanenter Link
Sehr richtig.
Wenn sie dann noch aufhören, das Kopftuch als "Stück Stoff" zu betrachten, sondern als das, was es ist, nämlich ein politisches Symbol, geht die Rechnung auf.
Wer käme schon auf die Idee zu sagen: "Hakenkreuz? Das sind doch nur sechs Striche in gewisser Anordnung. Zugegeben, ein modisches Accessoire von zweifelhaftem Geschmack, aber über Geschmack kann man eben streiten. Und wenn die Weltanschauung des Trägers das eben vorgibt, kann man ihn nicht einfach in seinen Grundrechten beschneiden. Da muss sich die potentielle Opfergruppe eben mal ein bisschen locker machen. Immer diese Hysterie!"
Asinello am Permanenter Link
Jana Richter:
> Wenn sie dann noch aufhören, das Kopftuch als "Stück Stoff"
> zu betrachten, sondern als das, was es ist, nämlich ein
Ich bin gerne gewillt, das Kopftuch als das zu betrachten, was es ist. Nämlich als ein Stück Stoff, das bei unfreundlichem Wetter, aber auch bei frischer Dauerwelle, sehr praktisch ist.
Darüber hinaus hat seine Verwendung häufig auch symbolischen Charakter, und dann ist es mit der Eindeutigkeit schnell vorbei. Von den möglichen Bedeutungen fällt mir auf Anhieb ein:
"Ich grenze mich ab"
"Ich hab gerade meine radikalethische Phase"
"Ich suche meine Identität in der Religion"
"Bagger mich einfach nicht an, okay?"
"Wenn ich das nicht trage, bekomme ich daheim Ärger"
"Ich lebe nach Gottes Geboten"
"Es gibt nur eine Wahrheit - Frag mich"
"Allah ist Chef, und ich bin sein auserwähltes Werkzeug"
Man sieht dem Tuch nicht an, was es für die Trägerin symbolisieren soll.
Die meisten - und häufigsten - Bedeutungen sind reine Ich-Botschaften ohne (macht)politische islamistische Ambitionen. Überwiegend ist es der Hinweis auf konservative, konventionelle Sicht- und Lebensweise (was auch beinhaltet, dass an Sex um der Lust willen kein Interesse besteht).
Von vielen Gläubigen - gleich welcher Religion - ist nur ein sehr kleiner Teil missionarisch aktiv, ein noch kleinerer Teil will die Welt "nach Gottes Gebot" gestalten.
Das Kopftuch ausschließlich als politisches Symbol zu betrachten, weist ihm die Bedeutung zu, die am seltensten vorkommt. Das unterschlägt die gesellschaftlichen und religiösen Komponenten und erklärt jede kopftuchtragende Muslima kurzerhand zur Umstürzlerin.
Eigentlich fehlt einer solchen Argumentation nur noch ein besorgter Hinweis auf Gotteskrieger. Offenbar tut's ein Nazi-Vergleich auch, verbunden mit der Nahelegung, bei Muslims sei ein Kopftuchverbot auch dann okay, wenn damit die Bekenntnisfreiheit eingeschränkt würde.
Auf dieser Basis ist zwar ein wunderschön polemischer Austausch rabulistischer Kampfrhetorik möglich. Einer sachlichen Diskussion, die dem Anspruch staatlicher Neutralität ebenso gerecht wird wie dem individuellen Recht auf Glaubensbekenntnis, ist so etwas nicht dienlich. So etwas mag ich hier nicht als letzes, unwidersprochenes Wort stehen lassen.
li am Permanenter Link
Asinello und Zitat:
(Ende des Asinello Zitats)
O.K. Stellen wir Asinellos Sachlichkeitsanspruch auf die Probe:
Asinello will KEINER (beliebigen ) Gruppe "vorschreiben, was sie (nicht) anziehen dürfen.
Nun, ich kann Asinello erst ernst nehmen, wenn er/sie diese Freiheit ausdrücklich auch allen rechten und rechtsradikalen Gruppieungen (einschließlich eventuell "verbotener" Acessoirs ) zugestehen will.
Ich kann "selektive Aufklärung" nicht leiden. Sowas ist für die humanistische Sache kontraproduktiv und fällt bei mir unter Propagandaverdacht.
Asinello am Permanenter Link
li
> "Asinello will KEINER (beliebigen ) Gruppe "vorschreiben, was sie (nicht) anziehen dürfen."
Gefragt wird, ob dies auch für politische (speziell rechte bzw. rechtsradikale) Gruppierungen (einschließlich eventuell 'verbotener' Acessoirs)" gelte.
Die Frage ist OT, ein Stöckchen - aber IMO legitim und sinnvoll.
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Meiner Meinung nach wird radikales Denken nicht durch Verbote und Kleiderordnungen gezähmt. Zwar wird einigen Betätigungen die Legitimität entzogen, teilweise auch öffentliche Sichtbarkeit verringert, aber oft genug finden die Protagonisten schnell Wege, Verbote zu unterlaufen.
Allerdings kann ich nachvollziehen, wenn ein Staat zum Selbstschutz just solche Organisationen (nebst all ihrer Zeichen) untersagt, die (verkürzt gesagt) andere Werte als die staatstragenden vertreten, eine andere Ordnung als die vorhandene anstreben, sich verfassungswidrig verhalten, und alldies in einem Maße, das geeignet ist, die innere Sicherheit des Staates zu gefährden. Toleranz hat legitime Grenzen, wo es an die eigene Substanz geht.
Da es dann aber um die Einschränkung eines Grundrechts (Meinungsfreiheit) geht, gibt es in solchen Fällen ein aufwändiges Verfahren, bei dem sogar das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
Mag ich auch meinen, der ganze Aufwand bewirke nicht das Wesentliche, ist doch immerhin dem Rechtsstaat genüge getan (Papa Staat hält sich an seine eigenen Regeln) und ein Grundrecht wird nicht en passant außer Kraft gesetzt.
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Hier (bei der Kopftuchfrage) geht es nicht um eine politische Organisation, sondern um ein religiöses Symbol.
Mag man auch einwenden, der Islam sei patriarchalisch, verstieße mit der Tradition der Verhüllung von Frauen gegen die Gleichberechtigung und habe schließlich auch eine politische Dimension (immerhin beansprucht er, ein Staatswesen hinreichend reglementieren zu können), geht es hier dennoch wieder um ein Grundrecht (Bekenntnisfreiheit).
Ginge es um den optischen (mithin symbolischen) Eindruck staatlicher Neutralität und/oder verwirklichter Gleichberechtigung, der sich auch religiös begründete Tradition zu fügen habe, läge die Messlatte noch höher, da die Notwendigkeit des staatlichen Selbstschutzes fehlt.
Zudem müsste, wer Muslimas vom Kopftuch "befreien" möchte, den naheliegenden Verdacht entkräften, mit Islam-Bashing einer allgemein latenten Fremdenfeindlichkeit Vorschub leisten (und Wählerstimmen gewinnen) zu wollen.
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Ob nun bei politischen Organisationen oder religiösen Symbolen, in beiden Fällen geht es hier um Grundrechte - und darum, was eine Gruppe (nicht) anziehen darf.
Bei der Frage, ob das Tragen eines Kopftuchs (oder Schleiers, grundsätzlich oder in besonderen Fällen) zu untersagen sei, halte ich es daher für angemessen, denselben intensiven Aufwand wie bei Verboten politischer Organisationen und/oder ihrer Zeichen zu erwarten.
Damit wären wir beim tieferen Sinn der Eingangsfrage - gleiches Recht für alle.